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Kunsthistorische Sammlungen des Allerhöchsten Kaiserhauses <Wien> [Hrsg.]
Jahrbuch der Kunsthistorischen Sammlungen des Allerhöchsten Kaiserhauses (ab 1919 Jahrbuch der Kunsthistorischen Sammlungen in Wien) — 31.1913-1914

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I. Teil: Abhandlungen
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Schlosser, Julius von: Aus der Bildnerwerkstatt der Renaissance: Fragmente zur Geschichte der Renaissanceplastik
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https://doi.org/10.11588/diglit.6178#0122
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I I 2

Julius von Schlosser.

S. 80) behandelt hat. Wie wir gleich sehen werden, sind sie für Prozeduren der folgenden Art bestimmt,
auch wohl als Mannequins für Draperien verwendbar. Daß die Deutschen auch hier das nationale Holz
vorziehen, wie sie es auch bei ihren Gußmodellen mit Vorliebe tun, ist charakteristisch. Aber auch Campi
redet von solchen kleinen Holzfiguren, denen er freilich für die Drapierung den eigentlichen lebens-
großen Gliedermann vorzieht. Weixlgärtner hat gezeigt, wie Dürer es ist, der die Praktik in Deutschland
einführt; es ist ein weiterer Beweis, wie er auch in solchen untergeordneten Handwerksgriffen mit dem
Mailänder Kreis von Foppa bis auf Lionardo hinab zusammenhängt. Ein heute verschollenes, 9 cm
hohes und bis in die Fingerspitzen bewegliches Püppchen dieser Art, das sein Besitzer, Alexander

Fig. 38 und 39. Deutsche Proportionsfiguren.
Wien, Hofmuseum.

Posonyi ( Handzeichnungen nebst zwei plastischen Werken von A. Dürer, Wien 1864) Dürer selbst zu-
schreiben wollte, ist hier abgebildet (Fig. ]o und 41). Wie seine Nachfolger ihm auf diesen Pfaden folgen,
zeigen die «Kunstbüchlein»; namentlich das des Erhard Schön, «Von Stellung der Possen» (Nürnberg
1540); ein Blatt daraus, das die Verwendung solcher Figuren zeigt, gebe ich hier wieder (Fig. 42).
Welche Rolle dieses Umreißen in Polygonen, wie es hier geübt ist und wie es schon Dürer empfiehlt
(Weixlgärtner, a. a. O. 90), in der zeichnerischen Technik spielt, von alter Zeit an bis auf unsere modern-
sten «Kubisten» herab, ist bekannt genug.

Von diesem Urmodelle können nun beliebig viel Ausgüsse in weichem Material in Ton oder aber-
mals in Wachs genommen werden, denen leicht durch Kneten und Biegen der Glieder die gewünschte
Pose gegeben wird. Armenino erwähnt freilich auch das Verfahren, ganze Historien ad hoc mit solchen
Männlein zu modellieren, verwirft es jedoch als überflüssig und zeitraubend. Die Figuren werden dann
auf ein Brett, gemäß dem vorbereiteten Karton, zusammengestellt und in beliebiger Augenhöhe, von
 
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