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Kunsthistorische Sammlungen des Allerhöchsten Kaiserhauses <Wien> [Hrsg.]
Jahrbuch der Kunsthistorischen Sammlungen des Allerhöchsten Kaiserhauses (ab 1919 Jahrbuch der Kunsthistorischen Sammlungen in Wien) — 31.1913-1914

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I. Teil: Abhandlungen
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Baldass, Ludwig: Hans Burgkmairs Entwurf zu Jörg Erharts Reiterbildnis Kaiser Maximilians I.
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https://doi.org/10.11588/diglit.6178#0380
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36o

Ludwig von Baldass.

gelenken des Pferdes — und eventuelle Härten vermeiden. Die starken Rundungen an der Kruppe und
an den Beinen des Rosses sind durch kurze krumme Parallellagen mit breitem Federstrich gegeben;
alle feineren Modellierungen aber sind mit dem Pinsel erzielt, der mit viel hellerer, grauer Farbe
getränkt wurde. Glänzend wurde mit dieser Technik namentlich der stoffliche Charakter des Stahls
der kaiserlichen Rüstung und des Pferdegeligers herausgebracht. Ausgesparte schmale weiße Streifen
bringen oft ganz deutlich das Aufflackern eines einzelnen Refiexlichtes zur Geltung. Durch dasselbe
Mittel werden die komplizierten Rundungen der Kniegelenke des Pferdes klar herausmodelliert. Die
Reitergruppe hebt sich von ganz schwarzem Grunde ab, der jedenfalls erst nach Beendung der
Zeichnung mit tiefschwarzer Farbe hinzugefügt wurde, um die eigentliche plastische Wirkung der
Gruppe stärker hervorzuheben. Ob diese schwarze Anlegung des Grundes vom Künstler selbst besorgt
wurde, erscheint zweifelhaft;1 jedenfalls ist man bei Umreißung der gezeichneten Konturen nicht über-
mäßig genau zu Werke gegangen, sodaß an einigen Stellen die ursprüngliche Zeichnung durch Über-
fahren entstellt wurde, und zwar nicht bloß an der oberen Begrenzungslinie des Sockels, sondern auch
am Halsrücken und an der Kruppe des Pferdes. Am störendsten aber wirkt, daß an dem Vorderkontur
des Rosses, an der Stelle, wo der Halsteil an das Bruststück des Geligers stößt, ein ganzes Dreieck
verdeckt wurde, so daß die Brust unorganisch weit zurückzutreten scheint. Das Papier ist im Laufe der
Zeit leicht stockfleckig geworden, was auf der Vorderseite am Hinterteil des Pferdes sichtbar wird. Ein
Bruch geht horizontal durch das Blatt, den untersten Teil des Rossegeligers und die Waden des
Kaisers durchquerend. Die Erhaltung des Blattes ist eine vorzügliche, neue Retuschen konnten an keiner
Stelle festgestellt werden.

Die Inschrift des Sockels ist mit brauner Sepia geschrieben, also mit anderer Tinte wie die
Zeichnung selbst, und zwar nicht von Burgkmairs Hand, aber doch in gleicher Zeit aufgesetzt. Ihre
Auflösung2 lautet: Imp(erator) Cae(sar) Maximiiianus Augustus chori huius primum a fundamentis
lapidem posuit, exaedificationemqu[a]e eius solita liberalitate iuvit. Ann(o) M. D. — III. (tertio die ante)
K(a)l(enda)s Julias.

In Placidi Brauns «Geschichte der Bischöfe von Augsburg» lesen wir beim Episkopat Bischof
Friedrichs II. folgenden Passus:3 «Während der Kaiser Maximilian in Augsburg 1500 einen Reichstag
hielt, wurde mit Consens unseres Bischofs, der gerade auf dem Krankenbette lag, am i3. July, eine
Prozession nach St. Ulrich angeordnet. Voraus gieng Berthold, Erzbischof von Maynz, im bischöflichen
Gewände. Diesem folgte der WTeihbischof von Eichstätt, von den Äbten von St. Ulrich und Donauwerd
begleitet, diesen der kaiserliche Hof, der Kaiser mit dem päbstlichen Legaten, dann die übrigen Fürsten
und Großen des Reichs. Als man in die Kirche kam, weihte der besagte Erzbischof von Maynz das
Erforderliche zur Einweihung der Kirche, welche alsdann der Weihbischof von Eichstätt auf desselben
Auftrag vornahm. Der Kaiser verfügte sich mit dem päbstlichen Gesandten an den Ort, wo der erste
Stein zum Chor sollte gelegt werden. Er stieg mit dem Kardinal in den Grund hinab, legte, mit einer
Kelle und einem Hammer von Silber versehen, in Gegenwart der Reichsfürsten mit aller Feyerlichkeit
den ersten Stein und der Kardinal den zweyten, aufweichen der dritte mit folgender Inscription folgte:

Jesu Christo Sacrum.
D. Maximiiianus Romanorum Caesar
Augustus Ad III. Idus. Julias. A
Fundamentis Lapidem
Hunc primum posuit Anno MD.»

1 Als Parallelerscheinung erwähne ich Dürers Vorzeichnung zu seinem berühmten Kupferstich (B. 1) von Adam und
Eva, die auf der Auktion Lanna 1910 von Pierpont Morgan um 65.000 Mark erworben wurde (L. 173). In diesem Falle
diente die sicher von Dürers Hand herrührende Anlegung des Grundes dem Künstler dazu, die Konturen bei Haltung des
Blattes gegen das Licht auf der Rückseite transparent hervortreten zu lassen und so ein direktes Übertragen auf die Kupfer-
platte, ohne Übersetzung in den Gegensinn zu ermöglichen.

2 Die Lesung im Auktionskatalog ist falsch. Ebenso ist die dort geäußerte Vermutung, daß der Entwurf für ein
geplantes Denkmal in der Hofkirche zu Innsbruck bestimmt war, nicht stichhaltig.

3 III. Band (1814), S. 126.
 
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