Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
106

LrS" Das Blatt hat sich gewendet!
Kladderadatsch.

.3-»« 8K«Mg»«S«
'S kommt Alles wieder im Leben hinieden; und Unkraut, Laster. Geduld und Glück — sie gehen nickt aus, selbst wenn sie ge-
schieden; drum kamen auch wir so gründlich zurück. — In Kassel, Schwerin, in Bernbnrg und Sachsen — Dank Hapnau, Wränge!
und Windischgrätz! — so weil als die Deutschen Eichen wachsen, hat jedes Ländcken sein Preßgesetz; sein Cl'ärtcken, sein Herrchen, seine
Spionchen — sein Polizeieben, und — noch was dazu, sein Ministerchen und sein Thronchen — da ha! die liebe Seele Ruh— 'S
kommt Alles zurück in Baiern und Schwab ein es wächst schon wieder am allen Kops, weil sie nicht besser g esch o re» haben, in üppiger
Fülle der alte Zopf. Die alle» Minister, die allen Schächer, die alle Ccnsur und das alle Werk — schon richtet man ein die stolzen
Gemächer für Metternich auf dem Johannisberg. Die Vossische Zeitung darf Jeder lesen, an der Weichsel und Donau, an Inn und
Lech; die Deuische» sind einig, wienie sie gewesen — die Fürsten im Herrschen, die Völker im P e ch. — Was uns beengt, und was uns minder!
der RellungSlbaie» vollen Lohn, und was uns beschränk! und was uns hindert, das ist allein die Union. — Der Vogelbauer mil
20 Sümmchen — jed' Vöglcin will nur seinen Schlag — die Provisorien und Jnierimchcn — die sind noch lange kein Bundestag.
So lang wir nie!» sind an diesem Ziele, erblüht uns Deutschen, ach, kein Glück: wir sehnen vergeblich nach Eichhorn und Thile, nach
Rochow und Bodelschwingh unS zurück. Geduld! — Geduld! — laß die Hoffnung keimen und murre nicht, liebes Publikum:
es hält ja Sitzung im Geheimen tagtäglich das Ministerium!
Kladderadatsch.


Warum bemüht sich der Treubund so eifrig um Erlangung des Korpo-
rationS - Rechtes?
Weil er durch dieses Recht allein erhalten kann, was ibm trotz aller Be-
vorzugung jedes einzelnen Mitgliedes abgehl, nämlich - die Rechte einer
moralische» Person.

Hassen pflüg bleibt in seinem Amte. Nach seiner Rückkehr aus
Frankfurt wird er in einem der Kurfürstlichen Schlösser wobne», woselbst für
ihn schon der erste Stock in Bereitschaft gestellt ist.
Der erste Stock — der gebührt auch dem Herr» Minister.

Ein gewisser Minister soll beschlossen habe», den Rcdacteur derDeuischen
Reform zu gewinnen, der ein ausgezeichnetes Talent besitzt, die Artikel der
Nationalzeitung — wie er sagt — ins Conservative zu über-
setzen. Derselbe hat in vergangener Woche sein Meisterstück abgelegt und
gezeigt, wie man durch Fälschung das National-Eigentbum angreifen muß.
Alles will jetzt mitreden. Auch der Bevollmächtigte von Bückeburg
im Frankfurter Plenum hat dem Grasen Thun über die gegenwärtige Lage
Deutschlands ein Pro memoria eingereicht, das umfangreicher sein
soll als ganz Bückebürg.
Die Constitutionnclle Zeitung, die so lange Weil ge-
habt hat, soll jetzt an Hay»,-Weh leiden.

'Nicht genug kann man es unfern Behörden danken, daß sie endlich mit
energischen Maßregeln dem nichtswürdigen Wuchergeschäft entgegentretcn
zu wollen scheinen. Man glaubt nicht, mit welcher Schnelligkeit und in wie
furchtbarem Maße sich diese Pest des Menschengeschlechts verbreitet hat.
Sonst trieben bloß einige reiche Filze den Wucher als Geschäft; jetzt wuchert
bei uns alles: die Armuth wuchert, das Elend wuchert, ja es wuchert
selbst das Gras auf den Straßen.
Von den vier, zu lebenöwieriger Zuchthausstrafe verurtbeilten Ver-
brechern, welche neulich aus der Berliner Stadtvogtei ausbrachen, sind be-
kanntlich drei wieder cingefangen. Der vierte soll glücklich nach Kurhessen
entkommen sein und sich dort mit der Aussicht aus ein Portefeuille
schmeicheln. _

l e t o n.
Anfrage.
Besteht denn mit Hessen kein Carlcllvertrag wegen Auslieferung ge-
meiner Verbrecher?

Die hnstcrische Tante Voß winselt in Nr. 150: „Wenn die Ge-
meinderaths Wahlen im demokratischen Sinne aus sie len, so
würden sie zwar dauernd keinen Einfluß haben, aber doch
momentan sehr ungünstige Folgen erzeugen. Die nächste
wäre dem Vernehmen nach die, daß 2r. Majestät der König
seine Residenz nicht in Berlin aufschlagen würde» so lange
die städtische» Behörden in solchem Sinne organijirt
wären. Entfernter in der Zeit zwar, doch darum nicht
minder gewiss, würde eine Umgestaltung des ganzen Wahl-
versahren« und anderer damit zusammenhängender
Bestimmungen über die Organisation der städtischen
Behörden liegen."
Die Rational - Zeitung ist dieser Tage „wegen Behaup-
tung undVerbreitung erdichteter oder entstellterThat-
sachen, welche,» der Voraussetzung ihrer Wahrheit die
Einrichtungen des Staates oder die Anordnungen der
Obrigkeit dem Hasse oder der Verachtung aus setzen,"
verurtheilt worden. Der Tante Voß, als unzurechnungsfähig, mag so
etwas wohl durchgehen."

Als am 2. Juli der König von Sachsen in Sanssouci ankam, soll
er die ewig denkwürdigen aber „übrigens unverbürgten" Worte ge
sprechen haben: „Es wird alles bald wieder anders werde n."
An diese vielsagende, „übrigens unverbürgte Aeuherung"
knüpfen LessingS selige Erbe» „Vermuthung über eine erfreu-
liche Wendung der Sächsischen Politik," und dcßhalb glauben
sie jene „übrigens unverbürgte Aeußerung nur zu gern."
Die Aerzte sind über den GcmüthSzustand der Tante Voß einig, halten
denselben aber in seinem jetzigen Stadium noch für so ungefährlich, daß man
sie vorläufig noch frei herumlaufen lassen kann.
 
Annotationen