Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Kunsthistorische Sammlungen des Allerhöchsten Kaiserhauses <Wien> [Hrsg.]
Jahrbuch der Kunsthistorischen Sammlungen des Allerhöchsten Kaiserhauses (ab 1919 Jahrbuch der Kunsthistorischen Sammlungen in Wien) — 31.1913-1914

DOI Heft:
I. Teil: Abhandlungen
DOI Artikel:
Schlosser, Julius von: Aus der Bildnerwerkstatt der Renaissance: Fragmente zur Geschichte der Renaissanceplastik
DOI Seite / Zitierlink:
https://doi.org/10.11588/diglit.6178#0119
Überblick
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
Aus der Bildnerwerkstatt der Renaissance.

Nr. 260, Fig. 34), eine im Louvre (Sammlung Thiers), die letztere wichtig, weil sie durch das Attribut
der Eselskinnbacken den Vorwurf zweifellos fixiert; sie ist deutlich von dem Bozzetto in der Casa
Ruonarroti abgeleitet (Fig. 35). Ein sechstes Exemplar ist im Besitze Pierpont Morgans (Bode, Bronzes
in the Collection of I. Pierpont Morgan, Paris
1910, II, PI. 73). Früher hat man sie dem Bo-
logna zugeschrieben, mit dessen Stil sie jedoch
keine Ähnlichkeit hat. Supino hat nun nach-
gewiesen, daß Daniele da Volterra sie in sei-
nem Gemälde des Kindermordes (jetzt in den
Uffizien, in der Gruppe des Henkers und der
Frau) benützt hat (Fig. 36), und wollte daraus
auf ihn auch als Urheber der Bronze schließen.
Das ist ungenügend fundiert und denn auch
schon zurückgewiesen worden. Tatsächlich be-
richtet aber Vasari von solchen Versuchen des
jungen Daniele; für den Schöngeist Giovanni
delle Casa, der sich damals mit einem Traktat
über die Malerei trug, hatte er das Tonmodell
eines David auszuführen, von dem wir ver-
muten dürfen, daß der Koloß des großen Mei-
sters nicht ohne Einwirkung auf ihn geblieben
sein wird. Auf Wunsch des Bestellers mußte
er ihn dann auch in einem Gemälde in Vor-
der- und Rückansicht wiederholen; das Bild,
zu Vasaris Zeiten im Besitz Annibale Ruccel-
lais, ist heute verschollen.16

Nun hat Ferri auf eine ganze Reihe von
Studien, neun an der Zahl, in derselben cha-
rakteristischen Technik wie der früher behan-
delte Crepuscolo ausgeführt, hingewiesen, die
sich in der Handzeichnungensammlung der
Uffizien befinden und die Gruppe von allen
möglichen Seiten zeigen (Fig. 37). Jacobsen hat
sie dann als Jugendwerke des Tintoretto in
Anspruch genommen und auf ein zugehöriges
Blatt im Palazzo Corsini hingewiesen, das von
alter Sammlerhand mit dem Namen des Tinto-
retto bezeichnet ist.

Innere Gründe für diese auch von Thode
akzeptierte Zusehreibung sind nicht vorhan-
den, wohl auch nicht aufzutreiben; der Stil
Tintorettos ist das jedenfalls nicht und es be-
steht starker Verdacht, daß die Attribution auf dem uns bereits bekannten Wege literarischer Tradi-
tion zustande gekommen ist.

Nun liegt aber noch eine andere alte Nachricht vor, die vielleicht geeignet ist, in die ganze Sache
Licht zu bringen. Vasari, dessen Zeugnis in diesem Falle als das eines unmittelbaren Zeitgenossen und
Augenzeugen volles Gewicht hat, berichtet nämlich, daß Perino da Vinci, von Zeichnungen Michel-
angelos mit dem uns bereits bekannten Sujet angeregt, eine große Marmorgruppe des Samson mit dem

Philister in Angriff genommen hatte und für sie eine Anzahl kleiner Modelle machte.17 Die Arbeit blieb

15*

...... 1

Fig. 35. Simson, Bronze.
Paris. I.ouvrc. Coli. Thiers.
 
Annotationen