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Kunsthistorische Sammlungen des Allerhöchsten Kaiserhauses <Wien> [Hrsg.]
Jahrbuch der Kunsthistorischen Sammlungen des Allerhöchsten Kaiserhauses (ab 1919 Jahrbuch der Kunsthistorischen Sammlungen in Wien) — 31.1913-1914

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I. Teil: Abhandlungen
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Schlosser, Julius von: Paralipomena aus der Skulpturensammlung des allerh. Kaiserhauses: Nachlese zu der Abhandlung: Aus der Bildnerwerkstatt der Renaissance
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https://doi.org/10.11588/diglit.6178#0368
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348

Julius von Schlosser.

im alten Ambraser Inventar von 1596 findet sie sich nicht, ist aber gleichwohl zweifellos als alter Be-
sitz anzusehen. So viel ich sehe, taucht sie zuerst in dem vom Ambraser Schloßhauptmann Johann
Primisser 1788 angelegten dreibändigen Inventar auf, das noch handschriftlich in unserer Sammlung
vorhanden ist (vol. II, p. i63, Nr. 6. Eine gehende und seitwerts sehende Mannsfigur ohne Bart, mit einem
roten Hut, hat ein Kleid mit langen und weiten Ermein, und einen Mantel, der über die linke Schulter
herabhängt und den linken Arm ganz bedekt, hält einen Strick in der rechten Hand und trägt an den
Füßen hohe Stifel weit über die Knie hinauf; von Holz 10 Zoll hoch). Möglicherweise ist das Stück

Fig. I—3. Schreitender Mann. Wien, Hofmuseum.

durch Claudia Medici von Urbino, Gemahlin Leopolds V. von Tirol, der die ältere Ferdinandeische
Sammlung ansehnlichen Zuwachs verdankt, überkommen.

Die Figur ist aus Weißlindenholz geschnitzt, das gebeizt scheint und einen schönen warmbräun-
lichen, an Buchsholz erinnernden Ton aufweist; sie mißt samt Postament 3r3 cm in der Höhe (Fig. 1
bis 3).

Das Ganze ist von vornherein auf diskrete polychrome Wirkung angelegt; das Barett des Mannes
ist hellrot, die Augensterne sind blau, die Lippen rot getönt. Die übrigen Teile tragen den schon er-
wähnten braunen Holzton zur Schau, Farbspuren sind auch in den Haaren und den Gewandfalten nicht
zu entdecken; die Figur war also schon ursprünglich in dieser Weise gedacht, wie denn überhaupt die
Erhaltung vortrefflich zu nennen ist. Ganz farbig ist das mit Stuck überzogene Postament, das sicher
alt und ursprünglich zugehörig erscheint; die Standfläche ist grün, soll also wohl einen Wiesenteppich
nachahmen; die Profilierungen sind vergoldet, der eingezogene Teil dazwischen grünlichblau — eine
Farbenharmonie, die für die alten, namentlich venezianischen Bilderrahmen so charakteristisch ist.

Bewegungsmotiv und äußere Erscheinung der Figur sind höchst singulär und auffallend. Von dem
roten Barett mit aufgeschlagenen Krempen war schon die Rede; unter ihm quillt üppiges Lockenhaar
 
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