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Zeitschrift des Kunst-Gewerbe-Vereins zu München — 23.1873

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Schmädel, Josef von: Ueber Idealismus und Realismus in der Kunst und über die Aufgabe des Kunstgewerbes, [2]: Vortrag, gehalten im "kunstgewerbeverein München", am 13. Januar 1873
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Jahresbericht des Münchener Kunstgewerbevereins pro 1872
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https://doi.org/10.11588/diglit.9048#0020

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Wahrheit wird keiner bezweifeln, der die Kunst und ihre Ziele er-
kennt und zu verfolgen strebt.

Darum soll der Verstand der Diener der Kunst, die Phantasie
aber ihre Beherrscherin sein. Die Schöpfungen des Verstandes
sollen die Wegweiser der Phantasie in neue unerschlossene Gebiete
werden, deren ideale Gestaltung die Aufgabe der Kunst sein wird.
So wird die Kunst die Trägerin unseres höchsten Geisteslebens
sein und in diesem Sinne werden die Worte Schillers Geltung
haben:

„Im Fleiß kann dich die Biene meistern,

„In der Geschicklichkeit ein Wurm dein Meister sein,

„Dein Wissen theilest du mit vorgezogenen Geistern,

„Die Kunst hast du, o Mensch, allein!

Jahresbericht

des Münchener Kunstgemerbevereins pro 1672,
mitgetheilt in der Generalversammlung 24. März 1873.

Indem wir durch Abhaltung der heutigen Generalversammlung
einer statutenmäßigen Verpflichtung Nachkommen, haben wir uns
gleichzeitig die Ausgabe gestellt, ihnen ein übersichtliches Bild vom
Bestände und der Wirksamkeit unseres Vereines für das abgelau-
fene Jahr 1872 vor Augen zu führen.

Unser Mitgliederverzeichniß erweist mit Ende des Jahres 1872
nach Abzug von 44 Austritten, worunter leider 12 Todesfälle zäh-
len, eine Aktivmitgliederzahl von 866 ordentlichen und 3 Ehren-
mitgliedern, sohin gegenüber dem Mitgliederstande des Jahres 1871
einen Zugang von 157 neuen Mitgliedern. Von der Gesammtan-
zahl treffen 626 auf München, 240 ans auswärts.

Der Verein genießt die hohe Auszeichnung Se. Majestät König
Ludwig II. als Protektor, sowie die Glieder des königlichen Hau-
ses an der Spitze seiner Mitglieder verzeichnen zu dürfen.

Wie aus der Spitze unseres Mitgliederverzeichnisscs ferner er-
sichtlich, sind von gekrönten Häuptern und andern souveränen fürst-
lichen Häusern unserem Vereine gleichfalls als Mitglieder beigetre-
ten : Ihre Majestäten König Karl I. und Königin Olga von Wür-
temberg, Se. königl. Hoheit Karl Alexander, Großherzog von Sach-
sen Weimar.

Von polytechnischen Gewerbe-Vereinen und Geuossenschaften,
welche unserem Vereine als Mitglieder angehören, constatiren wir die
Zahl 57, Magistrate 9, Fortbildungs- und Gewerbeschulen 6.

Außerhalb Deutschland besitzt der Verein Mitglieder in Peters-
burg 4, Stockholm 1, Kopenhagen 1, Ungarn 3, in Paris 1, in
Italien 3.

Im abgelausenen Jahre fanden 42 Ausschuß- incl. Comite-
Sitzuugen, ferner 2 außerordentliche Generalversammlungen statt.
Die letzteren behandelten:

a) Die wichtige Frage über unsere aktive Betheilignng gleich
anderen hiesigen gemeinnützigen Vereinen an der in Aussicht ge-
nommenen Errichtung einer Jndustriehalle dahier.

Wir sind in der angenehmen Lage, hieran die Bekanntgabe
des erfreulichen Ergebnisses zu knüpfen, daß mittelst freiwilliger
Beiträge der Mitglieder loco München, dem Vereine die Mittel an
die Hand gegeben wurden, sich mit der Zeichnung von 15 Aktien
ä 50 Thaler an fraglichem Unternehmen betheiligen zu können.

d) Das wesentlichste Interesse vieler Ausschußsitzungen ver-
wichenen Jahres wurde der wichtigen Frage über Betheiligung des
Vereins an der Wiener Weltausstellung gewidmet. Nachdem die
vom Ausschüße beabsichtigte Collectivausstellung, wie solche in der
hiesür abgehaltenen außerordentlichen Generalversammlung vom
9. October 1871 zum Beschlüße erhoben wurde seitens der k. bahr.
Landeskommission die Genehmigung nicht erhielt, mußte der Ver-
ein, dem cs nach mehrfachen Versuchen nicht gelungen ist, eine klei-
nere Ausstellung durch hervorragende ausgeführte kunstgewerbliche
Gegenstände, welche im Privatbesitze sich befinden in Wien zu

Stande zu bringen, seine Thätigkeit in dieser Richtung ein-
stellen. Immerhin wird die Wiener Weltausstellung Zeugniß ab-
legen über die Leistungsfähigkeit der Kunstgewerkmeister unseres
Vereins, deren sich viele an der Wiener Weltausstellung bethei-
ligen, wobei denselben gestattet ist, ihre ausgestellten Gegenstände
mit der Aufschrift

„Mitglied des Kunstgewerbevereins in München"
zu bezeichnen.

Angesichts der nicht ermöglichten Collectivailsstellnng trat Herr
Professor Kn oll von der Vereinsvorstandschaft zurück, in Folge
dessen sich der Ausschuß in die Nothwendigkeit versetzt sah, behufs
Ergänzung des Ausschusses, am 2. November vor. Js. eine weitere
außerordentliche Generalversamnilnng abzuhalten, in welcher Herr
Baurath Hügel einstimmig in den Ausschuß und von diesem ein-
stimmig als I. Vorstand gewählt wurde.

Tie Vereinsabendschule, bei deren ursprünglichen Organisation
auf praktisch künstlerische Heranbildung junger tüchtiger Kräfte
aus den: Handwerkerstande insbesondere Bedacht genommen wurde,
hat nunmehr das III. Jahr ihrer Thätigkeit zurückgelegt. Mit
freudiger Genugthnung constatiren wir die gedeihlichen Resultate,
welche dieses gemeinnützige Unternehmen unter der anerkennens-
werthen künstlerischen Leitung des Vorstandes unserer Abendschule
Herrn Seder erzielte.

Wegen der gesteigerten Frequenz unserer Abendschule, sah sich
der Verwallungsausschnß neuestens veranlaßt, an die hochlöbliche
Gemeindeverwaltung ein Gesuch um Ueberlassung größerer Räum-
lichkeiten zu richten. Die Gewährung dieser Bitte dürfte Ange-
sichts der außerordentlichen Opfer, welche Seitens unserer Comunal-
Verwaltung für Hebung des Volksunterrichts fort und fort bewil-
ligt werden, einer Beanstandung nicht wohl unterliegen.

Als eine erfreuliche Thatsache ist mitzutheilen, daß in unserem
Zeichnungssaal die Nachfrage nach Entwürfen aller Art aus der
Hand der Herren A. Seder und I. v. Schinädel in stetem Wach-
sen begriffen ist.

Die Knnstgewerbehalle, welche im Hinblick der von derselben
zu verfolgenden Zwecke — nämlich Produkte des deutschen Kunst-
gewerbes, welche sich durch Form und künstlerische Durchführung
auszeichnen, zur Ausstellung zu bringen, sowie deren Absatz zu ver-
mitteln, einen Zweig der Thätigkeit unseres Vereins bildet, em-
pfehlen wir einer ganz besonderen Beachtung.

Die Eröffnung derselben fand im Monat Juni 1871 in dem
hiezu in Miethe genommenen Ausstellungslokale Maximiliansstraße
Nr. 42/0 statt. Die Gesammtzahl der seit Juni 1871 bis Ende
Dezember 1872 zur Ausstellung gelangten Gegenstände umfaßt
2540 Nummern, woran 143 Aussteller participiren.

Die erzielten Verkäufe entziffern die Summe von 16249 fl.
Außer dieser Vermittlung von Verkäufen in der Kunstgewerbehalle
sind wir bestrebt gewesen, die Interessen der Gewerbetreibenden
und Kunstindustriellen durch Uebernahme und Vermittlung direkter
Aufträge und durch Empfehlung der einschlägigen Etablissements
nach Kräften zu fördern. Nach beiden Richtungen wurden bereits
namhafte Resultate erzielt, wozu die vermehrte Frequenz des Be-
suches von Fremden und Einheimischen in unserer permanenten
Ausstellung stets neue Gelegenheit darbietet.

Der sich von Jahr zu Jahr in größeren Dimensionen ent-
wickelnde hiesige Kunsthandel, wodurch München eine nicht zu unter-
schätzende Bedeutung ans dem Weltmärkte zu erringen im Begriffe
ist, gibt uns die berechtigte Zuversicht mit der Zeit ähnliche mer-
kantile Vortheile auch für das Kunstgewerbe mit erwerben zu kön-
nen, vorausgesetzt, daß uns von maßgebender Seite auch für die
Zukunft das bisherige Interesse und die entsprechende Unterstützung
zu Theil wird.

Unsere Zeitschrift, welche mit dem Entstehen des Vereins 1851
ins Leben trat, hat nunmehr einen 22jährigen Zeitraum ihrer Wirk-
samkeit durchlaufen. Treu dem ursprünglichen Programm durch
Bild und Wort auf Veredlung des Geschmackes und auf künstle-
rische Ausbildung des Gewerkes einzuwirken, können wir mit Be-
 
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