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3Ir. 50. flerli«, itu 3. «oomb.r 1872., XXV. Ottljrpng.

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Montan, den 4. November.

Zwei Tage schon nach Allerseelen
Und doch — wie ist mein Jammer groß —
Die Todgcdanken. die mich quälen,

Ich werd' sie nimmer, nimmer los.

Dienstag, den 5. November.

Wer bei des KreisgeseheS Lesung
Sah wohl so Schreckliches voraus V
Heut geht der Odem der Verwesung
Erstickend durch das Herrenhaus.

Mittwoch, de» 6. November.

Schon schrecklich ist's, sich überleben,
Doch schrecklicher, als Schatten nur,
Rings von Lebendigem umgeben,

Zu wandeln auf des Lebens Spur.

Srfjfuljlmfciihcr.

Donnerstag, den 7. November.

Ein Schatten, trab' ich hin zum Grabe,
Atem Roß ein klappenides Gestell —

Und Herr von Winter krächz« als Rabe:
Hurrah! DieTodten reiten schnoll!

Freitag, den 8. November.

Andächtig falt' ich meine Hände
Und seufz' in tiefbetrübtem Sinn:

Wer weiß, wie nahe mir mein Ende,
Wie, was und wo ich morgen bin '/

Sonnabend, den 9. November.

Gestürzt aus allen sieben Himmeln,

Und auf den Kopf gefallen gar!

Und vierzig neue PairS schon wimmeln
Sch' ich. — Auf Lippe! Schauderbar!

Kladderadatsch.

sMmonslil'ch-snIirischetz WochmtMl.

^(iraßalc aus einer hoffentlich bald vollendeten Komödie.

ir gewöhnlich ist's und erklärlich auch, daß mehr als eigene
Mühsal

Zum cudlichcn Sieg unser Feind uns hilft durch verhängnißvolle
Verblendung!

Denn der Hochmuth gleichet der Welle des Meers, die hoch sich
thürmet und höher,

Bis sie eudlich, sich überstürzend, zerfällt, sich löst in Blasen und
Schaumflut.

Und so preis' ich laut den feudalen Trotz, der Maß nicht kennt
noch Bescheidung,

Der uns endlich bringt, was vergebens lang' erstrebten tüchtigste
Männer.

Es erhebe mein Mund Scnsft-Pilsach's undKleist-Rctzow's
herrlichen Starrsinn

Und den giftigen Groll, welcher Lippe sogar hinreißt zu schwül-
stiger Rede!

Tenn diese ja sind's, die mit Freihcitssinnmir füllten manchen Minister,

Ter am Anfang ganz zu ihnen sich hielt und erschien der Dunkel-
sten Einer.

Nun zum letzten Mal, so hosi' ich es, beut sich uns das klägliche
Schauspiel,

Daß der Junker Will' als ein Niegel sich vorschiebt gedeihlichem
Fortschritt.

Leicht wird mir das Herz, wenn ich sehe, wie sie — die Gräber
eigenen Grabes —

Mit gespenstiger Hast handhaben die höchst unheimlich blinkende
Schaufel.

Gern gönn' ich das Grab der kleinen Partei, die einst so mächtig
sich dünkte,

Eebraiicheud die Macht zu gehässigem Thun und rücksichtsloser
Verfolgung —

Die so laug' nun schon, im Innern erfüllt von unerträglichstem Dünkel,

Unsäglich uns plagt und langweilt auch mit überschwänglichem
Frommthnn.

Nicht will ich ernen'n die Erinnerung an die plagenreiche Cou-
flictzeit,

Die hinter uns liegt und verdrängt schon lang' durch Ruhm und
strahlenden Glanz ist;

Aber Zeit nun wird's, daß sie endlich auch, die Unausstehlichen,
fortgchn —

Daß sie endlich auch, wie sie oft schon gedroht, sich tückisch mur-
rend zurückziehn,

Um ganz zu widmen der Krautzucht sich und dem Branntweiu-
brcnnen, das einzig

Befriedigung schafft und daneben auch abwirft erkleckliche Nenten —

Daß sic ruhn vom zungcnermüdcnden Streit im Schalten moo-
siger Stammburg,

Wo sie sinnig grüßt vom Getäfel der Wand das Bild des ge-
fürchteten Urahn.

Das gewähr' uns Zeus' allwaltende Hand und verhelft zum
Frieden uns gnädig!

Denn sie sind der Art, diese Störer all', daß sie nicht sich fügen,
bevor nicht

Sie merken die kräftig zügelnde Hand und sehn, daß endlich cS
Ernst wird.

Trum, o Kanzler, halte bereit den Schub,

Ter die Mehrheit sprengt, ein gewaltiger Keil,

Und den Junkertrotz, den vcrmrffenen, straft —

Der den Landtag füllt
Mit der fröhlichen Schaar
Frcidcnkcnden Volks —

Der uns endlich bricht
Der Debatten Frucht
Und den längst verheißenen Segen.

Kladderadatsch.
 
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