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Kunstgewerbliche Rundschau: Verkündigungsblatt des Verbandes Deutscher Kunstgewerbevereine — 3.1896

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https://doi.org/10.11588/diglit.8033#0081
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München, Auqust (896.

!lr. 5.

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T<unstgewerbliche

4V 49

Beiblatt zur

AkitDrist dks VaM. Kunstgkwkrök^krkms.


Kerkündigungsölatt des Zeröandes deutsDer Kunstgewertze-^erkink.

Bezug der „Zeitschrift" saniint der „^iunstgewerblichen Rundschau": Durch den Buchhandel, die ssost oder die verlagshandlung R. Mldenbourg in München, Mk. l6
p. 3.; die Mitglieder des Bayer. Runstgewerbe-Vereins (Icchresbeitrag Mk.) erhalten die „Zeitschrift" sannnt der „Runstgewerblichen Rundschau" unentgeltlich. — Die „Zeitschrift"

erscheint jährlich in l2 Monatsheften.

LZerausgeber: Bayer. Runstgewerbe-Verein (ssfandhausstraße 7). — Redaktion: ssrof. L. Gnielin (Luisenstraße (8).

Druck und Verlag von R. Gldenbourg in Lllünchen, Glückstraße

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von 2llbcrt Hofmann, Berlin?)

ie Frage ist keineswegs eine müßige, ob, als das Deutsche
Reich durch seinen Botschafter in Paris die Theilnahnie
Deutschlands an dcr frauzösischen lVeltausstellung des
Iahres ;yoo zu Paris ankündigcn ließ, die Griinde
politischer Vlatur in ihrer Schwcrkraft die wirthschaft-
lichen Bedenken, die beim Eintritt in eiueu Wettkampf von solcher In-
tensität bei jedem Aundigeu uud Einsichtigeu entstehen müssen, so
sehr überwogen, daß die Betheiliguug zngesagt werden konnte, oder
ob man andererseits, vielleicht auf Grund der Trfahrnngen, die in
Lhicago gesammelt werden konnten, das Gefühl und die Ueberzeugung
hatte, wenn anch mit Auspannung aller Aräfte, wirthschaftlich und
künstlerisch den Aampf zn bcstehen, in den einzutreten man sich bereit
erklärt hatte. Und wenn letzteres der Fall war, so knüpft sich daran
die weitere Frage, ob man sich des Unterschiedes bewußt war nnd ist,
der zwischen der vergleichenden Gegenüberstellung der Ausschnitte
der gewerblichen uud küustlcrischen productiouskraft zweier Länder
und der Gegenüberstellung der Lrzengnisse derselben Länder bcsteht in
einem weit auderen verhältnisse, das in dem Zahlenverhältniß 2:^,
und zwar zwci Theile für die Ansstelluug des gastfreundlichen Landes
und ein Theil für alle der Einladung folgenden Länder, seinen Aus-
druck fiudet. Lin anderes ist dies, ein anderes ist jenes. lhaben bei
der Annahme der Einladung zur Beschickung der Ausstellung die
politischen Gründe überwogeu, was wohl ohne Weiteres anzunehmen
ist, so ist die Annahme gerechtfertigt, daß wirthschaftliche und kllnst-

') Ghne uns ganz anf den Standpunkt dcs verfassers stellen
zu wollen, geben wir seinen Ausführungen gerne Raum, da dieselben
in so entschiedener lVeise für eine deutschuationale Auust eintreten.
Ferner sei bemerkt, daß der verfasser Werth darauf legt, die Unab-
hängigkeit seiner Ausführungen, die sich bereits am ^2. August in den
lsänden der Schriftleitung bcfanden, festgestellt zu sehen gegenüber
einem Aufsatze: „Die Lntwicklung des Ausstellungswesens", den lsr.
Geh. Reg.-Rath Prof. I. Rculeaux in dcr „National-Zeitung" vom
2>. Aug. ff. veröffeutlicht und der, was die Betonnng einer nationalen
Aunst aubelangt, verwandte Gedanken ausspricht. Die Schriftleitung.

UW


lerische Erwäguugen erst in die zweite Linie rückteu. Dann ergibt
sich die Pflicht, diese vcrhältuisse eiuer übcrsichtlichen Betrachtung zu
unterwerfen; deun auch das politische Motiv pstegt bei Ausstellungen
von cinem rcalcu wirthschaftlichen Ansgang gefolgt zu sein. lsaben
andererseits wirthschaftliche und künstlerische Erwägungen eine den
politischen gleichbedcntende Rollc gespielt, so ergibt sich diese jdflicht erst
recht. Dcr Aernpunkt der Betrachtungen wird immer in der Frage
liegen: sind die verhältuisse Deutschlands im lsiublick
auf den bevorsteheuden lvettkampf solche, daß sie einen
Sieg erhoffen lassen, welcher der Machtstellung des
Dentschen Reiches im internationalen völkergefüge
entspricht, oder wenn sie es nicht sind, können sie noch
solche werden nnd mit welcheu Mittcln? Mancher mohl
wird beim Aufwerfen dieser Fragen an die lsochfluth literarischer
Meinungsäußerungen denken, mit welchen die kunstgewerbliche und
künstlerische Production in deu letzten Iahren bcdacht wurde und viel-
leicht mit dem Prediger Salomonis ausrufen: „Des Bücherschreibens
ist kcin Lude nud vicl Predigen machet den Lcib müde." lvir gestehen,
auch wir gehören durchaus zu denen, welche an der Stelle eines noch
so gut gesprochenen lvortes licber die That sehen; es ist aber ebenso
uueingeschränkt zuzugestehen, daß es Gelegenheiten gibt, zu welchen cin
lvort gesprochen werden muß, damit cs unter Umständen in seiner be-
scheidenen lvirkuug mit dazu beitrage, der That eine Richtung zu geben.
Jn diesem Sinne seien auch die vorliegenden Aeußerungen aufgefaßt.

Die in Anssicht stehende Betheiligung Deutschlands an der fran-
zösischeu lveltausstellung des Iahres 1900 ist die erste des Deutschen
Reiches. Im Jahre ;878 geboten die nachwirkenden politischen ver<
hältnisse, t88y das nationale und monarchische Princip das Fern-
bleiben. Frankreich hatte die beiden Ausstellungen benützt, um der
lvelt zu zeigeu, daß es trotz der politischen Niederlagen noch genug
künstlerischen und wirthschaftlichen Reichthum besitze, auf diesen Ge-
bieten deu Aampf jederzeit wieder aufzuuehmen. Uud es hat Recht
behalten.

Die Betheiliguugen deutscher Staatcn an französischen lvelt-
ausstelluugen vor ^870 fallen hier nicht in's Gewicht. Die Lebens-

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!896. Runstgewerbliche Rundschau Nr. 8. (Bg. !.)
 
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