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Kunsthistorische Sammlungen des Allerhöchsten Kaiserhauses <Wien> [Hrsg.]
Jahrbuch der Kunsthistorischen Sammlungen des Allerhöchsten Kaiserhauses (ab 1919 Jahrbuch der Kunsthistorischen Sammlungen in Wien) — 31.1913-1914

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I. Teil: Abhandlungen
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Kuhn, Alfred: Die Illustration des Rosenromans
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https://doi.org/10.11588/diglit.6178#0060
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52

Alfred Kuhn.

Marteau, Vers 162 ff.

Felonie.

« Une autre ymage d'autel taille
A senestre vi dele^ lui;
Son nom desus sa teste lui
Apelle'e estoit Felonie.»

Vilenie.

« Une ymage qui Vilonie

Avoit non, revi devers destre,

Qui estoit auques d'autel estre,

Cum ces deus et d'autel feture;

Bien sembloit male creature,

Et despiteuse et orguilleuse

Et mesdisant et ramponeuse,

Moult sot bien paindre et bien portraire

Cil qui tiex ymages sot faire:

Car bien sembloit chose vilaine,

De dolor et de despit plaine,

Et fame qui petit seust

D'honorer ceus quelle deust.n

Felonie1 und Vilonie2 werden als sitzende Frau dargestellt, die einem vor ihr knienden jungen
Manne, der ihr einen Becher darreicht, einen Fußtritt versetzt.3

Davon ist in keiner der zitierten Textbeschreibungen die Rede. Betrachten wir unsere Abbil-
dungen: Besonders auf Bibl. Nat. fr. 12588 (Fig. 32) fällt die Sinnlosigkeit der Bewegung auf. Das ist
kein Fußtritt mehr, das ist ein Hüpfen. Auch in Bibl. Nat. fr. 19156 ist nur der Ansatz der Bewegung

Fig. 3y. Chartres,

Fig. 36. Paris, Portalgewände von Notre-Dame. pfeiler der Südtür der Kathedrale.

gegeben und sogar in einer guten Handschrift wie Bibl. Nat. fr. 1565 (Fig. 33) ist der Sinn der Handlung
nicht recht deutlich. Aber trotzdem soll ein Fußtritt dargestellt werden, das lassen alle von uns aufge-
zählten Handschriften übereinstimmend erkennen, obwohl — und das ist wesentlich — nirgends die
Handlung in ihrem vollen Umfange zu sehen ist, d. h. nirgends der Fuß der Frau den Körper des
Mannes trifft. Uberall bleibt die Bewegung schwächlich und ohne Anschauung. Dies vor allem läßt uns
auf ein von anderwärts entlehntes Vorbild schließen. Im Roman de Fauvel,4 einer Handschrift des
XIV. Jahrhunderts (Fig. 34), finden wir die Darstellung wieder, aber bedeutend vollständiger. Hier

1 Z. B. Bibl. Nat. fr. 24389 Fol. 2, fr. 1560 Fol. 2. Der Übersichtlichkeit halber werden hier hauptsächlich die Hand-
schriften der Nationalbibliothek benützt werden.

- Hofbibliothek Cod. 2592 Fol. 2, Bibl. Nat. fr. 1561 Fol. 2, fr. 1564 Fol. 2, fr. 1558 Fol. 2, fr. 12156 Fol. 2, fr. 1259J
Fol. 2, fr. 25526 Fol. 2 v°.

3 Auf Bibl. Nat. fr. 24388 Fol. 3 v° ohrfeigt sie ihn noch dazu.

4 Bibl. Nat. fr. 146, 14 v°.
 
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