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Die Kunst für alle: Malerei, Plastik, Graphik, Architektur — 11.1895-1896

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Ausstellungen und Sammlungen - Vermischte Nachrichten - Personal- u. Atelier-Nachrichten - Kunstlitteratur u. vervielf. Kunst
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https://doi.org/10.11588/diglit.12003#0459
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2ü2

Ausstellungen und Sammlungen. — vermischte Nachrichten

— Leipzig. Vom Rat der Stadt ist aus dem Betrage
des Floreutin Wehnerschen Vermächtnisses das Triptychon „Der
verlorene Sohn" von Hermann Neuhaus für das städtische
Museum erworben worden. — Aus der engeren Plakat-Kon-
kurrenz für die 1897 er Sächsisch-Thüringische Gewerbe- und
Industrie-Ausstellung zu Leipzig ist der Dresdener Maler Karl
Schmidt als Sieger hervorgegangen. Sein Entwurf zeigt auf
grünem Grunde einen halbnackten Jüngling, der, unter einem
Baum mit goldenen Früchten stehend, mit der rechten Hand
nach den Früchten greift und mit der Linken einen Pokal
hält, im Hintergrund der Zeichnung ist das Modell einer
Maschine sichtbar.

0. 8. Köln. Im Salon Schulte hatte Eduard Fischer-
Berlin vor einiger Zeit eine große Anzabl — etwa drei Dutzend —
seiner delikat gemalten Wasser- und Strandbilder sowie Land-
schaften mit Wasserscenerien ausgestellt, die besonders bei den
Damen ob ihrer Feinheit guten Anklang fanden. Viel Licht-
flutung hat Fischer allerdings nicht auf seiner Palette, Regen-,
Gewitter- und Abendstimmung sind vorherrschend; bis auf die
einzelnen Strandkiesel und Weidenblütter sind die kleinen Kabinett-
stücke minutiös und fleißig durchgearbeilet. Neben Fischer war
Hans Deiters-Düsseldorf mit etwa zwei Dutzend Studien
und ausgeführten Arbeiten recht interessant und frisch vertreten;
Landschaften, Straßenbilder, Porträts und Akte vereinigten sich
zu einem feingestimmten Ensemble von hohem koloristischen Reiz.
Eine packende Marine großen Formats war von Hans Bohr dt-
Berlin vorhanden, betitelt: ein Hamburger Ehrentag. Des Ham-
burger Kapitäns Karpfanger Schiff „Kaiser Leopold I." im Gefecht
mit französischen Kaperschiffen im September 1678, von denen
es zwei zum Sinken gebracht hat. — Im Kunstverein lenkten etwa
zwanzig Bilder von Hermann Hendrich-Berlin die allgemeine
Aufmerksamkeit auf sich, fanden aber nur bei wenigen eine ver-
ständnisvolle Zustimmung. Die Bilder sind auf ihrer Rundreise
wohl den meisten bekannt geworden, so die Meeresidyllen, die
sich an Böcklin anlehnen, dann die Siegfriedbilder und etwas
fürs Gefühl, wie das mystische Herzeleid. Das ist Hendrich, wie
er sich zuerst einführte, besser lernt man ihn noch in seinen
Waldbildern, Moor- und Heidebildern kennen, zwar mehr Dichtung
als Wahrheit, aber in ihren Farbenaccorden doch von ganz un-
gewöhnlicher Meisterschaft. — Das Kleinertzsche Bild: „Die
Krönung Mariä" mit etwa 100 Figuren und einem ungeheuren
Aufwande von Schmuckmitteln in Architektur und Gewandung,
im Stile der altkölnischen Schule gemalt, hat selbst bei den Mit-
bürgern .des Meisters eine kühle Aufnahme gesunden. Zu be-
wundern ist nur die riesige Arbeit und die macht es heutzutage
in der Kunst allein nicht — an solchen Bildern können sich
kaum noch die Strenggläubigsten erbauen. iessN

tr. Düsseldorf. In der Kunsthalle war vor einiger Zeit
eine Zusammenstellung von Werken Alfred Rethels zur Schau
gebracht, die ein besonderes Interesse hervorrief. Es waren einige
vollendete, zum Teil weniger bekannte Bilder des großen Geschichts-
malers, die im Besitz seiner Familie verblieben sind. Die Größe der
geschichtlichen Auffassung und die Kraft der Darstellung, welche
Alfred Rethels Kunst kennzeichnet, offenbart sich in den Bildern
„Kaiser Karls V. Eintritt in das Kloster San Just", den
Moment darstellend, wie der weltmüde Kaiser, in dessen Reich
die Sonne nicht unterging, von dem Prior des Klosters empfangen
wird, in dem er Ruhe finden will. Ebenso gewaltig in der
Stimmung wie dieses ist die Darstellung des am Sarge Hein-
richs IV. betenden Mönches. Auch C. F. Lessing hat diesen
Gegenstand gemalt, aber ungleich größer spricht sich in Rethels
Bild die Tragik der Situation aus: der unbeerdigt in einer un«
geweihten Seitenkapelle des Domes zu Speier aufgcbahrte, im
Kirchenbanne gestorbene Kaiser, an dessen Leiche ein schlichter Mönch
betet. Sehr interessant waren fernerhin die recht ausführlich behan-
delten Skizzen zu Rethels Fresken im Rathaussaale zu Aachen, dem
Hauptwerk seines Lebens. In diesen seinen reifsten Schöpfungen
zeigt er die ganze Genialität seiner Erfassung geschichtlicher Ge-
schehnisse, die, immer großartig im Gedanken, Bilder von echt
welthistorischem Gepräge sind. Unheimlich packend ist die Dar-
stellung der „Oeffnung des Grabes Karls des Großen im Aachener
Münster durch Kaiser Otto III.", gewaltig in der Komposition die
„Zerstörung der Jrmenzsäule bei Paderborn 752", die „Be-
siegung der Sarazenen durch Karl den Großen bei Cordova 778", die
„Eroberung von Pavia 774". Dieses sind die von Rethels eigener

Hand im Rathause zu Aachen ausgesührten Fresken, die anderen
hat nach seinen Entwürfen Josef Kehren ausgeführt. Einige
höchst interessante Studienköpfe des allzufrüh verstorbenen großen
Meisters, der hier sein Leben am 1. Dezember 1859 beschlossen
hat, vervollständigten die Kollektion in charakteristischer Weise.

— Nürnberg. In den ersten 2^ Monaten der
Bayerischen Landesausstellung sind aus deren Kunst-
abteilung Gemälde re. im Gesamtwerte von 100000 M. ver-
laust worden. lbinl

— München. E. A. Fleischmanns Hofkunsthand-
lung veröffentlicht anläßlich des 25jährigen Bestehens der Firma
eine Jubiläums-Schrift, die einen sehr beachtenswerten Bei-
trag zur Münchener Kunstgeschichte liefert, da in der alphabetisch
geordneten Liste der Künstler, mit denen die bestens bekannte
Firma im Laufe der Jahre Beziehungen, meist dauernder Art,
angeknüpft hat, wohl kaum ein hervorragender Name der letzten
Jahrzehnte unvertreten sein dürfte. In ihren statistischen An-
gaben ist die kleine Schrift geeignet, interessante Streiflichter auf
die Schaffensthätigkeit einzelner Künstler zu werfen. Ist es doch
z. B. ganz amüsant zu erfahren, daß sich unter den 10000 Bildern,
welche eine einzelne Kunsthandlung im Laufe von 25 Jahren
freihändig verkauft hat, sich 154 Bilder von Franz von Defregger,
190 von Hugo Kauffmann, 221 von Gabriel Max, 219 von Friedr.
Voltz und ca. 70 von Ernst Zimmermann befinden. Des weiteren
begegnen wir Wilhelm von Diez mit 5l, Eduard Grützner mit
181, F. A. von Kaulbach mit 94, Hermann Kaulbach mit 30
Werken. Künstler wie Lenbach, Löfftz, Klaus Meyer, Spitzweg,
Baisch, Zügel, Wenglein, Willroider :c. fehlen selbstverständlich
nicht und auch die übrige deutsche Kunst ist in Knaus, Lessing,
Vautier, den beiden Achenbach re. rc. vertreten. Interessant ist
auch die stattliche Vertretung Makarts. l«nsi

— Kiel. Der Maler M. Lindemann-Frommel hat
in Gemeinschaft mit dem Marinemaler Schön in dem nahe-
gelegenen Laboe eine Malschule für Landschaft und Marine er-
richtet, in der sowohl Schüler wie Schülerinnen Aufnabme finden
können, um in einem 2—3 jährigen Kurs für die Meister-Ateliers
einer deutschen Kunst-Akademie vorgebildet zu werden. leivU
L.-v. Darmstadt. Trotz erheblicher Zunahme der Be-
völkerung und des Wohlstandes ist in Hessen die traurige That-
sache zu verzeichnen, daß in den letzten 25 Jahren die Kunst-
verhältnisse nicht vorwärts, sondern stetig zurückgingen. War
früher in der stillen Residenz noch eine größere Anzahl tüchtiger
Maler, Bildhauer und Kupferstecher ansässig, so ist heute deren
Zahl auf einige wenige zurückgegangen und seit dem im Vor-
jahre erfolgten Tode Heinz Heims lebt in Darmstadt kein ein-
ziger in modernem Sinne produzierender Künstler, die wenigen
hier lebenden Herren sind auf das Erteilen von Unterricht, fast
ausschließlich an dilettierende Damen angewiesen. Trotz diesen
ärmlichen Zuständen bringt Hessen eine erstaunliche Zähl von
Künstlern hervor, aber alle müssen ihr Brot außerhalb des
Großherzogtums suchen, denn das Land thut nichts, sie vor dem
Verhungern zu schützen, durch langjährige Tradition ist der Ge-
brauch geheiligt, bei Aufträgen, unter Zurücksetzung der Landes-
kinder, fremde Kräfte heranzuziehen. So war, um nur ein
markantes Beispiel aus der jüngsten Zeit anzuführen, bei der
Konkurrenz für das Landesdenkmal des Großherzogs Ludwig IV.
es den hessischen Bildhauern ganz unmöglich, sich daran zu be-
teiligen. Indes greift gegenwärtig wenigstens die Erkenntnis
dieser erbärmlichen Zustände etwas um sich und wir möchten
dies gern als den Anfang einer Besserung ansehen. Der hier
seit Jahren bestehende Verein „Kunstfreund", über dessen
Wirken bisher nicht viel zu berichten war, da für Bilderankäufe
die Summe von 50 M. (!) nicht überschritten wird, beabsichtigt
nun im September d. I. eine größere Bilderverlosung nebst Aus-
stellung zu veranstalten, um damit etwas zur Hebung des Kunst-
interesses beizutragen. In erster Linie sollen bei den Ankäufen
hessische Künstler berücksichtigt werden. Wir wünschen dem Verein
zu seinem Unternehmen besten Erfolg, müssen jedoch noch eine
abwartende Stellung einnehmen, denn der veröffentlichte Ber-
losungsplan erscheint uns nicht allzu verheißungsvoll. Für die
zu Ankäufen zur Verfügung stehende Summe von 15 000 M.
ließe sich wohl eine Anzahl guter Bilder erwerben, der Ver-
losungsplan bestimmt jedoch, daß ein Bild zu 2000 M , ein
Bild zu 1000 M. und 318 Kunstwerke für zusammen 12000 M.
 
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