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Kladderadatsch: Humoristisch-satirisches Wochenblatt — 53.1900

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Hefte 27-30, Juli 1900
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bA O

Aus der Sommerfrische.

Micrte Kpistek crn einen Jireund.

uns Tage lang war ich im Milden Wald,

7s Und wie ein Traum ist mir das vorgekommen.
Biel Blumen von fremdartiger Gestalt
Hab' ich geschn, ein paar auch mitgenommen,
Fremdäitig war rings um mich her die Well,

Und alles mir Vertraute lag so ferne,

Nur daß am Abend sah» vom Himmelszelt
Bekannten Augen gleich auf mich die Sterne,

Ein Blockhaus nahm mich aus die letzte Nacht,

Ein ärmlich Heim, doch war ich sehr zufrieden,

Daß mir, den Weg und Sonne müd gemacht,

Zuletzt ein Dach und Lager doch beschieden.

Still war es da, jedoch nicht gänzlich still,

Ich hört' ein etwas, daS mir wohl gefallen:

Die ganze Nacht durch rief der Whippoorwill,

Wenn ich erwacht', hört' seinen Ruf ich schallen.

Bei diesem Tone ward erinnert ich
An viel Geschichten, die in Kindertagen
Gelesen wir. Dann dacht' ich auch an Dich:

Wen» Du mich sähst, was würdest Du wohl sage»!
Wenn plötzlich so, wie ich dort eingekehrt.

Dacht' ich bei mir, ich vor Dich würde treten,
Entschieden hättest Du mich abgewehrt
Und schwerlich mich zu Dir herein gebeten.

Und hältst Du an der Stimme mich erkannt,

Hältst Du gerufen wohl: „Was ist geworden
Aus dir, o Freund! Fielst du in Räuberhand?
Gehörst du selbst zu einem Näuberorden?

Dein Anblick macht mich ein klein wenig bang,

Und ich empfinde fast etwas wie Grauen;

Wie flohst du aus, den ich als Elegant
So lange Jahre war gewohnt zu schauen!

Ich dachte dich zu kennen doch so gut,

Wie kannst du Plötzlich so vor mir erscheine»?

Was auf dem Kopf du hast, ist das ein Hut?

Sind Hosen das an deinen beiden Beinen?

Bon welcher Vogelscheuche stammt dein Rock?

Wo hast du dieses Schuhwerk aufgelesen?

Der schmutz'ge Fetzen an zerbrochncm Stock,

Ist das einmal ein Regenschirm gewesen?

Allein davon nichts weiter! Komm herein,

Du brauchst etwas zu essen und zu trinken.

Ich komm' sofort zurück mit kühlem Wein

Und bring' auch Hummer, Lachs und Schwcincschinkcn,"

So hättest D» gesprochen, gern bereit —

Ich kenn' Dein gutes Herz — mich zu erquicken.
Das Mitleid und die edle Menschlichkeit
Sind Tugenden, die Dich vor allem schmücken.

Doch ganz enlschicden abgewehrt hält' ich:

„Was soll mir das, was leicht ich kann entbehren?
Dergleichen Dinge sind nicht mehr für mich,

Seil ich gelernt mich einsach zu ernähren.

Vom Walde komm' ich, von der Wildniß her,

Von Dorn und Dickicht, Swamp und Felsgehängen
Und mach' mir nichts aus Leckerbissen mehr,

Wonach sich schnalzend fette Städter drängen.

Weil mir der Wald noch keine Beeren bot,

Mußt' ich in sehr bescheidne Kost mich fügen.

Ei» Slücklein Speck, ein wenig Harles Brot,

Das war mein Mahl und konnte mir genügen.

Dem Vogel gleich trank ich aus kaltem Quell,

Mein heißer Durst bracht' keinem Wirthe Nutzen.
So lebt' ich Tage lang und lernte schnell
Und ziemlich gut mir selbst die Schuhe putzen.

So etwas Gutes doch erlernt' ich' da,

Und macht das Glück mir einmal böse Mienen,

Kann ich »och immer in Amerika

Als Slieselputzer mir mein Brot verdienen.

Mich einzuschränken bin ich dann gewohnt
Und kann der übermüth'gen Schlemmer lachen —
Wenn aber dich das Unglück nicht verschont,

Was willst du, sprich, in solcher Lage machen?"

Den Gruß, den Du von Tanten mir geschickt,
Den hättest besser Du für Dich behalten.

Ich Hab' ihr tief ins öde Herz geblickt
Und bin ganz fertig mit der magren Alten.

Du bist zu gut gewesen gegen sie
Und ließest sic in Ruhe viel zu lange.

Sie dankt Dir's nicht — an Danken denkt sie nie.
Sei Du gewarnt vor dieser Klapperschlange.

Ihr wünsche» kann ich dieses Eine nur,

Daß nie sie möge holder Friede laben..

Ich gönne Schonzeit jeder Creatur,

Die Tante nur darf keine Schonzeit haben.

In der Rheinprovinz hat sich eine Windhose gezeigt. Ja, ja, jetzt
zieht Roeren schon dem Winde Hosen an!

Aus vl. Stillichs Knquete filier die Dienstvotenfrage.

Eine Besserung der Verhältnisse ist unverkennbar. Unsere Minna hat
bereits begriffen, daß keine Jntercssengemeinschast zwischen Herrschaft und
Dienenden besteht. Dies erhellt zur Genüge aus einem Gespräch, das ich
neulich mit Minna halte.

Sie; Ihre Trägheit ist wirklich kaum noch auSzuhaltcn, Herr Doctor!
Jetzt schlägt es eben 10 Uhr, und nun wecken Sic mich erst.

Ich; Entschuldigen Sie, liebe Minna, aber Ich glaubte, Sie wollten
heute ausschlasen, weil Sie erst um 3 Uhr Morgens vom Tanzkränzchcn
znrückgekommen sind.

Sic: So? Aufgepaßt haben Sie auch noch! Sie sollten sich schämen.
Uebrigcns, haben Sic meine Schuhe schon geputzt?

Ich: Entschuldigen Sic, ich bin ja mit meinen noch nicht fertig.

Sic: Was! So wie ich länger schlafe, steht die ganze Wirthschaft
still. Ist das Kasfeewasser schon aufgesetzt?

Ich: Ach, das habe ich vergesse»!

Sie; Donnerwetter! Geben Sie mir mal den „Vorwärts" zur Thür
herein. Was wollen Sic heut auf dem Markt einkaufen?

Ich: Ich habe noch nicht darüber nachgcdachl.

Sie; Sie denken an gar nichts. Es ist bei Ihnen nicht mehr aus-
zuhalten. Bestellen Sie eine Droschke, Ich ziehe.

An i>. Fstieten.

Du willst Dein Amt ermüdet niederlegen?
Die Zeitung brachte das Gerücht.

Ich las eS wohl, doch glaubt' ich's nicht,
Weil Zeitungen zu lügen Pflegen.

Da dementirt's der Officiösen Schar.

Wie schade! Nun ist's also wahr!

„Der Reichstag muß einberufen werde», der Reichstag!" ries
Or. Oertel, und dann schrieb er einen Leitartikel, dessen Ucberschrist von
einem socialdemokratischen Setzer leider weggclasjen wurde. Sie
hatte gelautet:

„Mit Gott für ft- ompenjationen und Vaterland!"

Nach der Rechtsprechung des Oberverwaltungsgerichts.werden Skat-
congreffe mit der Lustbarkeilsstcucr belegt. Das scheint mir doch aber nur
sehr je nachdem richtig zu sein. Wenn das Obervcrwallungsgericht gesehen
hätte, wie die Brüder mich beim letzten Skatcongreß ausgeräubert haben,
so würde es wohl anderer Ansicht geworden sein. Besonders der Grand
ohne Viere, bei dem ich Schneider wurde — der war keine Lustbarkeit
für mich.

'S'rüööecfte,

Rentier a»S der Mulackstraße.
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