DOI Heft:
Hefte 44-47, November 1850
DOI Seite / Zitierlink: https://doi.org/10.11588/diglit.2231#0182
Wahrhaft patriotische Betrachtungen.
Um nach der Horaziscken Anweisung das Nützliche mit dem Angenehmen z>Bverbinden und zugleich unfern Parriolismus
mit unangetasteter Eocarde zu bekunden, werden wir von Zeil zu Zeit lehrreiche Aufsätze bringen über das Vaterland, von welchem
wir einstweilen bemuttert werden, und dem wir hoffentlich bald als echte Söhne gehorsamen werde» — über Rußland.
Preußen liegt so nahe an Rußland, daß man gar nicht sagen soll, was eine Sache ist. Rußland fängt da an und hört
da aus. wo die Well mit Brettern vernagelt ist, weßhalb der Czar ein unbegrenzter Alleinherrscher genannt wird.
DaS Maaß, wonach Rußland die Entfernungen, also auch die Nähe Preußens, mißt, ist der Schuh, auch Kantschuh genannt,
welcher cingethcilt wird nicht nach Strichen, sondern nach Streichen. Zehn solcher Schuhe gehen auf eine Ruthe, und hak der
Kladderadatsch schon früher nachgewiescn, daß ganz Deutschland eigentlich nur 31 Ruthen auskrägl.
Obgleich auch in Deutschland a» Viehzucht kein Mangel ist, wie mehr als 70 Rittergutsbesitzer beweisen können, welche
dem. .wegen Verleumdung verurtheilten Vorkämpfer für Wahrheit" einen Ehrenbecher geschenkt, so ist doch die Russische
Zucht gediegener, und wird Deutsches Leder erst den Werih des Juchtens erhalten, wenn eS nach Russischer Art gegerbt und
behandelt werbe» wirb.
Hoffen wir, daß wir bald so weil sind!
Kür Viehzucht, Censur, Bücherverboie, Heiligenbilder und Schnaps wird durch den Minister der V o l k sa u sklärung
gesorgt.
Es giebi 14 AdelSklasscn, welche sich von anberem Adel dadurch unterscheiden, daß sie höchstens Prügel verdienen, aber nie
bekommen.
Die Fürsten, welche dem Kaiser unbedingt gehorchen müssen
von ihre» Herren verkauft werden, worüber man nähere Erkundigungen
Feuill
Der Polizeidirector in München, Graf ReigerSberg, hat dem in
München ansässigen Redakteur des „Grabaus" eröffnet, „daß, wenn er in
seinem Blatte und aus andcrm Weg die Leute noch ferner ausreize und Unruhe
verbreite, wie bisher, er ihn kraft seines Amtes in ein ZwangS-
arbeitShauS schicken werde."
Ein ZwangSarbeitShaus für einen Münchener Schriftsteller —
eine Zwangsjacke für einen Münchener Polizeidirector, das sind Corrc
Iativa, gegen welche kein Grammatiker etwas einwenden kann.
Zn der ersten Beilage der Vossischcn Zeitung vom 31. Octobcr bcsindcl
sich ein Inserat „zur Beherzigung für Actionaire der Steele - Vohwinkel
Eisenbahn." Als Verfasser unterschreibt sich „ein Actionair, der sich
Alles versucht hat."
Wir machen die Sichcrhcitabchördcn unsres Staates auf dieses gefährliche
Individuum aufmerksam, welches, nachdem eS sich Alles versucht, jetzt
noch ganz offen auffordert, nur mit Steclern Geschäfte zu machen.
Der Ritter Anton Edmund Wollheim da Fonseca, der sich in
seiner kurzgcfaßtcn Literaturgeschichte sS. 180) als „den ersten Roman-
tiker einer neuen dramatischen Periode in Deutschland" auStrom-
pcten läßt, wird, wie man hört, die ersten Blüthen, die seine Romantik auf
dem Berliner Bode» getrieben, im Theater der Friedrich-Wilhelmsstadt
nächstens zur Schau stellen. Die Nachricht von der endlich hereinbrcchcnden
Morgcnröthc der Deutschen Poesie hat unter Len Musen frohlockenden Jubel
erregt, und hänbeklatschend rief Melpo mene ein Mal über das andere auS:
„Thalia, mach' de Fenster us,
Jetzt kommt een Portujiese!"
«Wird fortgesetzt).
Nachdem die Nichtwahl des Herrn Naunyn zum Oberbürgermeister
gegenwärtig ziemlich gesichert erscheint, schwankt die Wahl nur noch zwischen
den Herrn von Selchow und von Patow. Wer von den Beiden ge-
wählt wird, kann uns gleichgiltig sein; jedenfalls endet das Resultat der
Wabl mit OW.
, herpen Knase, und Leibeigene nennt man Diejenigen, welche
in Kurhessen einziehen kan».
Kladderadatsch.
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Am 26. und 27. Oktober ist in Grüneberg das 700jährige Jubiläum
des dortigen Weinbaues geseiert worden. Nach der Freundlichkeit, mit welcher
wir unö in No. 21. unsres Blattes (vom 26. Mai 1850) der 700jäbrigen
Grünebergcr Weinbauer angenommen, hatten wir erwartet, daß sie zu ihrem
Jubelfeste uns wenigstens ein Fäßchen Wein schicken würden. Aber e-
war Effsig.
Bei der bevorstehenden ÖbSrbürgermcifterwahl halte ich cs, um Mißver
liändnissen aus dem Wege zu gehen, für nothwendiq zu bemerken, daß ich im
dritten Gesang meiner „Hölle" die Worte:
— Der Klang, der durch die Lüste bebt,
Kommt von dem Jammer-Volk, geweiht dem Spotte,
Das okne Schimpf und ohne Lob gelebt,
Nickt Meuterer und treu nicht ihrem Gotte" —
ohne jede Beziehung auf den Candidaten der Neuen Preußischen
Zeitung und des Kladderadatsch geschrieben habe, daß ick vielmehr
seine Wahl nur begünstigen kann, indem ich dieselbe für eine noch gött-
lichcre Komödie, als die mcinigc ist, halten würde.
Dante Alighieri, Literat und polizeilich befugter Concipient.
Wie die Zeitungen berichten, steht die Stadt Düsseldorf in Gefahr,
die Maler Akademie verlegt zu sehen, wenn die StadtratbSwahlcn „nicht
in gewissem Sinne" aussällen. Wenn sie aber in gewissem Sinne
auSfallen, so haben wir die frohe Hoffnung, noch recht vieles von den Düssei
dorfer Pinseln zu hören und zu sehen.
Der Gcmcinderath hat dem Local-Verein für das Wohl der arbeitenden
Klaffen die weitere Benutzung des bisher inne gehabten Saales verweigert.
Der Saal des Gemeinderaths ist also fortan nick« der Ort, an welchem da«
Wohl der arbeitenden Klaffen verhandelt wird.
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