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Kunsthistorische Sammlungen des Allerhöchsten Kaiserhauses <Wien> [Hrsg.]
Jahrbuch der Kunsthistorischen Sammlungen des Allerhöchsten Kaiserhauses (ab 1919 Jahrbuch der Kunsthistorischen Sammlungen in Wien) — 33.1916

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I. Theil: Abhandlungen
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Glück, Gustav: Jugendwerke von Rubens
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https://doi.org/10.11588/diglit.6168#0037
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Jugendwerke von Rubens

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erkannt, eine Bestimmung, die nach der Betrachtung, der eben besprochenen Gemälde des Meisters nie-
mandem mehr zweifelhaft sein kann. Auch hier zeigt das Pferd genau die Haltung des ersten Typus
der Reitschule. Der Reiter selbst, ein junger, hübscher, nach der Mode des spanischen Hofes ge-
kleideter Kavalier, ist nicht gerüstet wie jene Erzherzoge und trägt auch weder Orden noch Ab-
zeichen; es ist wohl eine Privatperson aus den vornehmsten Ständen. Justi hat, der Uberlieferung des
Adelshauses folgend, in dessen Besitz das Bild sich befindet, an jenes Herzogs von Lerma Sohn ge-
dacht, der von seinem Schwieger-
vater den Titel eines Herzogs von
Infantado geerbt hat. Wenn sich
auch für diese Vermutung kaum
nähere Beweise finden dürften, so
möchten doch auch wir den Dar-
gestellten für einen Spanier halten.
Denn die Landschaft des Hinter-
grundes hat deutlich den Charak-
ter der spanischen Hochebene, den
aber Rubens auch noch nach der
Erinnerung getroffen haben könnte.
Der Vergleich mit dem Reiterbild-
nisse des Herzogs von Lerma
spricht nicht für die Annahme,
auch dieses Bild sei in Spanien
gemalt worden. Nach dem Ty-
pus des Pferdes dürfte es eher
nach Rubens' Rückkehr in die
Heimat entstanden sein.

Es muß endlich noch ein
großes Reiterbildnis von Rubens
aus dieser frühen Zeit gegeben
haben, in dem der zweite Typus
der Reitschule verwendet wor-
den ist. Davon zeugt eine kleine
Kopie, die sich in der Gemälde-
galerie der Akademie der bilden-
den Künste in Wien befindet (Fi-
gur 22). Das Pferd ist diesmal ein
Scheck, der in der prächtigen Zeichnung dem des dritten Typus der Reitschule sehr ähnlich
ist. Im übrigen stimmt die Haltung von Reiter und Pferd völlig mit dem zweiten Typus überein-
Der Reiter, der trotz der Profilstellung des Pferdes den Beschauer anblickt, ist barhäuptig und
gerüstet, hat Kommandostab und Feldherrnschärpe. Sein Helm mit hoher weißer Feder wird ihm
von einem Knappen nachgetragen, der rechts hinter dem Pferde sichtbar wird. Die Landschaft
des Hintergrundes scheint, soweit wir sehen können, eher spanisch als niederländisch zu sein. Im
Kataloge der Akademie wird das Bild als Porträt Philipps IV. bezeichnet, der aber zu der Zeit, da das
Original entstanden sein muß, nicht mehr als vier bis fünf Jahre alt gewesen sein kann. Der Kopf
hat ja auch in der Tat kaum eine Ähnlichkeit mit den Zügen des königlichen Gönners des Ve-
lazquez. Der starre Ausdruck der Augen, die herabhängende Nase und der aufgeworfene Mund er-
innern uns eher an Erzherzog Albert; wir könnten vielleicht in diesem Bilde ein zweites Reiter-
porträt dieses Erzherzogs erkennen, wenn nicht das kleine Format die Beurteilung der Ähnlichkeit
allzu sehr erschweren würde.

Fig. 22. Nach Rubens, Reiterbildnis.
Wien, Akademie der~bildenden Künste.
 
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