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Deutsches Archäologisches Institut [Hrsg.]; Archäologisches Institut des Deutschen Reiches [Hrsg.]
Jahrbuch des Deutschen Archäologischen Instituts: JdI — 15.1900

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Lucas, Hans: Die Reliefs der Neptunsbasilica in Rom
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https://doi.org/10.11588/diglit.41310#0051
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Lucas, Die Reliefs der Neptunsbasilica in Rom.

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z. B. im Vatikan, Kandelabergalerie n. 145, Chiaramonti n. 580, eine Statue des
Palazzo Doria (Raoul-Rochette, Mon. ined. pl. 76, 2, Reinach, Repert. I 459, 5, Matz-
Duhn I n. 1208). Andrerseits haben wir freilich einen solchen Knoten auch bei
einem in zahlreichen Varianten vorliegenden Venustypus, wo er den Mantel um die
Hüften der oberhalb nackten Göttin zusammenfafst84. Über die Plerkunft dieses
Typus, ob er ebenfalls alexandrinischen Ursprung haben kann, wage ich kein Urteil
abzugeben. Bei alledem, trotz der Vorsicht, mit der wir uns auf diesem noch nicht
genügend beleuchteten Gebiet bewegen müssen, halten wir es doch für möglich,
dafs der Künstler des Nationenreliefs H eine Aegyptus hat darstellen und dies durch
das angewandte Kleidungsmotiv zum Ausdruck bringen wollen. Die Haare könnten
uns ja freilich wieder stutzig machen, da sie nicht genau so gebildet sind, wie wir
sie oben als charakteristisch für Africa, besonders für Ägypten gefunden haben.
Dagegen liefse sich aber wieder einwenden, dafs diese Bildung durchaus nicht
consequent stattfindet. Der Isis z. B. wird öfter die gewöhnliche griechische, leicht
gelockte Haartracht verliehen (Reinach, Repert. I 609fr., II 420ff.) als die ägyptische.
Eine gewisse Verwandtschaft aber der Haarbildung unsres Reliefs mit der ägyptischen
läfst sich nicht abstreiten. Die Locken sind kräftig geringelt, ziemlich kurz und
fallen nicht bis auf den Nacken nieder. Es ist also wohl nicht ausgeschlossen, dafs
unser Künstler, vielleicht ein anderer als der des Reliefs N, in seiner Weise die
ägyptische Frisur hat zur Erscheinung bringen wollen.
Bei der Figur L hat Petersen an eine Britannia gedacht. Das ist gewifs
möglich. Doch würde ich mir dieses Volk des hohen Nordens lieber barbarenhaft
wild vorstellen, wie unsre Germania P, wie sie denn auch bei Claudian tätowiert
und mit den Exuvien eines Bären erscheint85. Unsre reichgeschmückte Nation L
dagegen macht einen kultivierteren Eindruck; ich möchte in ihr ein entwickelteres
Volk erkennen, das schon lange zum festen Bestände des Reiches gehört, am
liebsten eine Hispania86, die ja dem römischen Reiche schon mehrere vortreffliche,
kriegerische Kaiser geschenkt und der daher die volle Rüstung wohl anstehen
würde. Dann darf man in dem härenen Unterkleid, das an den Schultern zum
Vorschein kommt, eine Anspielung auf den Schafreichtum und die berühmte Woll-
industrie Spaniens87 finden.
Für die Reliefs AEG (welches in früherer Zeit ganz unberechtigter Weise
den Namen Dacia trug), M und Q sind wir nicht im stände, einen irgendwie zu
begründenden Namen vorzuschlagen. Zum Schlufs mögen noch einmal die Namen

84) Wohl am bekanntesten Helbig, Führer I- n. 260.
Zahlreiche Beispiele bei Reinach, Repert. I 321 bis
330, II 339. 340. 357. 35S.
8b) Carm. XXII 247 ff.:
Inde Caledonio velata Britannia 7nonstro,
Ferro picta genas, cuius vestigia verrit
Caeriilus Oceanique aestum mentitur amictus.
Das Caledoiiium monstrum wird am besten (nach

Martial de spect. 7, 3) von einem Bären ver-
standen. Über die Britannier vgl. noch Forbiger,
Handb. d. alten Geographie III 273!., Purgold,
Archäol. Bern, zu Claudian u. Sidonius S. 19.
86) Eine Hispania beschreibt Claudian c.XXII, 228ff.
Über die Hispanier Forbiger a. a. O. S. 23 ff.
87) Plin., Nat. hist. 8, 191; Blümner, Maximaltarif
des Diocletian S. 167.
 
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