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Kunsthistorische Sammlungen des Allerhöchsten Kaiserhauses <Wien> [Hrsg.]
Jahrbuch der Kunsthistorischen Sammlungen des Allerhöchsten Kaiserhauses (ab 1919 Jahrbuch der Kunsthistorischen Sammlungen in Wien) — 31.1913-1914

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I. Teil: Abhandlungen
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Fröhlich-Bum, Lili: Andrea Meldolla, genannt Schiavone
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https://doi.org/10.11588/diglit.6178#0171
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Andrea Meldolla, genannt Schiavone.

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Ein für Schiavone bezeichnendes Stellungsmotiv zeigt der Paulus BM22 (Fig. i3). Das linke
Bein ist scharf vom Leib abgesetzt (anatomisch unmöglich) und steht mit gebeugtem Knie und platt
aufgesetztem und scharf ins Profil gestelltem Fuß, so daß der Fuß wie einwärts gewendet wirkt. Cha-
rakteristisch ist auch das spitze Knie. Die Frau mit dem Kind finden wir auch auf anderen Blättern
Schiavones (B M 2, 5g, 60). Das-
selbe gilt von den Köpfen des Hin-
tergrundes. Wichtig ist das Motiv
des Mannes links vorne mit dem
scharf ins Profil gestellten Kopf,
dem dem Beschauer zugewandten
Rücken und der Haltung des rechten
Armes.

B M 60 (Fig. 14) und B M 54
(Fig. 16), beide nicht signiert, brin-
gen einige für Schiavone wichtige
Typen: auf B M 60 Anna und Josef
im Hintergrund (Anna zu verglei-
chen mit BM 59, Fig. n); Josefs
Stellung mit dem Motiv seines
rechten Armes; zu beachten sind
auch Formen und Bewegung des
Kindes auf beiden Blättern und der
Baum auf dem zweiten Blatte.

Mit einer weit fortgeschritte-
nen Technik behandelt Schiavone
auf einer Beschneidung (B M 12,
Fig. 17) das Problem der Beleuch-
tung. Die Strahlen des Lichtes
durchbrechen den fast schwarzen
Hintergrund und beleuchten die
Figuren von oben. Bemerkenswert
ist auch die Wiederholung eines
Motivs, des Kindes an der Säule,
ähnlich wie auf B M 22 (Fig. i3).

Auch auf B M 3 (Fig. 18) fin-
den sich dieselben technischen Fort-
schritte. Die Abstufung im Tone
des Blattes von den starken Gegensätzen zwischen Hell und Dunkel im Vordergrunde bis zu den in
zarten Strichen angedeuteten Bäumen geht von rechts vorne diagonal nach links und erzielt eine aus-
gezeichnete Tiefenwirkung. Im übrigen bleiben die Typen dieselben, die Formenbehandlung die gleiche.
Der Kopf mit der spitzen Nase, das in Büscheln zur Stirne gestellte Haar, die Andeutung eines Bartes,
die unterhalb des Ellbogens auffallend verdickten Arme und die Hand mit den langen, spitzen, deutlich
voneinander abgesetzten Fingern sind Charakteristika Schiavones, die von seinen Fortschritten in der
Technik der Radierung und Behandlung des Lichtes unberührt bleiben.

Unter den graphischen Werken des Parmegianinokreises findet sich (außer einer großen Apostel-
serie des Schiavone, B M 38—50) eine in drei Fassungen vorliegende kleine Apostelserie, und zwar
als radierte Folge beim Meister F. P.1 und bei Meldolla (B M 24—37) und als eine Folge von
Clair-obscur-Holzschnitten, nach Bartsch vermutlich von Antonio Fantuzzi da Trento.2 Die Serie
1 Bartsch, Vol. XVI, Nr. 1 —12. « Bartsch, Vol. XII.

Fig. 3o. Schiavone, Christus heilt die Kranken.
Wien, Albertina.
 
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