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durch eine größere Volksschar. Lm Laufe des 4. Jahrhunderts jedoch bricht diese burgundische Besiedlung ab.
Der Strudel der geschichtlichen Völkerwanderung, die ja nicht erst mit dem Hunneneinfall in Europa beginnt,
reißt auch die Burgunden mit nach Westen, wo sie spater auf den Trümmern von Worms ihre sagenverklarte
Königsherrlichkeit Gunthers, Giselhers und Grimhilds aufrichten. Der Niederbarnim verödet nun fast ganz,
wenn sich auch eine schwache Restbevölkerung hier und dort gehalten haben mag, von der wir bisher allerdings
keine Fundkunde aus dem Kreisgebiet besitzen. Das letzte Zeugnis germanischer Ansiedler im Kreise ist eine
12 Frankenaxt von Oranienburg-Lehnitz, jene gefürchtete Wurfwaffe, die einem der großen Kampfbünde jener
Zeit den Namen gegeben hat. Mit diesem Denkmal der Merowingerzeit verklingt das eiseme Zeitalter germa-
nischer Kultur in der Heimat, die nun unter dem Einfluß eines feuchter werdenden Klimas der Heide und
Waldwildnis, der Mooröde und dem Bruchdickicht zum Opfer fallt.
Erst nach Jahrhunderten der Vergessenheit und Menschenleere entdecken die liutitzischen Slawen das Gebiet
zwischen Oder, Spree und Havel von neuem. Die Spärlichkeit der Funde spricht für eine äußerst schwache Be-
siedlung des urwaldbeherrschten Landes, die Dürftigkeit der Hinterlassenschaft für den kulturellen Rückstand
ihrer einstigen Besitzer. Die Siedlungen überziehen nur dünn den Nordteil des Kreises und die Südspitze längs
der Fließgrenzen. Neben den rohen Feuersteingeräten, ärmlichen Knochenwerkzeugen und groben Gefäßen mit
meist unsorgfältigen, aber dafür ost um so reicherem Schmuck erscheint die Elchgeweihaxt von Oranienburg fast
als Prunkstück. Zweifellos ist durch die unmittelbar folgende deutsche Kultur ein erheblicher Teil der sla-
wischen Kultur aufgesogen und umgewertet worden, so daß er für uns heute nicht mehr greifbar ist. Aber der
Befund der von den Slawen wiederbesetzten illyrischen Burgwälle, die zumeist weltabgeschieden blieben, be-
stätigt nur das Bild der materiellen Dürftigkeit und kulturellen Unentwickeltheit, wie das Fundergebnis des
einzigen bisher wissenschaftlich untersuchten Burgwalls bei der Spitzmühle erkennen läßt. Allerdings waren
die Siedlungsbedingungen im damaligen Barnim infolge der Verwilderung des Landes besonders ungünstig.
Als es sich zur Zeit des„KnäöJakza vonCopnik" zu staatlichem Eigenleben zu erheben begann, wurde es durch
das Vorrücken der askanischen Grenze zu gefährdetem Grenzgebiet, ja durch die deutschfeindliche Politik
seines Hernr zum Pufferstaat zwischen Deutschtum und Polentum und schließlich zum allseitig umstrittenen
Kampfgebiet, in dem selbst unter dem westlichen Einfluß eine höhere Kultur nicht aufblühcn konnte.
Wie ein klärender Morgenwind fegt dann die askanische Landnahme des beginnenden iz. Jahrhunderts den
Nebel der Geschichts- und Kulturlosigkeit hinweg. Bodenzeugnisse dieser Frühzeit, die schnell in das Liche
der Geschichte tritt, sind zwar auch nicht allzu häufig. Aber die vorliegenden Funde reichen hin, die gewaltigt
Überlegenheit des deutschen Bauem über den slawischen Kossäten und Viehzüchter zu zeigen, der nur beschei-
denen Ackerbau trieb und mit seinem Fischfang und der Zeidelei noch halb auf der sonst längst überwundenen
Sammlerstufe stand. Die meist blaugrauen Gefäße sind jetzt durchweg auf der Töpferscheibe gedreht, klingend
hart gebrannt und gewöhnlich durch waagerecht laufende Gurtfurchen verziert. Gerätfunde sind seltener auf
uns gekommen, weil die schnell voranschreitende Folgezeit das Altmaterial der Vergangenheit als entwerteten
Ballast vernichtete oder als Schrott umwertete. Was durch irgendeine Jufallsfügung erhalten geblieben ist, sind
schlichte zweckmäßige Gebrauchsgegenstände oder streng sachliche Waffen, wie Sporn und Lanzenspitze von
Birkenwerder, Sporen von Liebenwalde und die allerdings jüngeren Stücke von Erkner: Lanzenspitze, Messer
und Schwert. Daß trotz der Sachlichkeit der Iierschmuck nicht zu fehlen braucht, zeigt die Goldeinlage auf dem
Schwert von Erkner. Die scharfe Eisenaxt und die entschlossene Tatkraft des deutschen Landnehmers wurden
bald Herr des Urwaldes. Planmäßig entstanden längs der Straßen die meist angerförmig angelegten Dörfer.
Vielfach wurden im ersten Kolonisationseifer die Siedlungen so dicht aneinandergerückt, daß sie sich auf die
Dauer nicht halten konnten. Ungunst des Bodens und Wasser- und Weidemangel haben manche Dörfer
schon früh verkümmern lassen, so daß sie nicht widerstandsfähig genug gegen die Stürme späterer Not- und
Kampftage waren. So entstand die große Zahl der Wüstungen, die geschichtlich nachweisbar sind. Durch Fund-
beobachtungen belegt sind die Wüstungen von Alt Gröben bei Gr. Böhmerheide, Arendsee bei Wandlitz, Lube-
nitz bei Liepnitz, Wollersdorf bei Lanke, Altena bei Rüderödorf-Hortwinkcl, Studenitz bei Hennickendorf, Lie-
benberg beiKagel, letzteres einst als Städtchen gegründet, das indessen nie zur Entwicklung kam. Wo die Lebens-
bedingungen einigermaßen günstig waren, verwurzelte der deutsche Bauer so fest mit seiner Scholle, daß auch
durch eine größere Volksschar. Lm Laufe des 4. Jahrhunderts jedoch bricht diese burgundische Besiedlung ab.
Der Strudel der geschichtlichen Völkerwanderung, die ja nicht erst mit dem Hunneneinfall in Europa beginnt,
reißt auch die Burgunden mit nach Westen, wo sie spater auf den Trümmern von Worms ihre sagenverklarte
Königsherrlichkeit Gunthers, Giselhers und Grimhilds aufrichten. Der Niederbarnim verödet nun fast ganz,
wenn sich auch eine schwache Restbevölkerung hier und dort gehalten haben mag, von der wir bisher allerdings
keine Fundkunde aus dem Kreisgebiet besitzen. Das letzte Zeugnis germanischer Ansiedler im Kreise ist eine
12 Frankenaxt von Oranienburg-Lehnitz, jene gefürchtete Wurfwaffe, die einem der großen Kampfbünde jener
Zeit den Namen gegeben hat. Mit diesem Denkmal der Merowingerzeit verklingt das eiseme Zeitalter germa-
nischer Kultur in der Heimat, die nun unter dem Einfluß eines feuchter werdenden Klimas der Heide und
Waldwildnis, der Mooröde und dem Bruchdickicht zum Opfer fallt.
Erst nach Jahrhunderten der Vergessenheit und Menschenleere entdecken die liutitzischen Slawen das Gebiet
zwischen Oder, Spree und Havel von neuem. Die Spärlichkeit der Funde spricht für eine äußerst schwache Be-
siedlung des urwaldbeherrschten Landes, die Dürftigkeit der Hinterlassenschaft für den kulturellen Rückstand
ihrer einstigen Besitzer. Die Siedlungen überziehen nur dünn den Nordteil des Kreises und die Südspitze längs
der Fließgrenzen. Neben den rohen Feuersteingeräten, ärmlichen Knochenwerkzeugen und groben Gefäßen mit
meist unsorgfältigen, aber dafür ost um so reicherem Schmuck erscheint die Elchgeweihaxt von Oranienburg fast
als Prunkstück. Zweifellos ist durch die unmittelbar folgende deutsche Kultur ein erheblicher Teil der sla-
wischen Kultur aufgesogen und umgewertet worden, so daß er für uns heute nicht mehr greifbar ist. Aber der
Befund der von den Slawen wiederbesetzten illyrischen Burgwälle, die zumeist weltabgeschieden blieben, be-
stätigt nur das Bild der materiellen Dürftigkeit und kulturellen Unentwickeltheit, wie das Fundergebnis des
einzigen bisher wissenschaftlich untersuchten Burgwalls bei der Spitzmühle erkennen läßt. Allerdings waren
die Siedlungsbedingungen im damaligen Barnim infolge der Verwilderung des Landes besonders ungünstig.
Als es sich zur Zeit des„KnäöJakza vonCopnik" zu staatlichem Eigenleben zu erheben begann, wurde es durch
das Vorrücken der askanischen Grenze zu gefährdetem Grenzgebiet, ja durch die deutschfeindliche Politik
seines Hernr zum Pufferstaat zwischen Deutschtum und Polentum und schließlich zum allseitig umstrittenen
Kampfgebiet, in dem selbst unter dem westlichen Einfluß eine höhere Kultur nicht aufblühcn konnte.
Wie ein klärender Morgenwind fegt dann die askanische Landnahme des beginnenden iz. Jahrhunderts den
Nebel der Geschichts- und Kulturlosigkeit hinweg. Bodenzeugnisse dieser Frühzeit, die schnell in das Liche
der Geschichte tritt, sind zwar auch nicht allzu häufig. Aber die vorliegenden Funde reichen hin, die gewaltigt
Überlegenheit des deutschen Bauem über den slawischen Kossäten und Viehzüchter zu zeigen, der nur beschei-
denen Ackerbau trieb und mit seinem Fischfang und der Zeidelei noch halb auf der sonst längst überwundenen
Sammlerstufe stand. Die meist blaugrauen Gefäße sind jetzt durchweg auf der Töpferscheibe gedreht, klingend
hart gebrannt und gewöhnlich durch waagerecht laufende Gurtfurchen verziert. Gerätfunde sind seltener auf
uns gekommen, weil die schnell voranschreitende Folgezeit das Altmaterial der Vergangenheit als entwerteten
Ballast vernichtete oder als Schrott umwertete. Was durch irgendeine Jufallsfügung erhalten geblieben ist, sind
schlichte zweckmäßige Gebrauchsgegenstände oder streng sachliche Waffen, wie Sporn und Lanzenspitze von
Birkenwerder, Sporen von Liebenwalde und die allerdings jüngeren Stücke von Erkner: Lanzenspitze, Messer
und Schwert. Daß trotz der Sachlichkeit der Iierschmuck nicht zu fehlen braucht, zeigt die Goldeinlage auf dem
Schwert von Erkner. Die scharfe Eisenaxt und die entschlossene Tatkraft des deutschen Landnehmers wurden
bald Herr des Urwaldes. Planmäßig entstanden längs der Straßen die meist angerförmig angelegten Dörfer.
Vielfach wurden im ersten Kolonisationseifer die Siedlungen so dicht aneinandergerückt, daß sie sich auf die
Dauer nicht halten konnten. Ungunst des Bodens und Wasser- und Weidemangel haben manche Dörfer
schon früh verkümmern lassen, so daß sie nicht widerstandsfähig genug gegen die Stürme späterer Not- und
Kampftage waren. So entstand die große Zahl der Wüstungen, die geschichtlich nachweisbar sind. Durch Fund-
beobachtungen belegt sind die Wüstungen von Alt Gröben bei Gr. Böhmerheide, Arendsee bei Wandlitz, Lube-
nitz bei Liepnitz, Wollersdorf bei Lanke, Altena bei Rüderödorf-Hortwinkcl, Studenitz bei Hennickendorf, Lie-
benberg beiKagel, letzteres einst als Städtchen gegründet, das indessen nie zur Entwicklung kam. Wo die Lebens-
bedingungen einigermaßen günstig waren, verwurzelte der deutsche Bauer so fest mit seiner Scholle, daß auch