Andrea Meldolla, genannt Schiavone.
I73
turen verwischt. Sie sind ohne Beziehung zum Raum in denselben gestellt, der für eine andere Per-
spektive berechnet ist als die dominierenden Figuren. Die Landschaft ist Hintergrundsfüllsel. Alles, was
Correggio mit der venezianischen Schule verband, hatte Parmegianinos andersartige Begabung abge-
lehnt. Und darum können wir bei
Schiavone deutlich beobachten, wie
er von der fast ausschließlichen
Beeinflussung durch Parmegianino
in den Bann Venedigs oder besser
in den des Tizian der vierziger
Jahre kam.
Auf einer Handzeichnung der
Albertina (Sc. Ven. 161, Fig. 19),
einer Anbetung der Könige, findet
sich eine Figur, die in Typus und
Haltung mit dem Moses auf BM 3
(Fig. 18) und dem armen Manne
rechts vorne auf der «Beschnei-
dung» BM12 (Fig. 17) identisch
ist. Auch die anderen Figuren und
die Komposition dieses Blattes sind
für Schiavone charakteristisch. Der
hl. Josef findet sich auf zwei von
Schiavones Darstellungen der hl.
Familie in Wien (Taf. XXI) und
Paris (Fig. 20). Diese beiden Bil-
der sind schon unverkennbar unter
Tizians Einfluß entstanden. Auch
der König mit dem Pokal in der
Hand ist eine Figur, die auf starke
venezianische Einflüsse hinweist.
Die «Anbetung der Hirten» (Sc.
Ven. 160) ist das Pendant zu die-
ser Zeichnung und entspricht ihr
in Technik und Stil vollkommen.1
Eine schöne Radierung, reif
und schwungvoll in der Technik,
ist B M 68 (Fig. 5) «Bellona», doch
finden wir auch hier dieselben Form-
elemente wie auf den frühesten
Blättern. Der rechte Fuß ist so
scharf ins Profil gestellt, daß er ein-
wärts gedreht aussieht, das Bein
ist unverhältnismäßig lang und die
Stellung der beiden Beine zueinander die gleiche wie etwa auf den beiden früheren Darstellungen der
Judith (Fig. 4 u. 6). All das, was wir als Fortschritte in den Radierungen des Schiavone erkannt haben,
läßt sich bei Betrachtung des großen Blattes «Der Raub der Helena», BM 81 (Fig. 7), nochmals zu-
Fig. 49. Darstellung im Tempel.
Venedig, Chiesa del Carmiue.
1 Beide mit Feder gezeichnet, braun laviert, 18*8 X !5'3. Wickhoff hält sie für eine «Nachahmung von Schiavones
Manier».
I73
turen verwischt. Sie sind ohne Beziehung zum Raum in denselben gestellt, der für eine andere Per-
spektive berechnet ist als die dominierenden Figuren. Die Landschaft ist Hintergrundsfüllsel. Alles, was
Correggio mit der venezianischen Schule verband, hatte Parmegianinos andersartige Begabung abge-
lehnt. Und darum können wir bei
Schiavone deutlich beobachten, wie
er von der fast ausschließlichen
Beeinflussung durch Parmegianino
in den Bann Venedigs oder besser
in den des Tizian der vierziger
Jahre kam.
Auf einer Handzeichnung der
Albertina (Sc. Ven. 161, Fig. 19),
einer Anbetung der Könige, findet
sich eine Figur, die in Typus und
Haltung mit dem Moses auf BM 3
(Fig. 18) und dem armen Manne
rechts vorne auf der «Beschnei-
dung» BM12 (Fig. 17) identisch
ist. Auch die anderen Figuren und
die Komposition dieses Blattes sind
für Schiavone charakteristisch. Der
hl. Josef findet sich auf zwei von
Schiavones Darstellungen der hl.
Familie in Wien (Taf. XXI) und
Paris (Fig. 20). Diese beiden Bil-
der sind schon unverkennbar unter
Tizians Einfluß entstanden. Auch
der König mit dem Pokal in der
Hand ist eine Figur, die auf starke
venezianische Einflüsse hinweist.
Die «Anbetung der Hirten» (Sc.
Ven. 160) ist das Pendant zu die-
ser Zeichnung und entspricht ihr
in Technik und Stil vollkommen.1
Eine schöne Radierung, reif
und schwungvoll in der Technik,
ist B M 68 (Fig. 5) «Bellona», doch
finden wir auch hier dieselben Form-
elemente wie auf den frühesten
Blättern. Der rechte Fuß ist so
scharf ins Profil gestellt, daß er ein-
wärts gedreht aussieht, das Bein
ist unverhältnismäßig lang und die
Stellung der beiden Beine zueinander die gleiche wie etwa auf den beiden früheren Darstellungen der
Judith (Fig. 4 u. 6). All das, was wir als Fortschritte in den Radierungen des Schiavone erkannt haben,
läßt sich bei Betrachtung des großen Blattes «Der Raub der Helena», BM 81 (Fig. 7), nochmals zu-
Fig. 49. Darstellung im Tempel.
Venedig, Chiesa del Carmiue.
1 Beide mit Feder gezeichnet, braun laviert, 18*8 X !5'3. Wickhoff hält sie für eine «Nachahmung von Schiavones
Manier».