Zweites Kapitel.
Unsere italienische Reise.
Was ein König bewundert, bewundert sein Hof und von da
greifen die Anschauungen weiter. Die Zahl der „Wagnerianer" wuchs
damals in München so rasch wie die der Halme in einem günstigen
Jahr. Kinder erhielten in der Taufe die Namen Isolde, Elsa und
Siegfried, Metall- und Porzellanschwäne prangten in den Salons;
in Gesellschaften, auf der Militärparade, im Weinhaus und Vierkeller
ertönten Wagnerische Motive, Chöre und Märsche. Man lebte in einer
Sphäre der Schwärmerei; an kalten Wasserstrahlen fehlte es auch nicht.
Die verschiedenen Musikparteien traten sich fast gehässig gegen-
über. Freunde wurden zu Feinden, Feinde zu Freunden, je nachdem
nran Wagner oder Mozart, Rossini, Bellini auf den Schild hob. Von
dem Einen dies und von dem Anderen jenes schön zu finden, galt
nicht mehr, man mußte entweder zur deutschen oder zur italienischen
Musik schwören, sonst war man ein wertloses Zwittergeschöpf.
In dieses Dilemma geriet ich, als ich mit meinem Mann im
April 1866 nach Italien reiste. Als ich bald in einer Trattoria
bald im Theater von italienischen Motiven bewegt ward, und sich
mir ein Zauber von Melodien erschloß, wurde ich das besagte
Zwittergeschöpf. Ich bewunderte in München die Wagnerische, in
Italien die italienische Musik.
Den Spruch des Horaz: „iM näwivavi" habe ich auf meiner
Reise nicht nur nicht beherzigt, sondern ich kam eigentlich aus dem
Unsere italienische Reise.
Was ein König bewundert, bewundert sein Hof und von da
greifen die Anschauungen weiter. Die Zahl der „Wagnerianer" wuchs
damals in München so rasch wie die der Halme in einem günstigen
Jahr. Kinder erhielten in der Taufe die Namen Isolde, Elsa und
Siegfried, Metall- und Porzellanschwäne prangten in den Salons;
in Gesellschaften, auf der Militärparade, im Weinhaus und Vierkeller
ertönten Wagnerische Motive, Chöre und Märsche. Man lebte in einer
Sphäre der Schwärmerei; an kalten Wasserstrahlen fehlte es auch nicht.
Die verschiedenen Musikparteien traten sich fast gehässig gegen-
über. Freunde wurden zu Feinden, Feinde zu Freunden, je nachdem
nran Wagner oder Mozart, Rossini, Bellini auf den Schild hob. Von
dem Einen dies und von dem Anderen jenes schön zu finden, galt
nicht mehr, man mußte entweder zur deutschen oder zur italienischen
Musik schwören, sonst war man ein wertloses Zwittergeschöpf.
In dieses Dilemma geriet ich, als ich mit meinem Mann im
April 1866 nach Italien reiste. Als ich bald in einer Trattoria
bald im Theater von italienischen Motiven bewegt ward, und sich
mir ein Zauber von Melodien erschloß, wurde ich das besagte
Zwittergeschöpf. Ich bewunderte in München die Wagnerische, in
Italien die italienische Musik.
Den Spruch des Horaz: „iM näwivavi" habe ich auf meiner
Reise nicht nur nicht beherzigt, sondern ich kam eigentlich aus dem