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Kunsthistorische Sammlungen des Allerhöchsten Kaiserhauses <Wien> [Editor]
Jahrbuch der Kunsthistorischen Sammlungen des Allerhöchsten Kaiserhauses (ab 1919 Jahrbuch der Kunsthistorischen Sammlungen in Wien) — 31.1913-1914

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I. Teil: Abhandlungen
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Fröhlich-Bum, Lili: Andrea Meldolla, genannt Schiavone
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https://doi.org/10.11588/diglit.6178#0175
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Andrea Meldolla, genannt Schiavone.

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Wir kommen nun zur Besprechung jener Blätter, die Bartsch mit gutem Grund deshalb als Schia-
vone katalogisierte, weil sich auf einigen die Schrift «Andrea Schiavon» oder «Andrea Schiaon» findet.
Harzen, dem gewisse technische Abweichungen dieser Gruppe von den Meldollablättern nicht entgingen,
half sich über die scheinbare Verschiedenheit dadurch hinweg, daß er die «Meldollagruppe» als geritzte
(also nur mit der kalten Nadel
gearbeitet) und nur die Schia-
voneblätter für geätzte er-
klärte. Nun ist es aber ganz
ausgeschlossen, daß die gro-
ßen und kräftigen Blätter des
«Meldolla» nur geritzt wären;
sie sind ebenso mit dem
neuen Atzverfahren herge-
stellt wie die des «Schiavone».
Der Unterschied ist der, daß
jene nichts anderes als Zeich-
nungen zu Reproduktions-
zwecken sein sollten, diese
aber dekorative Blätter, ver-
mutlich angefertigt auf Be-
stellung eines Verlegers, der
auch bezüglich der Ausfüh-
rung seine Wünsche geäußert
haben mochte.1 Stilkritisch
ist ein Zweifel an der Iden-
tität beider Künstlernamen
nicht möglich.

Bartsch führt unter Nr. i
bis 12 die Medaillons mit den
12 Cäsarenköpfen in Umrah-
mungen, die aus Ornamenten
und Figuren zusammenge-
stellt sind. Unter den Namen
der Kaiser und ihrer Regie-
rungsdaten steht in kleinen Buchstaben «Tiziano F.». Daß es aber keine genauen Kopien nach Tizians
Bildern für Mantua sein können, ist auf den ersten Blick klar. Auch wenn wir Sadelers Stiche nach
Tizians Imperatorenmedaillons nicht hätten, würde niemand annehmen, daß Tizian diese 12 Männer-

Fig. 36. Schiavone, Skizze.
Berlin, kgl. Kupferstichkabinett.

1 In der Albertina ist mit diesen Radierungen ein Blatt vereinigt, das das Titelblatt zu der Serie des «Schiavone»
gewesen war. Es ist von anderer späterer Hand und zeigt folgende Schrift:

Raccolta de Disegni et compartimenti diversi
'J'ratti da Marmi e Bronzi degli Antichi Romani
et dedicati all lllm° Sigr Georgio Maynwaringe Cap"° Eng8'
Franc" Valesio D. D.

Francesco Valesio oder Valcgio war ein Verleger in Venedig, geboren um 1560. Er malte selbst und stach in Kupfer. Ein
anderer Verleger dieses Namens, Nicola Valegio, war zwischen 1570 und 1590 in Venedig tätig. Ob dieser die Radierungen
des Schiavone verlegt hat, ist fraglich. Doch können wir als gewiß annehmen, daß die Blätter schon zu Lebzeiten Schiavones
im Handel waren und daß Francesco Valesio sie nur neu auflegte. Vermutlich ließ auch erst Francesco Valesio den Namen
«A. Sch.» auf den Radierungen anbringen; denn gewiß war Schiavone nach seinem Tode berühmter als zur Entstehungszeit
dieser Blätter (ungefähr 1540). Er selbst nannte sich häufiger und wohl auch lieber Meldolla, da jeder Maurer, der aus sla-
wischem Gebiet damals in Venedig einwanderte, «Schiavone» genannt wurde. Doch der Name, unter dem man ihn kannte,
war Andrea Schiavone; dies beweisen die literarische Tradition und die Dokumente.

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