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I. Einleitung

"L'evidenza si manifesterä in primo luogo a chi considera che, siccome da Simo-
nide la pittura vien detta una poesia muta, e secondo Piatone, l'essenza di essa e la
favola"i.

Das Diktum des frühgriechischen Lyrikers Simonides lautet von Plutarch über-
liefert vollständig: "Indes bezeichnet Simonides die Malerei als schweigende Dich-
tung, die Dichtung aber als sprechende Malerei"2. Winckelmann, der sich dem all-
gemeinen Verständnis dieses Diktums anschließend "Malerei" mit bildender Kunst
gleichsetzt, zitiert nur den ersten Teil des Diktums und präzisiert das antike Ver-
ständnis von Dichtung mit Piaton: Das Wesen der Dichtung liegt in der Fabel, im
dargestellten Mythos, oder platonisch gesprochen im Erfinden, im Zusammensetzen
eines Mythos, denn Piaton spricht im "Phaidon" (61 b) von iroieiv /ivdovs.

Winckelmann zitiert und verkürzt das Diktum nicht in der seit der Renaissance
üblich gewordenen Formel des Horaz "ut pictura poesis". Wohl weist in "De arte
poetica" die syntaktische Stellung des "ut pictura poesis" auf den topischen Charak-
ter des Vergleichs von Dichtung und Malerei hin, der Kontext3 jedoch zeigt, daß Ho-

Zur Zitierweise:

Winckelmann wird zitiert (s. Literaturverzeichnis) nach den Faksimiledrucken der Originalausgaben
(nur mit Bandangabe und Seitenzahl), nach der Gesamtausgabe, hrsg. von Joseph Eiselein ("Eiselein,
Bd. ...") und den Kleinen Schriften, hrsg. von Walter Rehm ("Kleine Schriften ..."); die Briefe werden
nach der Ausgabe Diepolder/Rehm zitiert ("Briefe, Bd...."). Lessing wird, wenn nicht anders vermerkt,
nach der Rilla-Ausgabe zitiert ("Lessing, Bd. ...").

1 Winckelmann, Bd. VII, Prefazione, S. (XVIII)

2 Plutarchos von Chaironeia (um 46-127 n.Chr.) zitiert in seinem Frühwerk "De gloria Atheniensium"
Simonides von Keos (556 - um 468 v.Chr.), in: Plutarch's Moralia, in fifteen Volumes, IV, with an
English Translation by Frank Cole Babitt, London (1936, 1957) 1962, 346 F.

Weitere Stellenangaben des Simonideszitates bei Wilhelm Schmidt und Otto Stählin, Geschichte der
griech. Literatur, Teil 1, Bd.l. München 1929, S.516, Anm.6 (=Hdb.d. Altertumswiss.Abt.VII,l,l).
Zur Überlieferungsweise des "ut pictura poesis des Simonides" vgl. Ulrich von Wilamowitz-Moel-
lendorff, Sappho und Simonides. Untersuchungen über griech. Lyriker, Berlin 1913, S.149 (=unver-
änderter Nachdruck, Berlin, Zürich und Dublin 1966).

3 Horatius: De arte poetica, 361-365:
"ut pictura poesis:

"Das Gemälde gleicht dem dichterischen Kunstwerk:

erit quae, si propius stes

das eine wird dich, wenn du näher stehst,

te capiat magis, et quaedam, si longius abstes;

mehr fesseln, das andere bei größerem Abstand,

haec amat obscurum, volet haec sub luce videri,

dieses liebt das Dunkle, jenes will bei Lichte betrachtet werden,

iudicis argutum quae non formidat acumen;
 
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