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IV. Grundlagen der Datierung

Im folgenden Kapitel werden einige Bereiche darauf-
hin untersucht, inwieweit sie als außerstilistische Kri-
terien zu einer Datierung der Reliefs beitragen kön-
nen. Bei den meisten Abschnitten werden die Krite-
rien erst an dieser Stelle entwickelt, bei den Frisuren
kann dagegen zusammengefaßt werden, was an ande-
rer Stelle ausführlicher erörtert wurde. Auf das Kapi-
tel zur Toga sei noch einmal eigens verwiesen. Die in
diesem Kapitel zusammengestellten Überlegungen
werden für die Katalogtexte vorausgesetzt. Ein Ergeb-
nis kann vorausgeschickt werden: Kein einzelnes Kri-
terium erlaubt eine genaue Zeitbestimmung eines
Reliefs. Erst die Kombination aller Merkmale, die
dabei von jeweils unterschiedlichem Gewicht sein
können, ermöglicht zusammen mit der Stilanalyse
eine Datierung.

i. INSCHRIFTEN

Insgesamt sind 77 Inschriften erhalten, die den Reliefs
direkt angefügt oder sicher mit ihnen zu verbinden
sind. Ihre Aussagen zum sozialen Umfeld der hier
behandelten Gattung hat P. Zänker ausgewertet467.
Außerdem lag, wie bereits gesagt wurde, ein Manu-
skript von P. Castren vor, in dem sowohl chronologi-
sche wie prosopographische und rechtliche Probleme
behandelt werden, und das an anderer Stelle publiziert
werden soll468. Es bestätigte zumeist die folgenden
Überlegungen. Deshalb seien hier nur einige Aspekte
kurz angesprochen, die den möglichen Beitrag der
Inschriften zu einem feinmaschigen chronologischen
System betreffen. Er ist, um es vorweg zu nehmen,
gering. Es muß vorausgeschickt werden, daß die Texte
der Inschriften ähnlich knapp und formelhaft gehalten
sind469 wie die bildlichen Darstellungen der Reliefs470.
Über den vollen Namen hinaus sind Angaben zum
Beruf oder zu familiären Bindungen (frater, pater,
coniux) ausgesprochen selten. Konsulardaten fehlen
völlig. Weitere Angaben könnten sich natürlich auf
anderen Quaderblöcken der Grabbauten befunden
haben, die heute verloren sind oder nicht mehr als zu-
gehörig erkannt werden471. Ebenso waren auch bei
heute >inschriftlosen< Reliefs die Namen der Grabinha-
ber ohne Zweifel auf den darunter liegenden Blöcken
zu lesen. Aus dem zeitgleichen epigraphischen Mate-
rial ergibt sich jedoch, daß auch andere Grabinschrif-

ten ausgesprochen knapp gehalten waren. Orthogra-
phische und paläographische Merkmale der Inschrif-
ten können nur grobe Anhaltspunkte für die Datie-
rung einer Inschrift geben, da die Übergänge von einer
Schreibweise zur anderen stets fließend gewesen sind.
Hier warnt P. Castren außerdem zu Recht vor einem
von anderer Seite vorgeschlagenen direkten Vergleich
von >privaten< mit datierten offiziellen Inschriften.
Gerade das hier behandelte Material zeigt ja die durch-
aus unterschiedlichen Fähigkeiten der Steinmetzen,
Schrift anzulegen.

Die formalen Besonderheiten der Inschriften führen
also nur zu relativ ungenauen Datierungen. Das
Gleiche gilt auch für die Verwendung oder Auslassung
bestimmter Bestandteile der Namen. In der späten
Republik wurden die liberti meist in städtische Tribus
- am häufigsten die tribus palatina - eingeschrieben.
Diese galten deshalb nicht als vornehm und wurden
wohl aus diesem Grund meistens nicht angegeben.
Das änderte sich wieder in augusteischer Zeit, ohne
daß sich der Übergang präzise festlegen ließe472. Ähn-
lich verhält es sich mit der Angabe des Cognomen.
M. Cebeillac hat anhand datierter Inschriften vor
allem aus Delos, Capua und Ostia versucht, die Ein-
führung der tria nomina in die Zeit bis ca. 84 v. Chr.

467 s. Einleitung.

468 s. Einleitung.

469 Vgl. jedoch die allerdings nicht sehr zahlreichen aussagekräfti-
gen Inschriften republikanischer Zeit, die für die standardisierte
Wertewelt der Dargestellten ähnlich aufschlußreich sind wie die
Bildnisse. F. Bücheier, Carmina Epigraphica (1895). - Zur Rolle der
Frau in diesen Inschriften B. von Hesberg-Tonn, Coniunx Caris-
sima (Diss. Stuttgart 1983) ioöff.

470 Überlegungen zur beabsichtigten Aussage der Grabinschrif-
ten und ihrem Publikum - vornehmlich allerdings für die Kaiser-
zeit - finden sich bei W. Eck in: H. von Hesberg - P. Zänker
(Hrsg.), Römische Gräberstraßen. AbhMünchen NF 96 (1987) 6iff.
bes. auch j6{{.

471 Vgl. das Grab der Vesonii in Pompeji vor der Porta di
Nocera. In einer nachträglich hinzugefügten Inschrift beklagt sich
der Grabinhaber über einen Prozeß, den ihm der in der Haupt-
inschrift noch als amicus bezeichnete Mitinhaber des Grabes an-
gehängt habe. A. D’Ambrosio - S. De Caro in: Un impegno per
Pompei (1983) Grab 23 OS. Zur Inschrift: P. Ciprotti, StudDoc-
Histlur 29, 1963, 279ff.

472 G. Forni in: L’onomastique latine. Coli, internationaux du
CNRS 564 (1977) 73ff. bes. 94.

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