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Deutsches Archäologisches Institut [Hrsg.]; Archäologisches Institut des Deutschen Reiches [Hrsg.]
Jahrbuch des Deutschen Archäologischen Instituts: JdI — 33.1918

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Bieber, Margarete: Der Chiton der ephesischen Amazonen
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https://doi.org/10.11588/diglit.44572#0061
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Margarete Bieber, Der Chiton der ephesischen Amazonen.

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DER CHITON DER EPHESISCHEN AMAZONEN.
Hierzu Tafel I—III.
Über die Form des Chitons zur Zeit der klassischen griechischen Kultur und
Kunst ist eine falsche Anschauung verbreitet. Ihr unschuldiger Urheber ist Stud-
niczka. In seinen Beiträgen zur Geschichte der altgriechischen Tracht, die
das Beste sind, was bisher über die griechische Gewandung geschrieben
worden ist, hat er neben den vorzüglichen und absolut zutreffenden Aus-
führungen über den Peplos auch den Chiton behandelt, jedoch nur den
Chiton der archaischen Zeit. Diesen hat er richtig gezeichnet (S. 13 Fig. 7,
danach Abb. 1 a) und beschrieben als »ein aus zwei gleichen, rechteckigen,
allenfalls auch trapezförmigen Zeugstücken zusammengenähter, nach unten offener
Sack , dessen obere Naht in der Mitte (E F), dessen beide Seitennähte zu oberst
(A G, B H) Öffnungen frei lassen für das Durchstecken von Kopf und Armen«. Die
Beschreibung paßt auch auf einige Männer-Chitone der klassischen Zeit. Ein gutes,
klares Beispiel bietet der Epimetheus auf der Vase mit der Geburt Pandoras in Ox-
ford T), bei dem die Borte, die den oberen Saum des Chitons (ebenso wie seinen unteren)
verziert, auf dem Oberarm endet. Man erkennt auch, daß der Chiton eng ist, also
dem Schema Studniczkas entspricht. Dieselbe Grundform kommt dann frühestens
seit der Zeit Alexanders des Großen vereinzelt auch wieder für Frauen vor. Das älteste
mir bekannte Beispiel ist das Grabrelief der Lysistrate aus Athen in Berlin 2), das
wohl kurz vor dem Luxusgesetz des Demetrios, also gegen Ende des 4. Jahrhunderts
entstanden ist. Die auf dem Oberarm liegenden Ecken zwischen oberem und seit-
lichem Saum (A und B) sind oberhalb des letzten der Knöpfe, die die beiden oberen
Säume miteinander verbinden, durch kleine Kugeln beschwert und verdeutlicht.
Häufiger wird die Form in hellenistischer Zeit, die oben enge und unten weite Chitone
liebt. Sie waren wohl aus zwei trapezförmigen Stücken zusammengesetzt, was Stud-
niezka (a. oben a. O.) schon für archaische Zeit für möglich hält. Ein Musterbeispiel
des hellenistischen Chitons trägt die Adrasteia am Südfries des Pergamener Altars 3).
Auch hier liegen die Kugeln der Ecken auf dem Oberarm. Man sieht deutlich, wie
von ihnen aus der Rand des Armloches um den Arm herum und unmittelbar in die
Seitennaht übergeht, in deren Zuge er liegt. Er verläuft, wie es in der archaischen Zeit
die Regel ist, schräg von außen unten nach innen oben, so daß der äußere Teil des
Armes länger bedeckt ist als der innere. Diese Linie ist nicht schön und auch nicht
die Regel. Sie kommt in klassischer Zeit außer für ganz kleine Mädchen am weiblichen
Chiton, soviel mir bekannt, überhaupt nicht vor. Vielmehr verläuft an diesem der
Rand des Armloches umgekehrt schräg von außen oben nach innen unten bis zu
dem schönen, umgebrochenen Bogen, den der Bausch unter den Armen zu bilden

’) G. Gardner, Journal oi hellenic studies XXI 1901,
1 ff. Tai. I. Jane Harrison, Prolegomena to the
study of Greek religion 280 f. Fig. 71. Studnicz.ka
Arch. Jahrh. XXVI 1911, 108 ff. Abb. 38.
j) Conze, Beschreibung der Skulpturen des Berliner
Jahrbuch des archäologischen Instituts ΧΧΧΠΙ.

Museums Nr. 739. Attische Grabreliefs I 68
Nr. 304 Taf. LXXII.
3) Winnefeld, Altertümer von Pergamon III 2, 19 f.
Taf. II; vgl. auch die Doris an der nördlichen
Treppenwange der Westseite ibid. 88 f. Taf. XXII.
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