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Kunsthistorische Sammlungen des Allerhöchsten Kaiserhauses <Wien> [Hrsg.]
Jahrbuch der Kunsthistorischen Sammlungen des Allerhöchsten Kaiserhauses (ab 1919 Jahrbuch der Kunsthistorischen Sammlungen in Wien) — 31.1913-1914

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I. Teil: Abhandlungen
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Baldass, Ludwig: Die Bildnisse Kaiser Maximilians I.
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https://doi.org/10.11588/diglit.6178#0266
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Ludwig von Baldass.

streift. Seine Kenntnis des Materials ist gewiß eine ungenügende; doch hat er recht, wenn er Prognatis-
mus inferior konstatiert. Maximilian besaß in der Tat einen stark entwickelten, etwas hängenden Unter-
kiefer. Daß auch seine Unterlippe mehr als normal entwickelt war, hat bereits Haecker1 richtiggestellt.

Der Verfasser ist sich völlig bewußt, daß bei der Größe und Verbreitung des Materials Vollständig-
keit wohl auch seinem Aufsatze nicht beschieden sein kann. Aus diesem Grunde wurde auch von der
Aufstellung eines Kataloges Abstand genommen.

Fig. I. Giov. Candida, Medaille auf die Vermählung Maximilians I. mit Maria von Burgund.

I. Die Bildnisse der Jugendzeit bis zum Jahre 1502.

Die Ikonographie Kaiser Maximilians während seiner ersten dreiundvierzig Lebensjahre ist ver-
hältnismäßig arm an Denkmälern wie an Nachrichten. Der Mangel an datierten und genau datierbaren
Werken macht sich bei den spärlich erhaltenen Bildnissen doppelt fühlbar. Nur am Beginn dieser Zeit
steht klar ein kleines Kunstwerk: die Vermählungsmedaille des jungen Erzherzogs und Marias von Bur-
gund (F!g. i), modelliert von Giovanni Candida, der damals in den Diensten Karls des Kühnen und
seiner Tochter Maria in den Niederlanden weilte.2 Die Medaille zeigt auf der Vorderseite das Profilbild-
nis Maximilians, auf der Rückseite das seiner Gemahlin. Da in der Umschrift der Prinz als Herzog von
Österreich und Burgund, Maria als Herzogin von Burgund und Osterreich bezeichnet wird, muß die
Medaille kurz nach der 1477 erfolgten Vermählung entstanden sein. — In langen Strähnen wallt das
Haar auf die Schulter nieder, es ist vorn in die Stirn gestrichen und ober den Augenbogen gerade ab-
geschnitten. Ein schmaler Kranz oder Reif faßt es ein. Die Nase ist leicht gekrümmt und von feinem
Schnitt, namentlich der Flügel, die vollen Lippen sind leicht geöffnet, kaum merklich tritt die Unter-
lippe vor, das Kinn ist rund, der Hals lang, die schmalen Augen liegen ziemlich tief.3 In diesem Jugend-
bildnis liegen schon im Keim alle jene Züge, die den Kopf des alternden Kaisers so ausdrucksreich er-
scheinen lassen: die Haartracht, die feingeschnittene gekrümmte Nase, die schmalen Augen, der meist
ganz wenig geöffnete Mund und die leicht vortretende Unterlippe. Es ist daher wohl mit Recht anzu-
nehmen, daß die Medaille nach lebendem Modell modelliert wurde.

Eine etwas größere Medaille (Fig. 2), ebenfalls von Candidas Hand, ist wohl etwas später entstan-
den, doch jedenfalls vor 1482 oder 1483, in welcher Zeit der Modelleur in die Dienste König Ludwigs XI.
von Frankreich tritt. Die Vorderseite wird fast genau kopiert, nur der Haarkranz wird breiter und das

1 Zeitschrift für induktive Abstammungs- und Vererbungslehre VI (1911), S. 68.

3 Vgl. Fabriczy, Die Medaillen der italienischen Renaissance, S. 80 ff. — Daß das Kinderporträt der Ambraser Samm-
lung nicht Maximilian und Maria von Burgund, sondern beider Kinder: Philipp den Schönen und Margarete darstellt, hat
Glück (Jahrbuch XXV, 233) überzeugend nachgewiesen.

* Fabriczy erkennt in der Bildung des verhältnismäßig zu kleinen Auges und der Art, wie es unter den starken
Brauen tief in der Augenhöhle sitzt, ein Candida häufig eigenes Merkmal.
 
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