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Kunsthistorische Sammlungen des Allerhöchsten Kaiserhauses <Wien> [Editor]
Jahrbuch der Kunsthistorischen Sammlungen des Allerhöchsten Kaiserhauses (ab 1919 Jahrbuch der Kunsthistorischen Sammlungen in Wien) — 31.1913-1914

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I. Teil: Abhandlungen
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Schlosser, Julius von: Aus der Bildnerwerkstatt der Renaissance: Fragmente zur Geschichte der Renaissanceplastik
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https://doi.org/10.11588/diglit.6178#0115
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Aus der Bildnerwerkstatt der Renaissance.

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Malvasia — ein besonders feingliederiges Handmodell Lodovico Carra'ccis, des in die «magroni» Ver-
liebten, endlich eine Madonnenmaske mit geschlossenen Augen im Geschmack Correggios, «la Madonna
di Lodovico», wohl eine Lebens- oder Totenmaske; es ist ganz lehrreich, was der Bologneser Biograph
von ihrem Einfluß auf die Zeitgenossen, wie Cavedoni, berichtet. Eine andere Frauenmaske, die man
«la favorita de'Carracci» benannte, spielte auch eine große Rolle in den Studios5 und ein Modellkopf
des jungen Guido Reni ging ebenso von Hand zu Hand.6 Wie der junge Camillo Rusconi unter Ercole
Ferratas Leitung die Hände der berühmtesten Statuen Algardis und Berninis formt, wie diese Modelle
dann von Malern und Bildhauern eifrig begehrt werden, erzählt Filippo della Valle in einem Briefe von

Fig. 3o. Handzeichnung der Uffizien.

1732 an Bottari, in dem er diesem Notizen über das Leben seines Lehrmeisters gibt.7 Seit der Manie-
ristenzeit empfahl man angelegentlich das Studium des Nackten, der Köpfe und der Extremitäten nach
der Antike oder nach Werken berühmter moderner Bildhauer, so der Cremonese Campi in seinem
später zu erwähnenden Lehrbrief der Malerei. War dergleichen schon früher in verschiedentlichem Um-
fang vorgekommen, so wurde es jetzt in den Kunstakademien zum System; es erklärt manches Unper-
sönliche und Konventionelle, das namentlich in geringeren Werken dieser Zeit auffälliger als sonst je-
mals ist. Das charakteristische Schwanken, ob dem Naturstudium im Sinne der älteren Zeit oder der
Maniera, dem «Stil», der Vorzug gegeben werden solle, ist besonders deutlich im Lehr- und Funda-
mentalbuch des Manierismus, in Armeninos Precetti.

Wir haben schon die Verwendung eines Modelles nach Michelangelo kennen gelernt. In der Tat
waren namentlich seine als der Gipfel statuarischer Kunst gepriesenen «Tageszeiten» in kleinen Ton- und
Bronzereduktionen außerordentlich verbreitet und gesucht, abgesehen von den direkten Nachformungen
und Abgüssen einzelner Teile, die schon frühe von den Originalen genommen wurden. Von diesen soll
 
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