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Kunsthistorische Sammlungen des Allerhöchsten Kaiserhauses <Wien> [Hrsg.]
Jahrbuch der Kunsthistorischen Sammlungen des Allerhöchsten Kaiserhauses (ab 1919 Jahrbuch der Kunsthistorischen Sammlungen in Wien) — 31.1913-1914

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I. Teil: Abhandlungen
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Baldass, Ludwig: Hans Burgkmairs Entwurf zu Jörg Erharts Reiterbildnis Kaiser Maximilians I.
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https://doi.org/10.11588/diglit.6178#0382
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362

Ludwig von Baldass. Hans Burgkraairs Entwurf zu Jörg Erharts Reiterbildnis Kaiser Maximilians 1.

Ich glaube, daß es erlaubt ist anzunehmen, daß ebenso der Einzclholzschnitt wie das Blatt der
Genealogie unbedingt vor der Zeichnung entstanden sind und Burgkmair aus seinem idealsten und
seinem getreuesten Kaiserbildnis den Entwurf zu dem Monumente komponierte.1 Die Hand Burgkmairs
ist in diesem nicht zu verkennen. Er ist natürlich detaillierter gehalten als die übrigen bekannten Zeich-
nungen des Meisters, die nur für seinen eigensten Gebrauch bestimmt waren; aber in der Führung von
Feder und Pinsel erkennen wir dieselbe Art wie in den vier großzügigen Heiligenfiguren des Louvre,
den Vorstudien zum berühmten Münchner Kreuzigungsaltar von 1518. Von den Holzschnitten, aus
denen Burgkmair seine Zeichnung komponierte, ist nur der berühmte Golddruck des Reiterbildnisses
1508 datiert. Für die Genealogie sind wir an eine hypothetische Datierung gebunden. Immerhin hat
schon Laschitzer mit Recht darauf hingewiesen,2 daß unter den 92 Bildern, für die Dr. Peutinger im
Jahre 1510 Burgkmair bezahlt hat,3 die 77 Blätter Genealogie einbegriffen sein dürften. i3 Blätter wären
auf den Thcuerdank, 2 auf den Weißkunig4 entfallen. Um das Jahr 1510 dürfte also die Zeichnung
entstanden sein. Am 20. Oktober 1509 kam der roh behauene Stein für das Reiterdenkmal nach Augs-
burg. Was lag näher, als daß sich der Kaiser oder Bischof Heinrich IV. oder der Dr. Peutinger nun-
mehr an Burgkmair wandten, der bereits ein Reiterbildnis des Kaisers für den Holzschnitt entworfen
hatte und nun mit einer großen Zahl von Arbeiten für Maximilian beschäftigt war. Dieser Meister hat
nun den Entwurf für die weitere Ausarbeitung des Monuments durch den Bildhauer Jörg Erhart
geliefert. Einem Wunsche Erharts, der sich als Holzschneider einer komplizierteren Schwerpunkt-
verschiebung nicht gewachsen fühlte, entsprach wohl Burgkmair mit der auffallend ruhigen Haltung
des Pferdes, dessen Schwerkraft gleichmäßig auf allen vier Beinen liegt.5 Um die statuarische Wirkung
des Ganzen besser beurteilen zu können, wurde dann auch der Grund schwarz angelegt, vielleicht sogar
von der Hand Jörg Erharts. Die Abbildung des Denkmals auf dem Stiche bei Braun6 ist leider zu klein,
daß wir nicht beurteilen können, wie stark sich der Bildhauer an den Entwurf gehalten hat. Es ist
schließlich noch zu bemerken, daß die zahlreichen kleinen Steinreliefs seines Schülers Hans Daucher,
die Reiterbildnisse darstellen,7 höchstens von Burgkmairs Einzelholzschnitt, der dann 15 18 durch Jost
de Negker allgemein verbreitet wurde, inspiriert sind, mit dessen Vorzeichnung zu Erharts Monument
aber keine Verwandtschaft zeigen.

1 Beide Blätter zeigen den Kaiser im gleichen Sinne wie der Entwurf.

2 Jahrbuch VII, S. 40.

3 Jahrbuch XIII, Regest 8581.

4 Es ist nicht ausgeschlossen, daß auch das erwähnte Blatt des Weißkunigs vor der Zeichnung entstanden ist, nicht
nur weil es ebenfalls im gleichen Sinne wie diese geschnitten ist, sondern auch weil Burgkmair später kaum mehr den Ent-
wurf besessen haben dürfte und daher aus dem Kopfe die Haltung der Arme und ihrer Attribute nachgeschaffen haben müßte.

s Anlehnungen an eines der berühmten Reiterdenkmale der italienischen Frührenaissance oder an italienische Medaillen
finden sich bei Burgkmairs Entwurf nicht.

6 Geschichte der Kirche und des Stiftes St. Ulrich und Afra, Augsburg 1817.
' Vgl. S. 3l9 f. dieses Jahrgangs.
 
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