Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
ALL

118

An den Sommer.

Seid willkommen, heiße Tage,

Die ihr plötzlich kamt mit Hast!

Nach so mancher Noth und Plage
Schafs! ihr manchem Müden Nast.
Ruhe für gequälte Wese»

Bringt der Sommersonne Glut,

Bringt die Hitze, die ermattende,

Da der Mensch aussucht das Schaltende
Wenn sie keine Zeitung lesen,

Sind die meisten Menschen gut.

Lieblich sind des Lenzes Spenden,
Wenn er kommt mit Veilchendust,
Wenn es blüht an allen Enden,
Vogelsang erfüllt die Lust.

Doch die Zeit, die Früchte schwelle»
Läßt am Baume, lob' ich auch,

Die mitunter niederdrückende,

Doch ersreuende und beglückende,
Wenn das Korn zu schweren Wellen
Wird bewegt vom Windeshauch.

In den Hader der Parteien
Bringt der Sommer e»vas Ruh'.

Die sich heftig sonst entzweien,

Eilen fort, der Freiheit zu-
Freuen sich an reinen Lüften,

Wo ei» bessrer Geist regiert;
Windihorst schlüpft, der vogelstellende,
Ins Gebüsch, das köstlich schwellende,
Während in den finstern Schliisten
Schimpfend sich Eugen verliert.

Nur nicht ganz mit regenlosen
Tagen stell' dich, Sommer, ein!
Nicht verseng' uns unsre Rose»,
Nicht verdorr' uns unfern Wein!
Laß auch, bitte, kühlen Rege»

Fallen aus der Wolken Schoos,

Das Gewitter auch, das krachende,

Frei uns wieder athmen machende,

Das der Flur und uns ein Segen —

Lieber Sommer, laß es los!

Kladderadatch.

Lake fl a [ i t i li.

Nach der „Bossischen Zeitung" ist vor einigen Tagen in Wien wieder
das Gerücht von einer österreichisch-russischen Separatverständignng über die
beiderseitige Einflußsphäre auf der Balkanhalbinsel ausgetaucht. Ni an be-
absichtigt das Balkangebiet in zivei große Hälften zu Iheilen, deren südliche
Oesterreich-Unganl zufiele, während die östliche Rußlands Domäne bilden soll.

Der Gedanke, die Balkanhalbinsel in eine südliche und eine östliche
Hälfte zu theilen, ist so genial, daß er wohl aus dem Kopfe der Tante
Boß selbst herstammen könnte. Er hat ferner das Verdienst, uns zu einem
Vorschläge anzuregen, der uns nicht von schlechten Ellern zu sein scheint.

Man zerlege die Balkanhalbinsel in so viel gleiche Theile als europäische
Staaten vorhanden sind, alsdann weise man jedem europäischen Staat einen
dieser Theile als „Einflußsphäre" an. Indem die verschiedenen Einflüsse
gegen einander arbeiten, werden sie sich unter einander ausheben, und der
Orient wird endlich Ruhe haben.

Der Sultan kann als AussichtSrath über das Ganze gesetzt werden.

Ilus Kaisern und Sommecfcifdien.

Zillendorf. Unter diesem Namen hat der Unternehmer Schmidt auf
dem Ouaduxensee eine Zillenkolonie gegründet. Dieselbe besteht aus 22 Fahr-
zeugen, auf deren jedem 5-6 Familien Unterkommen und ihre Sommer-
frische abhalten können.

Man denke sich nur, wie reizend eine schwimmende Sommerwohnung
sein muß! Das Bad ist unmittelbar vor der Thür, und das Mittagsmahl
wird bereitet aus dem, was die Angel kleckt. Alle acht Tage bricht die
ganze Flotte unter Führung der Admiralzille aus und legt sich an einer
andem Stelle des Quaduxenseeusers vor Anker. Die Preise sind mäßig
gestellt, eine Nestaurationszille gehört zur Flotte. Den Sonimergästen ist
es gestattet, eigene Enten und Frösche zu halten. Damit diese nicht unter
einander verwechselt werden, sind sie mit verschiedenfarbigen bunten Bändern
zu versehen, welche bei den Enten um den Hals, bei den Fröschen, die be-
kanntlich keinen Hals haben, um den linken Hinterlauf befestigt werden.

Das Halten selbst von zahmen Krokodilen ist in Zillendorf nicht ge-
stattet, weil diese Thiere sehr zerstreut sind und in Gedanken nur zu leicht
einen oder den andern der badenden Herrschaften durchbeißen.

Zur otlliogtaplufdien .frage.

Unerträgliche Zustände sind dadurch hervorgerusen worden, daß in sämmt-
lichen Schulen unseres Vaterlandes die Puttkaniersche Orthographie als
Norni gilt, während das Reichskanzleramt und die Postbehörde ihren Beamten
den Gebrauch derselben nicht gestatten.

Nach dem Sturze deS Herrn von Pultkam er könnte vielleicht in der
Weise eine Aenderung eintreten, daß in den Schulen fortan beiderlei Ortho-
graphie, die alte und die Puttkaniersche, gelehrt wird. Die Schulbücher hätten
dann aus der einen Seite den Text in alter, aus der andern in neuer
Orthographie zu enthalten, und die schriftlichen Arbeiten müßten abwechselnd
nach der einen und nach der andern Vorschrift angesertigt werden.

Leicht durchzufllhren wäre das allerdings nicht, aber die Verwirrung
könnte dadurch doch mindestens auch nicht größer werden, als sie jetzt ist.

Die rrtsche Miliz.

In Irland ist fürwahr gerüstet excellent
Das Sligo-Artillerie-Milizen-Regiinent!

Man kann zur Sommerszeit wohl füglich übersehen,

Daß Mäntel größtentheils aus Löchern nur bestehen;

Daß am Tornister auch die Riemen sind zerrissen:

Man wird halt unterm Arm den Kasten tragen müssen!

Und wenn das Kalbfell fault, so ist das zu verzeihen;

Wenn's etwa nicht gut riecht — nian ist ja meist im Freien!
Doch minder in der That will mir der Unistand passen,

Daß Flinlenhähne sich zumeist nicht drehen lassen,

Und daß die Läuse meist sind äußerlich verbogen
Und innerlich voll Rost, auch nicht einmal gezogen!

Es kann ja möglich sein, daß in Borneos Flur
Noch ininicr imponirt so glänzende Montur,

Doch für Europa sind zu älllich doch die Sachen:

Schenkt sie der Heilsannee! die wird noch Staat mit machen'

Die päpJUidie Kiirylililin non iler menschlichen Freiheit.

(In gutes Deutsch übersetzt).

Die nienschltche Freiheit ist so'ne Sache und hat als solche ihre zwei
Seilen, eine positive und eine negative. Die posittve Seite erstreckt sich
hauptsächlich auf das Verhältnis, des Menschen zu seinem Staate und seiner
Nation. Wir sind hier weitherzig und vorurtheilsfrci genug, dem Individuum
die weitgehendsten oppositionellen Rechte zuzugestehen. Ja, selbst wenn der
Mensch in seiner Freiheit so weit gehen sollte, sich solchen Anschauungen und
Parteien anzuschließen, die, den Tendenzen nationaler Institutionen zuwider-
lausend, der Omnipotenz des Staates Abbruch zu thun geeignet sind; unsere
Toleranz ist so unsäglich groß, daß mir — man höre und staune — auch
hiergegen nichts Erhebliches einzuwenden hätten.

Ganz anders verhält es sich dagegen mit der negativen Seite, der
menschlichen Freiheit ans kirchlichem und kirchenpolitischem Gebiete. Wenn es
hier etwa sich jemand beikommen lassen sollte, die sogenannte Gewissens-
sreiheit für sich zu beanspruchen, das geheiligte Recht der alleinseligmachenden
Kirche zu verküniniern und an den Säulen der hierarchischen Weltordnung

zu rütteln, ei den soll doch gleich ein heiliges.

(Die Strippe reißt).

Quälende Zweifel.

Mich durchrieseln kalt' und kältre
Schauer, und ich steh' gequält.

Wehe, wehe! Neuß das ältre
Hat im weißen Saal gefehlt.

Bayern, Sachsen war vertrete»,

Württemberg that seine Pflicht,

Keine von den freien Städten
Fehlte — Reuß allein kam nicht!

O wie bitter ist's, zu tragen
Diese Qual, die keiner stillt!

Immer wieder muß ich fragen,

Ob die ganze Sache gilt!?
 
Annotationen