Andrea Meldolla, genannt Schiavone.
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kalter Nadel bearbeitet habe. Er weist darauf hin, daß diese Radierungen mit den Bildern des Schiavone
übereinstimmen, ohne dies irgendwie zu detaillieren, und stützt sich dabei auch auf die Bemerkung
Lomazzos, daß Schiavone Schüler des Parmegianino gewesen sei.1
Während sichMariette mit dieser Erkenntnis abfindet, entspann sich ein halbes Jahrhundert später
ein lebhafter Streit über die Frage, ob Meldolla und Schiavone ein und dieselbe oder verschiedene Per-
sönlichkeiten seien.
Zanetti erwähnt in seiner
Geschichte der venezianischen Ma-
lerei2 «una publica carta», in der
unser Künstler als «Andreas Scla-
bonus, dictus Medula» vorkomme.
Er erzählt ihren Inhalt nicht
ganz genau, aber wir erfahren dar-
aus zweierlei, was für uns wichtig
ist: den Namen des Künstlers und
daß er im Prozeß der Mosa'icisten
Zuccati mit Tintoretto, Paolo Ve-
ronese, Tizian und Jacopo da Pi-
stoja Schiedsrichter gewesen ist.
Diese «publica carta» ist nämlich
das Protokoll des Prozesses, in dem
die Zuccati angeklagt waren, daß
sie die ihnen für S. Marco aufge-
tragenen Mosaiken teilweise mit
Farbe übergangen, also nicht nur
in Mosaiktechnik ausgeführt hätten.
Das Protokoll schildert lang und
ausführlich den Vorgang, wie Tin-
toretto, Paolo Veronese, Tizian,
Jacopo da Pistoja und Andrea
Schiavone — die Namen werden
in verschiedenen Fprmen ange-
führt, es wechselt Paulus de Ve-
rona mit der italienischen Form
seines Namens, Andreas Sclabonus
mit Andrea Schiavone — zugun-
sten der Zuccati aussagten.3
Ferner weiß Zanetti von Ra-
dierungen, betont aber, daß er eine
mit der Schrift «Andreas Sclabo-
nus, dictus Medulla» nicht kenne. 4
Fig. 14. Schiavone, Heilige Familie (B M 60).
Trotz dieser Angaben des Zanetti schreibt Zani in seinem «Mate-
riali per servire alla Storia dell'incisione» (Parma 1807) sich das Verdienst zu, Andrea Meldolla, «diesen
berühmten Künstler, entdeckt» zu haben. Er kenne mehr als 100 Stiche von ihm, alle äußerst geistreich
1 a. a. O. 2 Zanetti, Deila pittura Veneziana 1771.
3 Das Dokument befindet sich im Archivio Centrale in Venedig. Der Titel des Bandes lautet: Procuratia de Siepia
per la Ghiesa di S. Marco. 78. Restauri in Chiesa e in Palazzo Ducale. Fascicolo Nr. 2 del Processo Nr. 182, Mosaici
di Chiesa.
4 Es ist nicht klar, worauf Zanetti sich hier bezieht. Tatsächlich gibt es keine Radierung mit dieser Schrift. Vielleicht
hat Zanetti die Ausführungen Marieties mißverstanden.
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kalter Nadel bearbeitet habe. Er weist darauf hin, daß diese Radierungen mit den Bildern des Schiavone
übereinstimmen, ohne dies irgendwie zu detaillieren, und stützt sich dabei auch auf die Bemerkung
Lomazzos, daß Schiavone Schüler des Parmegianino gewesen sei.1
Während sichMariette mit dieser Erkenntnis abfindet, entspann sich ein halbes Jahrhundert später
ein lebhafter Streit über die Frage, ob Meldolla und Schiavone ein und dieselbe oder verschiedene Per-
sönlichkeiten seien.
Zanetti erwähnt in seiner
Geschichte der venezianischen Ma-
lerei2 «una publica carta», in der
unser Künstler als «Andreas Scla-
bonus, dictus Medula» vorkomme.
Er erzählt ihren Inhalt nicht
ganz genau, aber wir erfahren dar-
aus zweierlei, was für uns wichtig
ist: den Namen des Künstlers und
daß er im Prozeß der Mosa'icisten
Zuccati mit Tintoretto, Paolo Ve-
ronese, Tizian und Jacopo da Pi-
stoja Schiedsrichter gewesen ist.
Diese «publica carta» ist nämlich
das Protokoll des Prozesses, in dem
die Zuccati angeklagt waren, daß
sie die ihnen für S. Marco aufge-
tragenen Mosaiken teilweise mit
Farbe übergangen, also nicht nur
in Mosaiktechnik ausgeführt hätten.
Das Protokoll schildert lang und
ausführlich den Vorgang, wie Tin-
toretto, Paolo Veronese, Tizian,
Jacopo da Pistoja und Andrea
Schiavone — die Namen werden
in verschiedenen Fprmen ange-
führt, es wechselt Paulus de Ve-
rona mit der italienischen Form
seines Namens, Andreas Sclabonus
mit Andrea Schiavone — zugun-
sten der Zuccati aussagten.3
Ferner weiß Zanetti von Ra-
dierungen, betont aber, daß er eine
mit der Schrift «Andreas Sclabo-
nus, dictus Medulla» nicht kenne. 4
Fig. 14. Schiavone, Heilige Familie (B M 60).
Trotz dieser Angaben des Zanetti schreibt Zani in seinem «Mate-
riali per servire alla Storia dell'incisione» (Parma 1807) sich das Verdienst zu, Andrea Meldolla, «diesen
berühmten Künstler, entdeckt» zu haben. Er kenne mehr als 100 Stiche von ihm, alle äußerst geistreich
1 a. a. O. 2 Zanetti, Deila pittura Veneziana 1771.
3 Das Dokument befindet sich im Archivio Centrale in Venedig. Der Titel des Bandes lautet: Procuratia de Siepia
per la Ghiesa di S. Marco. 78. Restauri in Chiesa e in Palazzo Ducale. Fascicolo Nr. 2 del Processo Nr. 182, Mosaici
di Chiesa.
4 Es ist nicht klar, worauf Zanetti sich hier bezieht. Tatsächlich gibt es keine Radierung mit dieser Schrift. Vielleicht
hat Zanetti die Ausführungen Marieties mißverstanden.
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