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Kunsthistorische Sammlungen des Allerhöchsten Kaiserhauses <Wien> [Hrsg.]
Jahrbuch der Kunsthistorischen Sammlungen des Allerhöchsten Kaiserhauses (ab 1919 Jahrbuch der Kunsthistorischen Sammlungen in Wien) — 31.1913-1914

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I. Teil: Abhandlungen
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Kuhn, Alfred: Die Illustration des Rosenromans
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https://doi.org/10.11588/diglit.6178#0012
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Alfred Kuhn.

Kolumnen von je 40 Zeilen, deren Durchschnittslänge 7 cm beträgt. Der in Lagen zu 4 Blatt geheftete
Pergamentcodex enthält außer dem Rosenroman, der 147 Folien umfaßt, noch das Testament des Jehan
de Meung (Folio 148—175 v°) mit einer Miniatur auf Folio 148, die heilige Dreifaltigkeit vorstellend,
darunter in der Initiale einen knienden Ritter (Fig. 1). — Zu Katalogzwecken: auf Folio 2 erste Zeile:
«Mon vis refraichi et lave.-»

64 Miniaturen in lichten Deckfarben in einer Größe von durchschnittlich 7 :7 cm sind über die
Handschrift verstreut; der Teil des Guillaume de Lorris enthält ihrer 45. Auf Folio 10 v °, 15 v °, 20 v "

und 25 v° sind je zwei, sonst zumeist auf jeder
Seite eine. Von Folio 36 an werden die Illu-
strationen seltener; der Teil des Jean de
Meung weist nur 19 Miniaturen auf. Intervalle:
Folio 48—60—71 und Folio 91 — i3i. Zu-
meist fallen die über den Bildchen mit
Zinnobertinte angebrachten Uberschriften mit
Kapitelköpfen zusammen. Unter der Miniatur
beginnt der Abschnitt oft mit einer großen
Initiale.1 Diese hat einen gedeckten Gold-
grund. Ihre Schenkel sind entweder hellblau
oder rosaviolett mit weißer Ornamentierung.
Korrespondierend sind dann etwaige Zwickel
oder andere eingefügte Teile rosaviolett oder
hellblau mit weißer Ornamentierung gehalten.
Auch Zinnober ist in geringem Maße an den
eingezeichneten Blättern verwandt.

In Verbindung mit der Initiale steht die
Ranke; es ist die sogenannte französische
Dornblattranke.2 Sie läuft häufig in einen ge-
flügelten roten Drachen aus, der sich bemüht,
eine Kugel zu erschnappen. Der Hauptstamm
ist golden; ihm gesellt sich ein entweder
blauer oder rosavioletter Nebenläufer bei, der
herzförmige oder auch dreifach gelappte
Blätter treibt. Gold, Dunkelrotviolett und
Blau sind die Hauptfarben. Diebeiden Schrift-
kolumnen werden zumeist von der Ranke ge-
Fig. 1. Wien, k. k. Hofbibliothek, Cod. 2592, fol. 148. teilt; sie kommt 58 mal vor. Neben der ge-

nannten Initialenart bemerkt man noch eine
kleine Goldinitiale mit feiner, blauschwarzer Verschnörkelung und eine kleine blaue mit feiner roter
Verschnörkelung; beide sind sehr häufig.

Die Schrift ist die französische Minuskel der zweiten Hälfte des XIV. Jahrhunderts. Sie zeigt schon
eine bemerkenswerte Schlankheit der Buchstaben und oft die Neigung, diese aneinander zu drängen.
Zwischen Folio 121 und Folio 147 ist die Schrift schöner, die Tinte schwärzer.

Die erste Textseite (Taf. I) zeigt eine feste, die vier Seiten des Blattes umschließende Umrahmung.
Nur an der Kopfseite wagen es die Dornblattäste, sich freier zu bewegen. Aus diesem festen Rahmen-
gefüge entspringen sowohl an den vier Ecken als auch an der rechten Langseite zwiefach sich ent-
faltende Zweige, die sich jedoch dem starren Rhythmus des Stammes anordnen. Fast den ganzen oberen

1 61 Initialen dieser Art.

2 Über die Entwicklung der Dornblattranke s. H. Martin, Les Miniaturistes francais, Paris 1906, p. 177 ff".
 
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