Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Kunsthistorische Sammlungen des Allerhöchsten Kaiserhauses <Wien> [Hrsg.]
Jahrbuch der Kunsthistorischen Sammlungen des Allerhöchsten Kaiserhauses (ab 1919 Jahrbuch der Kunsthistorischen Sammlungen in Wien) — 33.1916

DOI Heft:
I. Theil: Abhandlungen
DOI Artikel:
Peltzer, Rudolf Arthur: Hans Rottenhammer
DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.6168#0346
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
334

Rudolf Arthur Peltzer.

leuchtungseffekten ganz in dem Sinne gehalten ist wie etwa auf Elsheimers Bildchen «Jupiter und
Merkur bei Philemon und Baucis».

Außer Elsheimer muß auch Hendrik van Baien, der spätere Lehrer van Dycks, damals in
Italien von Rottenhammers Kunst einen starken und bestimmenden Eindruck erhalten haben; denn
auf andere Weise läßt sich die große Ähnlichkeit ihrer Werke kaum erklären. Gehen doch zahl-
lose Bilder des Baien unter Rottenhammers Namen.1 Baien war elf Jahre jünger als unser Meister.
Als sein Lehrer in Antwerpen wird, wohl irrigerweise,2 Adam van Noort angegeben. Im Jahre 1592
wurde er Freimeister. Dann fehlen Nachrichten über ihn bis zum Jahre 1602. In der Zwischen-
zeit muß Baien in Italien gewesen sein; daß er in Rom war, ergibt sich schon aus seiner späteren
Zugehörigkeit zur Bruderschaft der Romanisten.3 In seinen kleinen Kupferbildern behandelt Baien
dieselben biblischen und mythologischen Vorwürfe wie Rottenhammer. Das Verhältnis der Figuren
zur Landschaft, der Aufbau der Komposition, die Typen der Figuren, namentlich der Kinder, das
Anhäufen von Detail, die kleinliche Ausführung, alles das entspricht ganz der Manier Rottenham-
mers. Sein Kolorit hat ähnliche bunte Töne, aber mit mehr hellen Lichtern und vorwiegend braunen
Schatten.4 Bei genauerem Vergleich mit signierten frühen Bildern Baiens erkennt man jedoch, ab-
gesehen von dieser Verschiedenheit in der koloristischen Behandlung, auch feine Nuancen in der
Bildung der Frauenkörper, zumal der Köpfe. Seine Gestalten sind nicht so untersetzt und die
Muskulatur ist stärker betont, als es bei den glatten Akten Rottenhammers zu sein pflegt. Die
Köpfe sind länger und zierlicher, die Nasen lang und schmal, die Augensterne kleiner gebildet;
auch ist der Gesichtsausdruck mannigfaltiger. Als Probe bilden wir hier den schönen, irrtümlich
Rottenhammer zugeschriebenen Baien aus dem Museum zu Angers ab (Fig. 25), eine Götter-
mahlzeit, wie sie Baien außerordentlich oft, vielleicht durch Rottenhammers 1600 gemaltes Bild
angeregt, produziert hat.5 Der Beweis der Zuschreibung wird für dieses Bild durch eine Gegenüber-
stellung mit der signierten und 1608 datierten «Hochzeit des Peleus und der Thetis» in Dresden
erleichtert; einige der Göttergestalten weisen hier fast übereinstimmende Typen auf.

B. Die Werke der Augsburger Zeit. 1606—1625.

1. Kabinettsbilder.

Die Rückkehr nach Deutschland bildet nicht nur einen Wendepunkt in Rottenhammers Lebens-
geschichte, sie war auch von entscheidendem Einfluß für die weitere Gestaltung seines künstlerischen
Schaffens. Unter der günstigen Einwirkung des venezianischen Milieus hatte sich sein Talent frei
entfalten können. In der nüchternen, kleinlichen Atmosphäre der nordischen Reichsstadt büßte er
sehr bald seine künstlerische Schwungkraft ein. Der reichliche Geldverdienst, den ihm seine Berühmt-
heit eintrug, mußte bei dem Mangel rivalisierender Mitbewerber sein künstlerisches Gewissen ein-
schläfern und ihn verleiten, vieles durch seine Söhne und Schüler ausführen zu lassen. Dazu kamen
dann noch in den letzten Lebensjahren Nahrungssorgen, die hemmend auf sein Schaffen einwirkten.

1 So in Angers (Fig. 25), Haag, Pommersfelden, Stuttgart, Valenciennes und Wiesbaden; siehe Verz. III, Nr. I, 21, 22,
27, 35, 36, 42 u. 45. In Dresden, Kopenhagen, Wiesbaden und anderen Galerien sind die früher üblichen Zuweisungen der
Figuren Balenscher Bilder an Rottenhammer erst in letzter Zeit gestrichen worden.

2 Vgl. hierzu Wurzbach, Niederländisches Künstlerlexikon, Nachtrag, S. 16.

3 Wurzbach a. a. O., 1. Bd., S. 48; Th ieme-Becker, Künstlerlexikon, Bd. II, S. 406.

4 Es sei hingewiesen auf das Frühwerk «Die Himmelfahrt Mariens» in der Wiener Galerie und auf die Mannalese und
das Quellwunder in Braunschweig. Sehr merkwürdig ist die Verwandtschaft dieser Kompositionen, zumal in den Typen, mit
Elsheimers Frühwerken.

5 Göttermahlzeiten von Baien sind außer in Angers in Aix, Dresden (2), Erlangen (Nr. 29, früher Pinakothek), Haag,
Paris (Louvre), Prag (Nostitz), Schwerin (Kopie), Stockholm und Wien (Liechtenstein); Handzeichnungen in München
(Graphische Sammlung) und Chatsworth. — Manchmal wird auch Hendrik de Clerck mit Rottenhammer verwechselt,
so in Paris, Berlin, Antwerpen und Innsbruck; vgl. Verz. I, Nr. 4, Verz. III, Nr. 11, 22, 27, 32 u. 54. Bezüglich der
Francken siehe Verz. III, Nr. 47 u. 52.
 
Annotationen