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JR.Teine illiiilieiCungen.
Tipplingen. Wie sehr setz! auch in den besten Kreisen des Volkes
die materiellen Interessen alle edlere» Regungen zurückdrängen, das mußten
wir leider bei dem Preisschieben erlebe», welches der Kegelklub „Freiheit"
jungst veranstallele.
Der erste Preis bestand in einer großen Photographie des Vertreters
von Hagen, der zweite in einem halben Hammel, der dritte i» einer selten
Gans. Frenetischer Jubel erscholl, als der Präsident des Vereins den ersten
Preis davontrug, und schleunigst wurde der interessante Vorgang durch
Postkarte nach Berlin gemeldet.
Was aber lhat der ebenso glückliche, wie u»würdige Gewinner mit dem
Bilde des großen Volksmannes? Er legte »och fünf Mark baar dazu und
lauste dasiir dem Erwerber des zweiten Preises den halben Hammel ab!
Feuchterslebe». Einem eigenthiimlichenUmstande ist es zuzuschreiben,
daß bei der letzte» Urwahl die Conservativen unseres Städtchens überhaupt
nicht vertreten waren.
Schon vor drei Jahren hatten die gutgesinnten Urwähler einen Verein
gegründet und sich zum pünktlichen Erscheinen im Wahllocal verpflichtet; wer
ausblieb, sollte ein Fäßchen Bier setzen. Damals blieben sechs Wähler fort
und wurden in Strafe genommen. Bei der letzten Wahl fehlten diese sechs
Bummler natürlich wieder, leider glaubten aber die übrigen Vereins-
mitglieder, anstandshalber auch einmal Freibier geben zu müsse», und so
blieben alle zu Hause.
So sehen wir an einem warnenden Beispiel, wie leicht Einrichtungen,
die an sich nützlich und lobenswerth sind, zum Schaden ausschtagen können.
Berlin. Der Niedergang der sreisinnigen Partei legt die Bcsürchtung
nahe, daß diese Species von Politikern eines -Tages ganz ausstirbt, und daß
damit auch das alt-ehrwürdige Parteiprogramm verloren geht.
Um das unschätzbare Document für ansgeklärtere Zeiten zu retten, wollen
jetzt verschiedene Stadtverordnete beantragen, dasselbe bei der Errichtung
städtischer Gebäude mit den üblichen Papiere», Zeitungen und Münzen in
den Grundstein zu versenken. Bei der Erbauung von Kirche» soll auch im
Thurniknops ein Exemplar »iedcrgelegt werden.
I e t JG e o n i i[ b ii f di io n c m.
Vom Stammtisch bin ich voll Energie
Um Mitternacht schon geschieden;
Ich ivollte sehen den Sternschnuppenschwarm,
Die leuchtenden Leoniden.
Ich habe auf dem Leipziger Platz
Erwartungsvoll Stellung genommen,
Zum Bilde des Löwen blickt' ich empor
Und dachte: Jetzt werden sie kommen!
Ich starrte hinaus, wie hypnotisirt,
. Doch konnte ich nichts erschauen.
Klar ward mir: auch dem Novemberschwarm
Ist nicht mehr recht zu trauen.
Eins schlug es, und noch harrt' ich umsonst
Des Schauspiels, das so Prächtig
Sich machen soll; der Nachttvächter sah
Mich an, ich schien ihm verdächtig.
Kalt psisf der Wind! Zum Stammlocal
Eilt' ich in, Trabe wieder,
Durch sortgesetzlen Grogconsum
Belebt' ich die starre» Glieder.
Nie locken die Schnuppen mich wieder hinaus
Aus der behaglichen Wärme,
Und sielen dicht vor der Hausthür herab
Die schönsten Novemberschwärme.
Mir war' es gleich, wenn der Himmel auch
Schockweis Leoniden verstreute!
Das mag was für Astronomen sein,
Doch nicht für verständige Leute.
Die arme Sarah Bernhardt soll in Wien 1371 Mark Steuern
bezahlen.
Aus Aerger darüber soll sie beschlossen haben, sofort nach Berlin zu
reisen und sich daselbst in der Hasenheide als Fettdame sehen zu lassen.
Hilf ein iüuflriim.
An das neugewählte Abgeordnetenhaus.
Gottlob, jetzt hat man auf ein Lustrum Ruh,
Was anbetrisft den Landtag! Fröhlich spricht es
Der Wähler, und erheiterten Gesichtes
Der Arbeit wieder wendet er sich zu.
Im hohen Haus nun platze Geist auf Geist
Im Streit einander feindlicher Tendenzen!
Muß alles doch sich halten in den Grenzen
DeSjengen, was parlamentarisch heißt.
Fünf Jahr nun hat man Ruhe! Aber wird
Das hohe Haus so lange wirklich leben?
Schon über ihm mag ei» Berhängniß schweben —
Die klügste menschliche Berechnung irrt.
So sehr auch Ruhe uns und Frieden frommt,
Noch eh das Lustrum hat ein End' genommen,
Wie viel indessen kann dazwischen kommen!
Doch hoffen wir, daß nichts dazwischen kommt.
Schon gar zu heftig draußen war entbrannt
Der Streit, betäubend scholl das Kampsgebrause,
Allein auf Ordnung hält im hohen Hause
Der Präsident, die Glocke in der Hand.
Genöthigt sind die Führer der Partei»,
Still bei einander wieder Platz zu nehme»,
Sogar Eugen muß >e«»e Wildheit.rahme»
lind darf nicht mehr so unausstehlich schrei».
Du bist gewählt, o hohes Haus, bedenk',
Wie schwer es ivar, wie mühsam, dich zu wählen!
Nun laß es nicht an wackrem Fleiße fehlen,
Vertrödle nicht die Jahre mit Gezänk'!
O hohes Haus, nimm dir das Beste vor,
Daß Segen deinen« Tageiverk entspringe;
Genug gesorgt sein wird für ernste Dinge,
So sorge denn du selbst für den Humor!
Stntiflifdies.
Nach einer Mittheilung des statistischen Bureaus hat die ganze Erde
1 455 923 000 Bewohner.
Wer die Schwierigkeiten kennt, welchen eine genaue Volkszählung bei
den wenig aufgeklärten Bewohnern des innere» Afrika sowie inancher
asiatischer Districte begegnet, iveiß, welche Unsumme von Arbeit in dieser
lchlichten Ziffer steckt.
2Dint etlirmij).
Von Anatole Knatschke.
Es kommt der Jünger des Apoll
Im Lenz zur Ruhe mit Nichten,
Stets hat er alle Hände voll
Zu thun mit dem öden Dichten.
Im Sommer auch wird selten nur
Er müssig angetroffen,
Sein harrt im Wald und auf der Flur
Ein ganzes Heer von Stoffen.
Jin Herbste läßt er dann sein Lied
Gewohnheitsmäßig erschallen
Vom Schwälblein, das gen Süden zieht,
Von Blättern, ivelche fallen.
Willkommen druiil Zeit, da es stürint so scharf.
Und da gefroren die Gossen,
Da, wenn den Ausdruck ich «vagen dars,
Die ganze Natur geschlossen.
Kein Stoff mehr zeigt sich weit und breit
Zur Rechten wie zur Linken;
Der Winter ist die schönste Zeit:
Da kommt man endlich zum Trinken!
In wenige» Tageii «vollen alle »eiige>vählten freisinnigen Abgeordiieteil
i» Berlin ziisai»i»ci«koii»»c», um der „Parteileitung" eine wohlverdiente
Ovation darzubriugc» in Gestalt eines WagenaufzugS.
Derselbe «vird aus einem vierspännigen Kremser bestehen, in dem
23 Personen ja sehr gut Platz finde». Voran ein Spitzenreiter.
JR.Teine illiiilieiCungen.
Tipplingen. Wie sehr setz! auch in den besten Kreisen des Volkes
die materiellen Interessen alle edlere» Regungen zurückdrängen, das mußten
wir leider bei dem Preisschieben erlebe», welches der Kegelklub „Freiheit"
jungst veranstallele.
Der erste Preis bestand in einer großen Photographie des Vertreters
von Hagen, der zweite in einem halben Hammel, der dritte i» einer selten
Gans. Frenetischer Jubel erscholl, als der Präsident des Vereins den ersten
Preis davontrug, und schleunigst wurde der interessante Vorgang durch
Postkarte nach Berlin gemeldet.
Was aber lhat der ebenso glückliche, wie u»würdige Gewinner mit dem
Bilde des großen Volksmannes? Er legte »och fünf Mark baar dazu und
lauste dasiir dem Erwerber des zweiten Preises den halben Hammel ab!
Feuchterslebe». Einem eigenthiimlichenUmstande ist es zuzuschreiben,
daß bei der letzte» Urwahl die Conservativen unseres Städtchens überhaupt
nicht vertreten waren.
Schon vor drei Jahren hatten die gutgesinnten Urwähler einen Verein
gegründet und sich zum pünktlichen Erscheinen im Wahllocal verpflichtet; wer
ausblieb, sollte ein Fäßchen Bier setzen. Damals blieben sechs Wähler fort
und wurden in Strafe genommen. Bei der letzten Wahl fehlten diese sechs
Bummler natürlich wieder, leider glaubten aber die übrigen Vereins-
mitglieder, anstandshalber auch einmal Freibier geben zu müsse», und so
blieben alle zu Hause.
So sehen wir an einem warnenden Beispiel, wie leicht Einrichtungen,
die an sich nützlich und lobenswerth sind, zum Schaden ausschtagen können.
Berlin. Der Niedergang der sreisinnigen Partei legt die Bcsürchtung
nahe, daß diese Species von Politikern eines -Tages ganz ausstirbt, und daß
damit auch das alt-ehrwürdige Parteiprogramm verloren geht.
Um das unschätzbare Document für ansgeklärtere Zeiten zu retten, wollen
jetzt verschiedene Stadtverordnete beantragen, dasselbe bei der Errichtung
städtischer Gebäude mit den üblichen Papiere», Zeitungen und Münzen in
den Grundstein zu versenken. Bei der Erbauung von Kirche» soll auch im
Thurniknops ein Exemplar »iedcrgelegt werden.
I e t JG e o n i i[ b ii f di io n c m.
Vom Stammtisch bin ich voll Energie
Um Mitternacht schon geschieden;
Ich ivollte sehen den Sternschnuppenschwarm,
Die leuchtenden Leoniden.
Ich habe auf dem Leipziger Platz
Erwartungsvoll Stellung genommen,
Zum Bilde des Löwen blickt' ich empor
Und dachte: Jetzt werden sie kommen!
Ich starrte hinaus, wie hypnotisirt,
. Doch konnte ich nichts erschauen.
Klar ward mir: auch dem Novemberschwarm
Ist nicht mehr recht zu trauen.
Eins schlug es, und noch harrt' ich umsonst
Des Schauspiels, das so Prächtig
Sich machen soll; der Nachttvächter sah
Mich an, ich schien ihm verdächtig.
Kalt psisf der Wind! Zum Stammlocal
Eilt' ich in, Trabe wieder,
Durch sortgesetzlen Grogconsum
Belebt' ich die starre» Glieder.
Nie locken die Schnuppen mich wieder hinaus
Aus der behaglichen Wärme,
Und sielen dicht vor der Hausthür herab
Die schönsten Novemberschwärme.
Mir war' es gleich, wenn der Himmel auch
Schockweis Leoniden verstreute!
Das mag was für Astronomen sein,
Doch nicht für verständige Leute.
Die arme Sarah Bernhardt soll in Wien 1371 Mark Steuern
bezahlen.
Aus Aerger darüber soll sie beschlossen haben, sofort nach Berlin zu
reisen und sich daselbst in der Hasenheide als Fettdame sehen zu lassen.
Hilf ein iüuflriim.
An das neugewählte Abgeordnetenhaus.
Gottlob, jetzt hat man auf ein Lustrum Ruh,
Was anbetrisft den Landtag! Fröhlich spricht es
Der Wähler, und erheiterten Gesichtes
Der Arbeit wieder wendet er sich zu.
Im hohen Haus nun platze Geist auf Geist
Im Streit einander feindlicher Tendenzen!
Muß alles doch sich halten in den Grenzen
DeSjengen, was parlamentarisch heißt.
Fünf Jahr nun hat man Ruhe! Aber wird
Das hohe Haus so lange wirklich leben?
Schon über ihm mag ei» Berhängniß schweben —
Die klügste menschliche Berechnung irrt.
So sehr auch Ruhe uns und Frieden frommt,
Noch eh das Lustrum hat ein End' genommen,
Wie viel indessen kann dazwischen kommen!
Doch hoffen wir, daß nichts dazwischen kommt.
Schon gar zu heftig draußen war entbrannt
Der Streit, betäubend scholl das Kampsgebrause,
Allein auf Ordnung hält im hohen Hause
Der Präsident, die Glocke in der Hand.
Genöthigt sind die Führer der Partei»,
Still bei einander wieder Platz zu nehme»,
Sogar Eugen muß >e«»e Wildheit.rahme»
lind darf nicht mehr so unausstehlich schrei».
Du bist gewählt, o hohes Haus, bedenk',
Wie schwer es ivar, wie mühsam, dich zu wählen!
Nun laß es nicht an wackrem Fleiße fehlen,
Vertrödle nicht die Jahre mit Gezänk'!
O hohes Haus, nimm dir das Beste vor,
Daß Segen deinen« Tageiverk entspringe;
Genug gesorgt sein wird für ernste Dinge,
So sorge denn du selbst für den Humor!
Stntiflifdies.
Nach einer Mittheilung des statistischen Bureaus hat die ganze Erde
1 455 923 000 Bewohner.
Wer die Schwierigkeiten kennt, welchen eine genaue Volkszählung bei
den wenig aufgeklärten Bewohnern des innere» Afrika sowie inancher
asiatischer Districte begegnet, iveiß, welche Unsumme von Arbeit in dieser
lchlichten Ziffer steckt.
2Dint etlirmij).
Von Anatole Knatschke.
Es kommt der Jünger des Apoll
Im Lenz zur Ruhe mit Nichten,
Stets hat er alle Hände voll
Zu thun mit dem öden Dichten.
Im Sommer auch wird selten nur
Er müssig angetroffen,
Sein harrt im Wald und auf der Flur
Ein ganzes Heer von Stoffen.
Jin Herbste läßt er dann sein Lied
Gewohnheitsmäßig erschallen
Vom Schwälblein, das gen Süden zieht,
Von Blättern, ivelche fallen.
Willkommen druiil Zeit, da es stürint so scharf.
Und da gefroren die Gossen,
Da, wenn den Ausdruck ich «vagen dars,
Die ganze Natur geschlossen.
Kein Stoff mehr zeigt sich weit und breit
Zur Rechten wie zur Linken;
Der Winter ist die schönste Zeit:
Da kommt man endlich zum Trinken!
In wenige» Tageii «vollen alle »eiige>vählten freisinnigen Abgeordiieteil
i» Berlin ziisai»i»ci«koii»»c», um der „Parteileitung" eine wohlverdiente
Ovation darzubriugc» in Gestalt eines WagenaufzugS.
Derselbe «vird aus einem vierspännigen Kremser bestehen, in dem
23 Personen ja sehr gut Platz finde». Voran ein Spitzenreiter.