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Die Kunst für alle: Malerei, Plastik, Graphik, Architektur — 11.1895-1896

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Liebewein, Maximilian: Vom Zügelschen Tier-Atelier in München
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https://doi.org/10.11588/diglit.12003#0175
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Das Tirr-Melirr der Münchener Akademie. von M. Krombach.

Vom Lügelschen Gier-Atelier in München.

mich lieb
hat, der
nehme sein Kreuz
auf sich und folge
mir nach."

Mit einem Bibel-
spruch anzuheben,
um über eine Tier-
malerschule zu
schreiben, ist sicher
ein wunderlich Be-
ginnen. Aber nicht
bloß im Leben eines
Apostels mag der
Fall Vorkommen,
dem Herrn und
Meister zu folgen,
wohin er auch ziehen
mag, es ist auch im
Künstlerleben nichts
seltenes, daß ein
Meister Jünger um
sich gesammelt hat, die ihm Heerfolge leisten.

So auch im Sommer des vergangenen Jahres. An
der Kgl. Akademie zu München ward in Eile ein stattlich
Heim für die Schule des Professors Heinrich Zügel er-
baut, mitten im Garten, zwischen Baumgeäst und Ge-
sträuch, ragen die zwei Staffelgiebel des neuen Tierstalles
lustig in die blaue Luft und die Sonne spiegelt sich in
den Scheiben des gläsernen Anbaus. Dies Gebäude, von
außen flott und stattlich anzusehen, beherbergt die fröh-

liche Malerzunft St. Leonhards und ihr brüllendes und
wieherndes Modell.

Bis jetzt hatte von allen Kunstschulen Mitteleuropas
nur die großherzoglich badische zu Karlsruhe ein ähn-
liches Institut, dem durch lange Zeit der verewigte
Meister Hermann Baisch Vorstand, nach dessen raschem,
beklagenswertem Tode Professor Zügel nach Karlsruhe
berufen wurde, wo er ein Jahr lang Leiter der Schule
war, bis er im Sommer 1895 den Ruf nach München
erhielt.

Es ist dieselbe Schule in anderer Umgebung, der-
selbe Inhalt in anderer Schale. Den Platzwechsel hat
man sich gern gefallen lasten. Hat doch München so viel,
was keine andere Stadt bieten kann.

Auch der Sorge um das Modell war man bald ent-
hoben. Der neugegründeten Schule kamen die Münchener
Trambahngesellschaft, einige Pferdehändler und Milch-
maier aufs liebenswürdigste entgegen. Es steht auch
noch zu hoffen, daß das Landesgestüt, der Piqueurstall
der Equitation, der Marstall, sowie die Kommandos der
reitenden Truppen und viele Private die Benützung ihrer
Tiere als Modell, seien es Pferde, Hunde oder Horn-
vieh, der Akademie, als einem Staatsinstitut, nicht ver-
sagen werden. Die Tiermalerei, die beinahe überall
noch als ein Stiefkind behandelt worden ist, wird also
hier eine gedeihliche Pflege finden.

Als charakteristische Grundsätze der Schule Zügels
möchte ich folgendes anführen:

Das Tier an und für sich, sein anatomischer Bau,
seine psychologischen Eigenschaften, die Eigentümlichkeiten
der Bewegung, sein Tonwert als Farbfleck in der Land-
 
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