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Kunsthistorische Sammlungen des Allerhöchsten Kaiserhauses <Wien> [Hrsg.]
Jahrbuch der Kunsthistorischen Sammlungen des Allerhöchsten Kaiserhauses (ab 1919 Jahrbuch der Kunsthistorischen Sammlungen in Wien) — 31.1913-1914

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I. Teil: Abhandlungen
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Fröhlich-Bum, Lili: Andrea Meldolla, genannt Schiavone
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https://doi.org/10.11588/diglit.6178#0184
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Lili Fröhlich-Bum.

ein solches Rollwerk, dessen Ausführung nicht bekannt ist, bildet die obere Hälfte einer Handzeichnung
der Albertina (Fig. 24),1 die auch ohne die authentische Schrift «Shiavone» ganz überzeugend wäre.
Die langgestreckten Figuren mit den kleinen Köpfen und starken Armen auf der oberen Hälfte des
Blattes sind ebenso wie die beiden Figuren unten (für die direkte Analogien zwar fehlen) in Haltung
und Strichführung unverkennbar gute Zeichnungen des Schiavone.

Nahe verwandt mit diesem Blatte ist die Federzeichnung des British Museum, eine Minerva, dort
als Parmegianino bezeichnet, doch unverkennbar von der Hand des Schiavone und eine erste Studie
zu seinen radierten Blättern dieses Sujets (11-6 X 5"5, Fig. 25).

Die spätesten und besten Radierungen sind solche, auf denen die hellen Partien in breiten Flächen
aus einem dunkleren Hintergrund hervortreten, wobei die Nebeneinanderstellung von dünnen Parallel-

Fig. 48. Schiavone, Darstellung im Tempel.
Venedig, Akademie.

und Kreuzlagen in überzeugender Weise die Vorstellung von Hell und Dunkel gibt. Das sehen wir
sehr deutlich an der Radierung «Paulus predigt in Athen» BM 22 (Fig. i3). Die scharfe Beleuchtung
auf dem linken Bein und Unterarm des predigenden Paulus hatte wohl ihr Vorbild auf Parmegianinos
Bildern; doch ist die Raumvertiefung in einer Weise malerisch gestaltet, wie wir sie bei den rein zeich-
nerisch wirkenden Radierungen Parmegianinos nicht finden. Auf die technischen Fortschritte der Blätter
BM 3 (Fig. 18) und BM 12 (Fig. 17) ist schon hingewiesen worden. Diese gehören jedoch nicht bloß zu
den technisch vollendetsten Radierungen Schiavones. Ihre Bedeutung liegt vielmehr auch darin, daß sie
uns im Gegensatz zu den bisher besprochenen Blättern venezianische Einflüsse in unverkennbarer Weise
zeigen.

Parmegianino, dem Schüler des Correggio, hatte sich nur ein Teil von Correggios künstlerischem
Wesen erschlossen. Er lernte von ihm die Körper bilden, wir finden Correggios Typen bei ihm wieder,
er ist der Erbe seiner Grazie; aber von des Meisters Luft- und Lichtbehandlung sehen wir nichts in
seinen Werken. Parmegianinos Figuren stehen in einem klaren, kühlen Licht, sie sind eher florentinisch
in ihrer Modellierung als nach dem Vorbilde Correggios vom flimmernden Licht bedingt, das die Kon-

1 Scuola Veneta 170 a; 15-3 X I9'5, Federzeichnung, neu erworben.
 
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