DOI Heft:
Hefte 35-39, September 1850
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Feuilleton
Untcrthänige Sitte.
W-gcn der, am Freitag den 13. September Mittags hier eingctroffenen
telegraphischen Nachricht von der Vergnügungsreise des Kursürstcn von Hesse»
so wie de» Herrn Hassenpflug und Komplicen mußten wir den grüßten
Theil des schon drucksertigen ManuscriptS unserer letzten Nummer wieder
vernichten und in aller Eile neues Manuscript setzen. Wir erlauben unS da-
her im Interesse des ohnehin schon mit Lasten so überhäuften ArbeitcrstandeS
die unterthänigc Bitte an die andern Herren Kurfürsten ic., künftig
immer spätestens am Donnerstag ihre Reisen anzutrcten. Wir müssen u»S
sonst gar zu sehr beeilen; und Hochdieselben können ja am Ende bcurtheilen,
wie unangenehm eü ist. Alles nur so in der Flucht machen zu müssen.
Die Setzer und Drucker des Kladderadatsch.
Folgende französische Abhandlung wird jetzt in Form einer Visi-
tenkarte unentgeltlich vcrtheilt: „5Isrc Niebulir, consoiller äe rä-
gence au wiuistöre äe I» msison ko)'»le, secrötnire äe» eourrnnnäe-
weots äe 8a öl»se8tä le koi äe ?russe."
Die Tendenz dieses Aufsatzes ist offenbar nur die, den Diener eines
Deutschen Königs beim Publikum lächerlich zu machen. Unbegreiflich aber
ist die Plumpheit des boshaften Pamphletisten, welcher den Namen
des Verfassers der Preßordonnanzen aus einer Druckschrift benutzen
konnte, auf der nicht einmal Druckort und Firma des Verlegers
angegeben sind.
Wie man sich erzählt, soll übrigens der Potsdamer Verein für
Deutsche Sprache wirklich in die ungeschickt gelegte Falle gegangen, und
Herrn MarcuS Niebuhr wegen MajestätSbelcidigung und wegen Miß-
brauchS der Amtsgewalt zu denunciren gesonnen sein.
In der Vossi scheu Zeitung vom 19. September schwärmt Herr
Rellstab für die „schöne und schauerliche Lage" der Gefängnisse
auf dem Königsstein. Er meint, „diese Gefängnisse könnten, so gut wie
Chillon, einem Byron Stoff zu Dichtungen geben."
Wie schauerlich muß erst die Lage gewesen sein, in welcher
Hr. Rellstab seine ewig dauernden Dichtungen, dieVcnetiancr, Franz
von Sickingen und das Feldlager in Schlesien geschrieben hat?
Lehrer. Weißt Du noch, mein Kind, was eine Fläche ist?
Kind. O ja. Eine Fläche ist, was bloß Länge und Breite hat.
Lehrer. Richtig. Besinne Dich nun einmal, ob Du mir wohl ein
Beispiel nennen kannst.
Kind (ohne Besinnen). Der „Voigt von Silt."
Lehrer. Gut, mein Kind. WaS ist nun aber ein Körper?
Kind. Ein Körper ist, was außer Länge undBreite auch noch
Dicke hat.
Lehrer. Brav. Und nun ein Beispiel?
Kind. Theodor Mügge.
Lehrer. Sehr gut. Zur Belohnung wollen wir den „Voigt von
Silt" jetzt bei Seite legen, und ich werde Dir morgen ein neues Ge-
duld spiel schenken.
Die Sympathie für den Kurfürsten von Hessen ist sehr groß, nicht bloß
unter den Schwarzgelben und Schwärzweißcn, sondern vorzüglich auch unter
den Rothen, welche ihm wünschen, was ihm leider bis heute noch fehlt: —
recht viele Nachfolger.
Wohlgemeinter Vorschlag.
Könnte man nicht unsre neuen Herrn Gemeinde-Vertreter Schöppen
oder Schöffen nennen? Für die alterthümliche Würde wäre auch der alter-
thümliche Name eines Schöppen oder Schöffen sehr passend.
Ein Schöppenstädter.
Auf die Adresse der „Mitglieder und Abgeordneten der ersten und zweiten
Kammer" wegen baldiger Einberufung der Kammer» hat Hr. von Man-
teuffcl eine ablehnende Antwort erlassen, in welcher er sagt, daß in jener
Adresse keine neue Motive außer denen, welche das Staats-Ministerium selbst
schon in Betracht gezogen, angeführt seien.
Wenn wir nun jetzt unsre Bitten mit denen jener Herrn vereinen und
als neues Motiv dies hinzufügen, daß mit der Einberufung der Kammern
dem Kladderadatsch ein wahres Californien von Scherz eröffnet
würde: so zweifeln wir um so weniger an der Erfüllung unserer Wünsche, da
man bisher uns immer viel mehr beachtet und viel anständiger behandelt hat
al« die dreifarbige Fraction Wicge-Webestubl.
Der Kurfürst hat sich mit seiner Regierung nach WilheimSbad begeben,
wahrscheinlich um die dortige Quelle zu gebrauchen, deren Wirkung bekannt
ist bei „allgemeiner Schwäche, Lähmung und Unvermögen."
Der Pariser Akademie der Wissenschaften ist ein Plan zur Errichtung
einer Luft-Flotille eingereicht worden, den der Urheber dem Grafen von
Chambord widmet, indem er in einer solchen Flotille ein wirksames Mittel
zur Bekämpfung der Revolutionen siebt.
Dieser Plan zeugt um so mehr von einem genialen politischen Blicke, als
bis jetzt alle Maßregeln gegen die Revolution von oben kamen und in der
Lust zu schweben pflegten.
Der Pastor Köppcn, welcher sich Bischof von Schlesien benamset,
hat einen Schncidcrgescllcn zum Engel ernannt.
Die ärgsten Plagegeister leider
Das waren die unseligen Schneider
Für Lieutenants, Grafen und Barone,
Für all' die Herrn von Von und Ohne —
Wie wohl wär' all' den Herrn „aus Ehre",
Wenn jeder Schneider ein Engel wäre?
Aus dem curieusen Antiquarius durch Europam.
Hessen liegt fast mitten in Deutschland, und gleichwohl seien folgende un-
besonnene Verse verfertiget:
Daö Land Hessen hat große Berg' und nichts zu sressen.
Große Krüge und sauren Wein, wer wollte im Lande zu Hessen sein?
Große Namen und kleine Leut, seyn blind genannt und sehn doch heut,
Han zum Landgrafen große Liebe, ha» niedre Thore und Hobe Diebe.
Wir werden »nS nächstens genöthigt sehen, das Correfpondenz-Büreau
wegen frivoler Witze dem StaaiSanwali zu denunzircn. Dasselbe unterfängt
sich zu lithographircn: der Graf Ignaz Lipöki habe der Königin Victoria daö
Vließ eines Schafes geschenkt, dessen Urahn ein Fürst gewesen, der im Jahre
1825 geboren worden, dieser Urahn habe verschiedene Diktatoren zu Nach-
kommen gehabt, und der in Preußen »nno 1846 geworfene erste Consul sei
der bewußte Hammel oder Schafbock. Für den Großvater dieses ConsulS
sei dem Grasen der rothe Adlcrordc» verliehen worden.
Es hat bis jetzt noch Niemand gewagt, öffentlich zu sagen, daß ein Orden
für Schafe gestiftet sei.
Die Oesterrcichischcn osficicllcn Blätter rufen, ergrimmt über die bekannten
Londoner Vorfälle:
„Haynau'S Schmach ist Oesterreichs Schande."
Allerdings ist die Schmach Haynau'S ein Sackschlag für Oesterreich: man prü-
gelt den Sack und-meint das Ministerium etwa, daß Oesterreich nickt
noch manchen Puff wird aushaltcn müssen?
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so wie de» Herrn Hassenpflug und Komplicen mußten wir den grüßten
Theil des schon drucksertigen ManuscriptS unserer letzten Nummer wieder
vernichten und in aller Eile neues Manuscript setzen. Wir erlauben unS da-
her im Interesse des ohnehin schon mit Lasten so überhäuften ArbeitcrstandeS
die unterthänigc Bitte an die andern Herren Kurfürsten ic., künftig
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sonst gar zu sehr beeilen; und Hochdieselben können ja am Ende bcurtheilen,
wie unangenehm eü ist. Alles nur so in der Flucht machen zu müssen.
Die Setzer und Drucker des Kladderadatsch.
Folgende französische Abhandlung wird jetzt in Form einer Visi-
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Die Tendenz dieses Aufsatzes ist offenbar nur die, den Diener eines
Deutschen Königs beim Publikum lächerlich zu machen. Unbegreiflich aber
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des Verfassers der Preßordonnanzen aus einer Druckschrift benutzen
konnte, auf der nicht einmal Druckort und Firma des Verlegers
angegeben sind.
Wie man sich erzählt, soll übrigens der Potsdamer Verein für
Deutsche Sprache wirklich in die ungeschickt gelegte Falle gegangen, und
Herrn MarcuS Niebuhr wegen MajestätSbelcidigung und wegen Miß-
brauchS der Amtsgewalt zu denunciren gesonnen sein.
In der Vossi scheu Zeitung vom 19. September schwärmt Herr
Rellstab für die „schöne und schauerliche Lage" der Gefängnisse
auf dem Königsstein. Er meint, „diese Gefängnisse könnten, so gut wie
Chillon, einem Byron Stoff zu Dichtungen geben."
Wie schauerlich muß erst die Lage gewesen sein, in welcher
Hr. Rellstab seine ewig dauernden Dichtungen, dieVcnetiancr, Franz
von Sickingen und das Feldlager in Schlesien geschrieben hat?
Lehrer. Weißt Du noch, mein Kind, was eine Fläche ist?
Kind. O ja. Eine Fläche ist, was bloß Länge und Breite hat.
Lehrer. Richtig. Besinne Dich nun einmal, ob Du mir wohl ein
Beispiel nennen kannst.
Kind (ohne Besinnen). Der „Voigt von Silt."
Lehrer. Gut, mein Kind. WaS ist nun aber ein Körper?
Kind. Ein Körper ist, was außer Länge undBreite auch noch
Dicke hat.
Lehrer. Brav. Und nun ein Beispiel?
Kind. Theodor Mügge.
Lehrer. Sehr gut. Zur Belohnung wollen wir den „Voigt von
Silt" jetzt bei Seite legen, und ich werde Dir morgen ein neues Ge-
duld spiel schenken.
Die Sympathie für den Kurfürsten von Hessen ist sehr groß, nicht bloß
unter den Schwarzgelben und Schwärzweißcn, sondern vorzüglich auch unter
den Rothen, welche ihm wünschen, was ihm leider bis heute noch fehlt: —
recht viele Nachfolger.
Wohlgemeinter Vorschlag.
Könnte man nicht unsre neuen Herrn Gemeinde-Vertreter Schöppen
oder Schöffen nennen? Für die alterthümliche Würde wäre auch der alter-
thümliche Name eines Schöppen oder Schöffen sehr passend.
Ein Schöppenstädter.
Auf die Adresse der „Mitglieder und Abgeordneten der ersten und zweiten
Kammer" wegen baldiger Einberufung der Kammer» hat Hr. von Man-
teuffcl eine ablehnende Antwort erlassen, in welcher er sagt, daß in jener
Adresse keine neue Motive außer denen, welche das Staats-Ministerium selbst
schon in Betracht gezogen, angeführt seien.
Wenn wir nun jetzt unsre Bitten mit denen jener Herrn vereinen und
als neues Motiv dies hinzufügen, daß mit der Einberufung der Kammern
dem Kladderadatsch ein wahres Californien von Scherz eröffnet
würde: so zweifeln wir um so weniger an der Erfüllung unserer Wünsche, da
man bisher uns immer viel mehr beachtet und viel anständiger behandelt hat
al« die dreifarbige Fraction Wicge-Webestubl.
Der Kurfürst hat sich mit seiner Regierung nach WilheimSbad begeben,
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Der Pariser Akademie der Wissenschaften ist ein Plan zur Errichtung
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Chambord widmet, indem er in einer solchen Flotille ein wirksames Mittel
zur Bekämpfung der Revolutionen siebt.
Dieser Plan zeugt um so mehr von einem genialen politischen Blicke, als
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Der Pastor Köppcn, welcher sich Bischof von Schlesien benamset,
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Hessen liegt fast mitten in Deutschland, und gleichwohl seien folgende un-
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Daö Land Hessen hat große Berg' und nichts zu sressen.
Große Krüge und sauren Wein, wer wollte im Lande zu Hessen sein?
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Wir werden »nS nächstens genöthigt sehen, das Correfpondenz-Büreau
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Die Oesterrcichischcn osficicllcn Blätter rufen, ergrimmt über die bekannten
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„Haynau'S Schmach ist Oesterreichs Schande."
Allerdings ist die Schmach Haynau'S ein Sackschlag für Oesterreich: man prü-
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