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Kunsthistorische Sammlungen des Allerhöchsten Kaiserhauses <Wien> [Hrsg.]
Jahrbuch der Kunsthistorischen Sammlungen des Allerhöchsten Kaiserhauses (ab 1919 Jahrbuch der Kunsthistorischen Sammlungen in Wien) — 31.1913-1914

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I. Teil: Abhandlungen
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Peltzer, Rudolf Arthur: Lambert Sustris von Amsterdam
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https://doi.org/10.11588/diglit.6178#0238
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Rudolf Arthur Peltzer.

Schriftsteller bei Seite und geht auf die gleichzeitigen Urkunden und literarischen Berichte, insbesondere
den des Vasari, zurück, so hellt sich das Dunkel auf.

Allerdings sprechen die Quellen weniger von Lambert Sustris als von seinem Sohne Friedrich,
dem gleichfalls ein hervorragender Platz in der Kunstgeschichte gebührt. Steht er doch in der ersten
Reihe unter jenen vielseitigen flämisch-italienischen Künstlern, die die Renaissance in Süddeutschland
einführten. Die Malereien der Burg Trausnitz, der Fuggerschen Kunstkammer in Augsburg,1 der
stimmungsvolle Grottenhof der Residenz in München und vor allem die Michaelskirche, «der größte
und stolzeste Renaissanceraum der deutschen Lande»,2 als dessen alleinigen Urheber man auf Grund
neuerer Forschungen wohl Friedrich Sustris betrachten darf,3 zeugen von seinem bedeutenden Talent
als Maler, Dekorateur und Architekt. Seine Lebensgeschichte, über die wir jetzt einigermaßen unter-
richtet sind, wird uns weitere Anhaltspunkte zur Feststellung der Lebensdaten des Vaters geben.

Vasari 4 zählt in dem der zweiten Ausgabe seiner «Vite» beigefügten Kapitel «Di diversi artefici
fiamminghi» im zweiten Abschnitt eine Reihe von niederländischen Künstlern auf, die er ausdrücklich
als «vivi ed in pregio» bezeichnet. Es sind durchweg bekannte Namen: Franz Floris, Wilhelm Key,
Michael van Coxie, Antonio Moro, Martin de Vos, Jacob Grimmer, Hans Bol, Pieter Aertsen, Pieter
Brueghel, Lambert van Noort, Gillis Mostart und Pieter Pourbus. Unter ihnen erscheint auch Lambert
von Amsterdam. Die Stelle lautet: «Celebrano ancora per buon pittore Lamberto d'Amsterdam,
che abitö in Vinezia molti anni, ed aveva benissimo la maniera italiana. Questo fu padre di Federigho,
del quäle, per esser nostro accademico, se ne farä memoria a suo luogo.»5 In dem folgenden Kapitel
«Degli Accademici del disegno» spricht er dann von diesem Federigho: «Ha anco molto onorato la nostra
accademia, e se stesso, Federigo di Lamberto d' Amsterdam Fiammingo, genero del Padoano
Cartaro, nelle dette esequie (Michelangelos 1564) e nelf apparato delle nozze del principe (Francesco
Medici mit Johanna von Osterreich 1566) ed oltre ciö ha mostro in molti quadri di pitture a olio, grandi
e piccoli, ed altre opere che ha fatto, buona maniera e buon disegno e giudizio; e se ha meritato lode
in sin qui, piü ne meriterä per avvenire, adoperandosi egli con molto acquisto continuamente in Fiorenza,
la quäle par che si abbia eletta per patria, e dove e ai giovani di molto giovamento la concorrenza e
1' emulazione».

und machte selbige sehr anmutig, wohl ordinirt und geistreich, dessen ferneren Beweistum die Werke Selbsten geben. Der
Fridrich mahlte holdselige Inventionen in miniatur, in denen auch der dritte berühmt und für einen Meister gepriesen ward»:
Akademie, 1675, S. 235. Will man diese Nachricht nicht einfach tür falsch halten, so ist nur die Deutung möglich, daß
hier eine spätere Generation der Sustris gemeint ist, vielleicht Söhne des Friedrich Sustris, zumal ein deutscher Maler Lambert
Sustris, Sohn des Friedrich, 1588/89 in Florenz genannt wird: Orbaan, Italiaansche Gegevens. 1. Federigo di Lamberto
Sustris (Oud Holland XXI, 1903, p. 55).

1 G. Lill hat diese Tatsache aufgedeckt: Hans Fugger und die Kunst. Studien zur Fuggergeschichte, herausgegeben
von M. Jansen, Leipzig 1908.

2 Weese, München (Berühmte Kunststätten), Leipzig 1906, S. 78.

3 Vgl. Bassermann-Jordan, Die dekorative Malerei der Renaissance am bayerischen Hof, München 1900, und «Der
Perseus des Cellini und der Perseusbrunnen des Fr. Sustris» im Münchener Jahrbuch für bildende Kunst 1906. — K. Traut-
mann, «Herzog Wilhelm V. von Bayern als Kunstfreund», in Krönseders I^esebuch zur Geschichte Bayerns, München 1906.—
Weese, a. a. O. — Dehio, Handbuch der Deutschen Kunstdenkmäler, Bd. Uli Süddeutschland, Berlin 1908, S. 3oo. —
Zottmann, «Die Gemälde der Michaelskirche», im Münchener Jahrbuch für bildende Kunst 1910. — J. Braun S. J., Die
Kirchenbauten der Jesuiten in Deutschland, Freiburg i. B. 1910, S. 82 ff.

4 G. Vasari, Le vite de'piü eccellenti pittori, scultori e architetti. Ausgabe von Le Monnier, Firenze 1870,
XIII, p. 153, 156; vgl. 177 und XII, 123. Ausgabe von Milanesi, Firenze 1881, VII, p. 586; vgl. p. 299, 589 Anmerkung 10
und 614.

5 Schon im ersten Abschnitt wird Lambert von Amsterdam genannt: «Giovanni Cornelis d' Amsterdam, Lamberto
della medesima terra». Diese doppelte Erwähnung, die zu mannigfachen Irrtümern Anlaß gegeben hat, ist wohl so zu er-
klären: Vasari hat die Nachrichten über niederländische Künstler, wie er selbst angibt, hauptsächlich von Domenicus
Lampsonius aus Lüttich erhalten; dieser aber entnahm sie aus dem 1567 in Antwerpen erschienenen Werk des L. Guicciardini
«Descrittione di tutti i paesi bassi» (vgl. Milanesi, a. a. O. VII, p. 579). In der Tat findet sich dort dieselbe Stelle auf
Pagina 98 fast wörtlich wieder: «Giouanni Cornelis d' Amsterdam pittore eccellente, Lamberto della medesima terra». Ein
zweiter Lambert von Amsterdam kommt bei Guicciardini nicht vor. Vasari hat nun die Mitteilungen des Lampsonius ziemlich
kritiklos reproduziert. Als er dann, wohl von Friedrich Sustris, Nachrichten über dessen Vater erhielt, ist es ihm entgangen,
daß er diesen schon genannt hatte.
 
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