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6G

Dilettaiitcii-Albmii.

Äuf vielseiliges Verlangen eröffnen wir versuchs-
weise unter dem Titel: „Dilettanten-Alb um" !
«ine Rubrik für peclische Einsendungen, die, wenn
sie auch einer orthodoxen Kritik nicht ganz genügen,
doch immerhin -in erfreuliches Zeugniß für die i
poetische Richtung unserer Zeit ablegcn. Freilich
werden wir, dem Bciipicl LeS FremdenblattS
folgend, nicht umhin können, für bewirkten Abdruck
von den geehrten Herren Einsendcrrr ein Honorar
zu erheben. Ucber die Höhe dieses Honorars werden
wir in Bälde Mittheilung machen; vorläufig ist noch '
unsere lyrische PrnfungScommiision in Berathung l
darüber, ob die cingesandtcn Manuscriptc nach dem ;
Ellenmaß besteuert werden sollen oder nach dem
Apothekergewicht, und ob für unreine Reime, über-
zählige Füße und unheilbare Dunkelheiten im Text
ein besonderer Zuschlag zu erheben sei. Vielleicht
wäre cS daS Rentabelste, den Herren Versaffeni selbst
die Abschätzung ihrer Produele zu übcrlaffen.

Beifolgend laffen wir ungesäumt einige Perlen
moderner Privatlyrik folgen.

1. Der Frühling.

Frühling ist lieblich,

Wenn man viel Geld hat;

Sonst unersprießlich,

Selbst in der Weltstadt.

Wundervoll treiben
Diverse Gewächse,

Eier in Kneipen,

Stück einen Sechser.

Außerdem schlagen
Finken und Amseln;

Trinkgelder haben
Gern die Bier-Mamsell n.

Nun aus dem Zimmer
'raus unvcrdroffen!

Selters mit Himbcer
Nicht unten» Groschen.

Nicht mehr so selten
Trifft man den Bückling.

Häus'ge Erkältung! —

Schön ist der Frühling!

August Käfer,

zugleich eine Anstellung in der Knops-
odcr Gummi-Branche suchend.

2. Liebesglück.

Ha! sie ist mein! O Götterwonncnfülle!

Ha! sic ist mein — mit circa 15 inillo.

Jetzt, Veilchen duftet! Rosen, blüht gesellig!

Jetzt, Nachtigall, jetzt schmettre — wenn'S gefällig.
Ihr Vater, im Rcgierungsfach fungirt er.

Allfeit'gc Sichtung; Adlerordcn IV.

Ich selbst der Allerletzte meines Stammes!

Schön war der Tag - in allen Augen schwamm es.
In Ricsensreudentaumel hat's versetzt mich;

Wo ich die Slbende zubring', weiß jetzt ich.

Hugo vom Söller.

3. Das snnnine Läinmlcin.

Ein Läinmlcin trieb sich friedlich
Sluf grüner. Au herum.

Ei, du verfluchtes Läinmlein,

Wie bist du so sanft und frunim!

Doch, ach, nach einem Weilchen
Kam st'irchterlichen Knall's

Der Gottseibeiuns geflogen
Und brach dem Läinmlcin den HalS.

Gottfried Nessel.

4. Wrltscclc»bcmusjtsein.

Ludovike Oualschkopföli, geb. Moll.

Gedankensäure, mit sich selbst zerfallen,

Gährt tosend im UnendlichkcitSbcdürfniß;
Anschießend dann z» sunkclnden Krystallen,
Vermittelt sie daS ewige Zerwürfniß,

Und ruhlcS geht es weiter fort im Taete
Des Donnerwirbelsturins der Katarakte.
(Folgen noch 2G Strophe», die wie der Beschränll-
heit des Raumes wegen leider vorläusig zurücklegs
mußten.) ,

5. Der Dichter und.der Käse.

Bon dem Betroffenen.

Ein Dichter sitzt int Dalles.

Ihm knurrt der Magen bös;

Da rennt die Maid für Alles
Und holt den. Dichter KäS.

Und wie den KäS zerstückelt
Der rauhe Krämer bat,

Bringt ihn die Maid, gewickelt
Ins Sonntags-Freindenblatt.

Der Dichter wie ein Falke
Stößt auf den Käse schier;

Doch gleicht er stracks dem Kalke,
Betrachtend das Papier.

ES stehn feine eignen Gedichte
Darauf, voll dunkeln Weh's.

Moral von der Geschichte:

Iß niemals keinen Käs!

Kladderadatsch.

Müller. Also
Sckultze. War
Müller. Mir
Schultze. WaS
fein, wenn SIE oot

Müller. Sag'
zur Abschaffung von t
Schnitze. Da i
Nachfragen; denn kam



0^"FeNillrtv«.^Mo

Zum Nuchdruckeriag.

Ihr GuttenbergSgesellen,
Versammelt, im Verein
WaS Gutes aufzustellen,
Willkommen sollt ihr sein!

Wir aber, die verfaßen
Und etwas drucken lasten,

Wir wünschen nebenbei:

WaS ihr unS druckt, soll srommen,
Zur Geltung soll es kommen,

Sich zeigen dürfen frei!

Ein Pereat den Muckern,

Den Pressern und den Hetzern
Und dem feudalen Spuk!

Ein-Vivat guten Setzer»!

Ein Vivat guten Drucker»!

Ein Pereat dem Druck!

Die Slbsicht der Kaiserin, niit ihrem Sohne nach Rom zu wallfahrten,
macht böieS Blut. Eugenie ist die große Fchdehandschuhmacherin deck
Pariser LebenS.

Auch der diesjährige Frühling ist dem WachSthum Preußens günstig.
Auf dem Grabe der KönigSberger Zeitung soll bereits eine neue —
Anklage erblühen.

3gnaz Tartufse.

(5. April 1868.)

Gesenkten Blicks, schleichenden Schrittes naht
Ignaz Tartufse, pflichtmäßig auSzuschnüffeln,

Ob nicht ein Nuntius, ein Eoneordat
Jetzt in Berlin sich ließen eintartüffeln.

Er seufzet, betet, sucht sich sronimen Trost
An Preußens Thron ob Oestreichs stechen Schwätzern,
Spürt, schmeichelt, tastet, stockt und — geht erbost,
Daheim zu melden, daß bei diesen Ketzern
Er doch — wie schon bei Moliöre ihm geschah —

Viel stärker fand, trotz mancherlei Orgonen,

De» königlichen „Gott ex maebina"

Als Roms gelungenste Machinationen.

Preußens Glück sprengt alle Banken.

Es heißt, daß der Magistrat von Berlin trotz des NothstandeS mit
unerbittlicher Strenge zahllose Exeeutionen wegen rückständiger Mieihisteuer
vollslrccken laste. Wir können und wcllcn das nicht glauben; es würde em
sehr böscS Zeichen der Zeit sein. Wenn ein Armer mit dem Andern nicht
einmal mehr Erbarmen hat, dann hört doch AlleS auf!

Die „Bilance des Kaiserreichs" stimmt nicht; sie — verstimmt.



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