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Karo, Georg
Fuehrer durch Tiryns — Athen, 1934

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https://doi.org/10.11588/diglit.14546#0046
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42

Burgmauern, das Löwentor und das Atreusgrab entstammen. In
Tiryns ist K. Müllers I. Burg noch verhältnismäßig bescheiden,
an Ausdehnung der mittelhelladischen kaum überlegen ( nicht
ganz 100 zu etwa 70 m); nur die starken, schönen Festungsmaueru
bezeugen den neuen Aufschwung. Die II. Burg (Tafel IV links unten)
bringt eine bedeutende Erweiterung, offenbar unter dem Einfluß
von Mykenai, dessen Löwentor dem tirynthischen als Vorbild
diente (oben S. 15 f.). Gegenüber der I. Burg war das nutzbare Areal
mehr als verdoppelt und zudem, au Stelle verschieden hoher
Terrassen, eine fast einheitliche Fläche geschaffen; denn vom Süd-
ende der Oberburg bis zu deren damaliger Höhe betrug die Stei-
gung wenig mehr als 1 m, die Mittelburg lag etwa 2 m tiefer. So
war reichlich Raum vorhanden für weitläufige Palastbauten.
Leider wissen wir wiederum allzu wenig von ihnen: ein paar
Mauerstücke, zahlreiche Fragmente des reichen Freskenschmuckes
(G. Rodenwaldt, Tiryns II 1 ff., darunter auch ältere Stücke). Kurt
Müller setzt die II. Burg, wohl etwas zu spät, ins XIV/XIII. Jahrh.;
ich würde das Haupttor nicht unter 1350 v. Chr. herabrücken.

Eine klare Vorstellung der fürstlichen Wohnbauten
bietet erst die III. Burg. Sie übertrifft ihre Vorgängerin an Umfang
wieder um das Doppelte (reichlich 16 000 gegen rund 8 000 qm),
wovon freilich die Hälfte auf die unbewohnte Unterburg und die
fortifikatorischen Anbauten im Osten, Süden und Westen entfällt.
Diese großartige Neuschöpfung sprengt die Fesseln der älteren
Anlagen, die ganze Oberburg wird nun vom Palaste des Fürsten
eingenommen, dessen Außenwände z. T. auf alten Burgmauern
stehen. Das ausgehende XIII. Jahrh., für Kreta eine Zeit tiefen
Niedergangs, auch in Mykenai wohl nicht mehr ein Höhepunkt
der Macht, bringt Tiryns die glänzendste Entfaltung.

Abgesehen von den Bauten ist in dieser Blütezeit vor allem
die Wandmalerei bemerkenswert. Bei der gründlichen Zerstörung,
der sowohl der ältere wie der jüngere Palast von Tiryns zum Opfer
fielen, ist naturgemäß von dem kostbaren Hausrat nichts gefunden
worden. Aber Tausende von Freskenfragmenten lassen uns die
bunte Pracht der Wände wenigstens ahnen. Zu den zahlreichen
von Schliemann und Dörpfeld gefundenen Stücken (Dörpfeld,
Tiryns 338 ff. Taf. 5 ff.) kommt die große, von K. Müller und
G. Rodenwaldt 1909 entdeckte Masse (Tiryns II 1912), die bei
 
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