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Knackfuß, Hubert; Fredrich, Carl [Hrsg.]; Wiegand, Theodor [Hrsg.]
Milet: Ergebnisse der Ausgrabungen und Untersuchungen seit dem Jahre 1899 (Band 1,2): Das Rathaus von Milet — Berlin: Reimer, 1908

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https://doi.org/10.11588/diglit.45333#0083
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III. DIE ENTSTEHUNGSZEIT DES RATHAUSES.

Die Möglichkeit einer Datierung des Baues gibt uns die Weihinschrift des Rathauses. Sie stand
auf dem Architrav der Ostseite des Sitzungsgebäudes. Dieser Architrav setzte sich aus 13 Teil-
stücken zusammen, die eine Frontlänge von 34,68 m ergeben.
Die erhaltenen Fragmente sind auf der Beilage zu S. 96 von H. Knackfuß im Maßstab 1:10 dargestellt
und auf 1:20 verkleinert. Zusammen ergeben sie nur eine Länge von etwa 12,50 m. Auf den ersten Anblick
scheint also sehr viel verloren. Indessen ist die Lücke nur scheinbar so groß, erstens weil eine Anzahl von
Bruchstücken zu ganzen Worten vervollständigt werden kann, zweitens weil wir wissen, daß die Inschrift
erheblich kürzer als die Architravlänge gewesen sein muß. Denn der zweite Architravbalken von links
(Süden), welcher auf der Oberseite mit der Reihenmarke B am linken Ende gezeichnet ist und der von
der linken Fuge aus auf einen halben Meter Länge erhalten ist, zeigt auf der Vorderfläche noch keine
Schrift. Wenn die Inschrift völlig symmetrisch angebracht war, sind wir berechtigt, auch die Länge
des nördlichsten, letzten und mindestens den letzten Teil des vorletzten Teilstückes in Abzug zu bringen,
so daß sich für die wirkliche Länge der Schrift 27—28 m ergäben; dann wäre mehr als die Hälfte der
Buchstaben verloren. Aus den Fragmenten selbst ergab sich zunächst kein direkter Anhaltspunkt für
den genauen Endpunkt der Inschrift. Wir wissen aber aus dem Fragment Nr. 25, daß der mit der
Reihenmarke Λ gezeichnete drittletzte, elfte Architravteil noch Schrift getragen hat. Es wird sich zeigen,
daß die Inschrift nur noch mit einem einzigen Buchstaben auf das zwölfte Architravstück hinüberreichte
und daß das zweite Architravstück frei von Schrift war. Die ganze Inschrift war tatsächlich nur etwa
24,50 m lang.
Versuchen wir zunächst einzelne Lücken durch leicht ergänzbare Worte zu schließen. Am besten ge-
schieht es bei einigen Götternamen im Dativ, Nr. 13—20, Ά]πόλλ|ωνι Δι[δ]υ-μεΐ κ-|αι-, ferner bei τώ[ι
Δ]ή-μωι (Nr. 25—28). Zur Götterreihe könnte man dem ersten Anschein nach auch das Fragment ΚΛΕΙ (Nr. 3)
rechnen und zu Ήρα]κλεΐ ergänzen. Aber abgesehen davon, daß schwer zu verstehen gewesen wäre, wie
gerade dieser dorische Heros in die Weihinschrift des milesischen Rathauses kommen sollte, ist die Zuweisung
des Fragmentes in diesen Zusammenhang noch aus einem anderen Grund mit Bestimmtheit abzulehnen.
Schon früher war gesehen worden, daß einzelne Buchstabengruppen mit etwas größerer Schrift geschrieben
sind. Der Unterschied beträgt nahezu 6 cm (rund 19:25 cm). Rehm zeigte mir, daß alle diese größeren
Fragmente zu der Reihe der Götternamen, wie sie hier rekonstruiert sind, gehören. Durch dieses Argument
wird K]AI (Nr. 20) und ΒΟΥΛΑ, das ich aus drei Fragmenten (Nr. 21 — 23) vereinigen konnte, ebenfalls
bei den Götternamen eingereiht. Am nächsten lag es hier, im Hinblick auf das Lichasepigramm (s. u.)
an Zeus Bulaios zu denken. Aber die Reihe Δι'ι Βουλαίωι και Άπόλλωνι Διδυμεΐ καί τώι Δήμωι ist aus
 
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