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Knackfuß, Hubert; Fredrich, Carl [Hrsg.]; Wiegand, Theodor [Hrsg.]
Milet: Ergebnisse der Ausgrabungen und Untersuchungen seit dem Jahre 1899 (Band 1,2): Das Rathaus von Milet — Berlin: Reimer, 1908

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https://doi.org/10.11588/diglit.45333#0012
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i. DAS SITZUNGSGEBÄUDE.
Durch Ummantelung der oben genannten Felskuppe ist ein rechteckiger Baukörper von 34,840 m
Länge und 24,285 m Breite hergestellt worden, der die theaterförmig angeordneten Sitze und einen
vor diesen sich hinziehenden Verteilungsflur umschließend, sich in der verschieden hohen Erhaltung
seiner vier Seiten als der Rest des Untergeschosses des Buleuterion darstellt. Seine Längsrichtung bildet
mit der geographischen Nordlinie einen Winkel von rund 220; der Kürze wegen sollen jedoch, ohne
Rücksicht auf die Abweichung, die Seiten des Gebäudes als Nord-, Ost-, Süd- und Westseite bezeichnet
werden. Vgl. den Grundriß Tafel I.
Die Unterlage der nördlichen Schmalseite (Tafel II 2) wird gebildet durch eine 0,27 m —- in
ihrem östlichen Teile 0,30 m — hohe und 0,39 m ausladende Unterstufe, die anscheinend auf dem
geebneten Kalkfelsen verlegt ist und die sich ostwärts als Unterstufe der Hallenrückwand des Vorhofes
fortsetzt. Auf dieser Unterstufe liegt die eigentliche 0,30 m hohe Wandschwelle. Stufe und Schwelle
bestehen, gleich allen Marmorteilen des Gebäudes, aus dem in Milet vorwiegend verwendeten bläu-
lichen, weiße Flecken, Aderungen und Streifen zeigenden Marmor, wie ihn die niedrigen Ausläufer des
Latmos und das Mykalegebirge lieferten. Die Vorderseiten zeigen bei beiden kräftige, rauhe Bossen, die
bis dicht an die sorgfältig verpaßten Stoßfugen heranreichen, während an den Lagerfugen ein breiter Rand-
schlag entlang läuft. Mehrere Blöcke tragen auf diesen Bossen ebenso wie die gleich zu besprechenden
Orthostaten noch die Bruchmarken, die auf Tafel II 2 zu erkennen sind. Auch auf der Oberfläche der
Unterstufe sind niedrige Bossen stehen geblieben, durch die stellenweise flache Rinnen durchgehauen
sind, die wohl nur dem Abzug des Regenwassers gedient haben können, da an Visurlehren ihrer
unregelmäßigen Lage nach und wegen des hinter der Wand anstehenden Felsens nicht gedacht werden darf.
Gleich der Unterstufe setzte sich die Wandschwelle östlich als Bestandteil der Hallenrückwand fort, und
zwar, wie der noch 0,22 m über die Flucht der Ostwand des Gebäudes vorspringende Rest zeigt, in
einer Stärke von 0,675 m.
Auf der Schwelle erhebt sich, gegen die reine Vorderfläche, die da, wo die Bossen stehen, durch
eine dem unteren Randschlag entsprechende, eingeritzte Linie bezeichnet ist, um 0,033 m zurückspringend,
eine 1,20 m hohe Orthostatenreihe, deren verschieden — bis zu 1,87 m —breite Platten ebenfalls flache
Bossen mit ringsumlaufendem sauberem Randschlag zeigen. Die Aufsatzstelle ihrer Vorderkante auf
der Schwelle ist durch eine der oben genannten Linie parallele Einritzung vorgezeichnet. An ihrer
Unterkante haben sich auf der Oberfläche des Vorsprunges der Schwelle noch die durchschnittlich
0,013 m hohen bleiernen Vergußkegel erhalten, die sich bei dem Vergießen der Dübel, durch welche
die Orthostaten mit der Schwelle verbunden sind, vermittelst vorgelegter Lehmnester gebildet haben.
Dieser Umstand scheint zu beweisen, daß die Unterstufe und Schwelle schon gleich nach der Erbauung
verdeckt worden sind, wofür auch die Beschaffenheit des Platzes zwischen dem Buleuterion und dem
Nordmarkt spricht, der jetzt eine unregelmäßige, sich über die Höhe der Unterstufe erhebende Fels-
oberfläche mit unbestimmbaren Einarbeitungen und späteren Mörtelmauern zeigt, im Altertum also
jedenfalls durch eine Erdauflage eingeebnet gewesen sein wird. Am östlichen Ende der Nordwand
ist ein bis dicht an die Unterstufe reichendes und deren Oberfläche überragendes Felsstück stehen
geblieben (auf Tafel II 2 im Schnitt dargestellt). In späterer Zeit war die Aufhöhung dieses Platzes
wohl noch viel bedeutender, da nur hierdurch die gute Erhaltung dieser Seite des Gebäudes zu
erklären ist.
 
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