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Kunsthistorische Sammlungen des Allerhöchsten Kaiserhauses <Wien> [Editor]
Jahrbuch der Kunsthistorischen Sammlungen des Allerhöchsten Kaiserhauses (ab 1919 Jahrbuch der Kunsthistorischen Sammlungen in Wien) — 33.1916

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I. Theil: Abhandlungen
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Planiscig, Leo: Geschichte der venezianischen Skulptur im XIV. Jahrhundert
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https://doi.org/10.11588/diglit.6168#0119
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Geschichte der venezianischen Skulptur im XIV. Jahrhundert.

I I I

Die gleiche Darstellung des thronenden und segnenden Christus kehrt an einer großen
Anzahl venezianischer Reliefs wieder, die hauptsächlich von Grabdenkmälern herstammen, wo dieses
Motiv in der Mitte der Vorderwand verwendet wurde. Dem Stile nach gehören sie den vierziger
Jahren an. Einige dürften aber bereits die Mitte des Jahrhunderts überschritten haben. Auch hier
muß hervorgehoben werden, daß derartige Darstellungen,, auch stilistisch, zu den Werkstattrequi-
siten der venezianischen Tajapiera gehörten, somit schablonenhaft immer wieder reproduziert
wurden. Nur einige davon mögen hier Erwähnung finden:

a) Relief mit dem thronenden Christus. Wien,
Estensische Sammlungen (Fig. 74).1 Die rechte Hand im
Segengestus erhoben, die linke (lädiert) auf ein Buch gestützt.
Zu beachten sind die Falten des Gewandes, die, wie bei den
Madonnendarstellungen und am Architrav von Vicenza, von
den Knien abfließend, auf dem Boden sich noch einmal um-
biegen.

b) Relief mit dem thronenden Christus. Venedig,
im Hofe des Museo Correr, Nr. 72 (Fig. y$).2 Dieselbe Dar-
stellung. Man vergleiche die Architektur des Thrones, auf
dessen Rücklehne hier aufsteigende gotische Krabben angebracht
sind, mit jener des vorhergehenden Estensischen Reliefs. Auf
dem Vicentiner Beispiel fehlt die Thronlehne.

c) Relief mit dem thronenden Christus im Schloß
Liechtenstein bei Mödling.3

d) Relief mit dem thronenden Christus und dem
hl. Johannes. Wien, Estensische Sammlungen (Taf. XVII).4 Teilweise fragmentarisch; links
wäre noch eine Heiligenfigur zu erwarten. Besonders reich ist die Architektur des Thrones, dessen
Rückenlehne durch zwei Spitzbogenreihen gegliedert ist. Der hl. Johannes erinnert an die Figu-
ren der Gradenigo-Arca. Stilistisch ähnlich ist auch ein Relief aus dem Jahre 1346 im Museo
Civico zu Treviso (Fig. 83) und ein anderes Relief der Estensischen Sammlungen, ein hl.
Johannes, der von der Ecke eines Sarkophages stammen dürfte (Fig. 76).5 Um 1350.

e) Sarkophag eines Unbekannten im Kreuzgang von Sto. Stefano zu Venedig
(Fig. 77). Als Mittelrelief der Vorderwand der thronende Christus. An den Ecken die Verkün-
digungsszene.6 Dieser Sarkophag wird in der Literatur 7 irrtümlicherweise jenem Andrea Contarini
zugeschrieben, der mit Vittore P'tsano und Carlo Zeno die Republik im Kampfe mit den Genuesen,
mit den Ungarn und mit dem Patriarchen von Aquileja rettete. Contarini starb im Jahre i382. Seine
kriegerischen Taten haben, meiner Ansicht nach, in späteren Zeiten dazu geführt, diesen Sarkophag

Fig. 75. Thronender Christus
Venedig, Museo Correr.

1 19 E 119; Marmor; 60'5 X 27'5 cm- Gesicht lädiert. Spuren einer alten Polychromierung: Nimbus, Ränder des
Buches und Mantelknopf Gold. Am Nimbus Spuren einer alten roten Bemalung.

2 Diese Christusdarstellung, thronend, mit der erhobenen Rechten und einem Buche in der Linken, rinden wir auch
am B. Enrico-Grabmal zu Treviso, jedoch in einer dem ursprünglichen byzantinischen Typus viel ähnlicheren Form als
etwa in den hier angeführten Beispielen, bei denen der toskanische Einfluß viel stärker und unter besonderen Prämissen ge-
wirkt hat. — Dieses Relief im Museo Correr habe ich bereits in meinem a. a. O. erwähnten Aufsatz über das Grabmal des
B. Enrico besprochen.

3 Im Schlosse Sr. Durchlaucht des Fürsten von und zu Liechtenstein bei Mödling befinden sich mehrere Reliefs,
dem Stil nach venezianischer Herkunft. — Das genannte Stück ist dem unter b aus den Estensischen Sammlungen ange-
führten sehr ähnlich. Man vergleiche die Behandlung der Haare und jene der Gewänder. Beide Stücke gehören der vene-
zianischen Skulptur am Ende der vierziger Jahre des Trecento an.

4 888 E 119; weißer Marmor; 53-5X51 cm. Am Buche Christi Spuren einer alten Vergoldung.

5 qo3 E 141; weißer Marmor; 67 X ]9 cm- Spuren alter und neuer Vergoldung am Nimbus, am Kreuze und
am Buche.

6 Der Verkündigungsengel erinnert stark an den Engel der Estensischen Sammlungen (Taf. XIV), die Christusfigur an
das Estensische Relief (Taf. XVII).

' Fulin-Molmenti a. a. O., p. 168; Gabelentz a. a. O., S. 247.

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