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Zentral-Dombauverein <Köln> [Hrsg.]
Kölner Domblatt: amtliche Mittheilungen des Central-Dombau-Vereins — 1865 (Nr. 239-250)

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https://doi.org/10.11588/diglit.1815#0036
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Etrebes-8eme vorhande» 8»d. -iervach wtrd mra de»a zar Genüge er«
kennea, daß der romantsche Gewölbeban mit setnea rustikm und maffea-
-aften Sudstructionea den Nedürfaiffen des proiestantischea Eultus — wo
e« auf möglichk geringe AuSdehnung der inneren Pfetler ankommt — we«
ntger angepaßt werdea kann, wie dre gothii'che Sauweise. Letztere gestattet
dnrch lledertraguag deS Gewölbeschubs auf die Etredespstsme gleichzeitig
die Lnwendung sehr geringer, für den Verticaldruck auSreichender Pfetler-
stärken, uad dietet diedurch in jeder Bejiebung bei organii'ch durchgefihrter
AuSbilsung unstcettig die beste Lösang der gestellten Ausgabe, d. h. den
iaaerea Ranm einer protestaatischen Sirche füc Auge und Ohr möglichst un-
dehiavert herzustelle». — Man wird aber aoch folgeaden Einwurf für den
romanischsn Styl machen, auch «it diesem die moderaen Bestrebungen der
romanisireaden Srchitekten verbinden köanen uad die Frage stellen: warum
soll deaa gerade der romanische Gewölbebau den RomaniSmuS vertreten
nad man aicht statt deffen Holzdecken tn Anwendung bringen? Man über-
«ölbe doch die Schiffe mit Holzdecken, so falleu ia die schwerea Pfeiler,
welche betm Eteingewölbe nöthtg sind, sort, «nd beseitigt dadurch alle llebel-
staade. FallS dann die Pfeiler nicht die geringste Stärke haben, so werden
wohl gußeiserne Säulen vorgeschlagen, welche mittelS OelfarbeuanstrichS
sogar tn Marmor verwandelt werden.

Schließlich wird noch scheinbar zu Gunsten der nenerea Anschauungen
behauptet werden, man könne die Pfeiler nnr auf geringeS Maß reductren,
indem man eiserne Rippea und Anker — welch letztere nicht fichtbar stnd —
anbriage, und alSdaan Äewölbe zwischen die Eiseurippen spaanea.

Bei moaumentalea Bauten soll man aber doch vor Allem Naterial
wählen, da« am wenigsten wandelbar, so wie den Einwirkungen der Zeit
ausgesetzt ist; aamentlich ein GotteShauS soll so unerschütterlich gebant sein,
alS unsere schwachen Sräfte es vermögen. Der Gewölbebau auS Stein
«nd Ziegel tst der Holzdcckr vorzuziehen, da er der Zeit dauernder als Holz
wtdersteht; daS Steingewölbe ist auS erhabeaeren Gedauken entstanden.
Hokz war das früheste nothdürstigste UeberdeckungSmittel; dnrch Sinnen nach
vollkommneren Dingen entstand da» Gewölbe, und entwickelte fich zu seiaem
Glanze, sowohl in Bezag auf Construction alS Decoratioa, im 13. biS 1S.
Jahrhundert, der Epoiihe der Gothik.

Schon deS erhabenen TedankenS «egen find daher Gewölbe zur 8er-
herrlichung eineS GoiteShauseS anzuwenden. Wenn außerdem in Betracht
gezogea wird, daß Feuer eiu GotteShauS mit Holzdecke in wenigen Sugen-
blicken zerstören kann und in Tiümmer zusammensturzt, so wird man doch
fich für die Anwendung von Steingewölben entscherden müffen. Wäre z. B.
dte Kirche in Balparatso mit Stein gewölbt gewesen, so hätten nicht 2030
Menschen tn derselben threa jammervollea Tod gefundea.

WaS die gaßeisernen Säulen betrlfft, so find fie sehr gut in Profan-
bauten, welche gewöhnlichen Bedürfnissen dicnen, wie in Lagerräumen oder
dergl. Gebäude; iedoch ist deren Anwendung in Rirchen zu verwerfen. ES
gibt außerdem auch noch eine Aufgabe, welche bi« jetzt nicht charukteristisch
gelöst worden ist, und zwar die, zu einer gußeisernen SLule e!» paffendeS
Eapitäl zu construiren. Maa hat seit Anweadung deS SußeisenS fich Mühe
gegeben, daS Eapitäl zu eisernen Säule», dem Steincapitäl gleich zu formen
und zu gießen, oder den Säulenschaft mit einem auS Zinkguß hergestellten
steinähnlichen Capitäle umkleidet. DieS kann nicht al« eine der Substanz
deS GußeisenS angepaßte Lösung betrachtet und deßhalb wohl behauptet
werden, daß eS anf Täuschung beruhe; dei Kirchen ist aber etne solche am
wenigsten erlaubt. Deßhalb ist Gußetsen, so weit angewendet, bei monu«
mentalen Bauten auSzuschließen; zudem kann man auch »och keine Erfah-
rungen über deffen Dauerhaftigkeit »achweisen, und wird demnach, vielleicht
nach zwei Jahrhunderten, genothigt sein, einen sonst soliden Bau theilweise
adzütragen.

WaS nun ferner eiserne Rtpprn und Berankerungen anlangt, so muß
eine solche Rippen Construction als sehr gewagtes Erperiment erscheinen,
da Etsen den Eiuwirkungen deS Temperaturwechsel« continuirlich auSgesetzt
tst, mithin durch Dehnen und Zusammenziehsn der Rippen be! größeren
Dimenfionen — wie eS die bei etnerKirche find — nachtheilig auf die ein-
gemauerten Kappentheile wirken.

Von der Berankerung gilt theilweise dasselbe wie vom Rippensystem,
ja, hat außer den vorgenannten Rachiheilen noch den betrügertschen Schetu.
Erst nach richtiger Eikenntniß vorbemerkter Uebelstände und nach Auffindung
geeigneter Miitel zu deren Hebung, so wie nach längerer Erfahrung, dürfte
man dieseS vielleicht viel versprecheude Mateiial dei monumentalen Bau-
werken angewrudt sehen, b>S dahin aber — da alle übrigen vernunftge«
mäßen Mittel der neuereu Baukanst, wenn auch für Laien vrrsteckt, auf go-
thtschen Principien ruhen — der Gothik huldigen; nur aus ihr allein chrlst-
liche, zweckdienliche, nationale Bauwerke nach thren Bedürfniffen schaffen
und somit den naturgemäßen EntwickelungSgang betreten, welcher alS wahrer,
gesunder Fortschritt bezeichnet werdeu muß und den unsere Vorfahren im
Mittelalter so streng innegehalten haben; nicht aber mtt dem falschen Fört-
schrttt Hand in Hand gehen, welcher fich Lefleißigt, ws möglich die Geschtchte
zu entstellen und die Stnne der Menschen zu täuschen.

Wenige Worte seien demnach hier noch über gothischeBestrebungen der
Reuzeit, in Anwendung auf protestautische Ktrchen, gestatiet. Wie schon Ein-
gangs erwähnt, ist eS uicht zu dezweifeln, daß der gothische Slpl—uament-
lich für den Kirchenbau — sich wieder zum geltenden machen wird; dsnn
da« Wahre wird, weun eS auch auf kurze Zett umgangen worden ist, fich
doch tmmer wieder Bahu in der Kunst sawohl wie im Leben brechsu. Dank
dem Englander, dem Aichitekten G. G. Scott — dem Erbauer derRicolai-
Kirche in Hamburg — welcher e» zuerst im Jahre I816 versuchte, eine, dem
Zwecke und dem Charakter der Deutschen entsxrechende protestautische Kirche
auf deutschem Boden zu errichten und, trotz aller Jntriguen der hamburgsr
KaufmannSwelt und moderaen Architekten, seine Couception auch glücklich
zur AuSführung brachte. Haben fich auch nach Bollendung dec eigentlichen
Kirche verschiedene Hsrren, wie z. B. der Herr Lammers, Redacteur der
nunmehr entschlafenen Süddeutschen Zeitung, daz« hergegeben, Artikel einem
wiener Blalte zu entnehmen, welche gcmeia über katholischenGlauben spotten,
um durch solche literarische AuSschreitungen den Beweis zu führen, als sei
dte Gothik nicht würdig für proteüantische Kirchen, so wird jeder LinfichtS-
»olle deu Werth derartigcr AuSlaffungen zu würdigen verstehca und a» der

Wahrheit derselben zwerfeln.») Selbst vou „Nichtstudtum der Backstein-Arch:-
tektur" — wie geschehen — bei Scott zu sprechen, scheute der Schreiber
jenes Sussatzes nicht. Ginze doch dec gute Herr nach Lnglaad, um za
sehen, wie dort, eben dnrch Scott und dsffen Einfluß auf seine Schüler,
mächlig auf die ästhetische AuSbildung constructiver Backstein'Acchitektur und
deren richtigeS Berstäsdniß gewtrkt worde», so würde er erkennen, wie die-
selbe wett ticfer durchdacht ist, als dieS an »ielen Orteu in Deutschlaud
Statt flndet, wo neben dem romanifirendsn Kirchsnbau noch vom Kothurn
auS auf die Gothik der Neuzeit mitleidig herabgeblickt wird.

Zu Hsnnover hat, durch das thatkräftige Wtrkeu deS Herrn BaurathS
Haase und durch daS Beispicl der daselbst von thm erbauten ChristuSktrche
begetstert, man auch angefangen, kleinere protestantische Kirchen im gothtschen
Stple zu erbauen; auch viele Kirchen in Heffe» find, trotz deS widerstreben-
den BaubeamtenthumS, dort darch Ungewitter geschaffen worden, und hat
deffen Nachfolger, Architekt Zindel, Lehrer der Architektur an der höhpren
Gewerbeschule ln Kaffel, im Sinne scineS tüchttgen Meisters und Borgän-
gers weiter zu schaffen, bereitS mtt AuSdauer und Kraft begonnen. 3»
Berlin muß der Bersuch mit der Petri-Kirche alS edles Streben bezeichnet
werdeo, und daS gothische Element macht ßch bei den dortigen neuere»
Kirchen immer mehr geltend. Bezeichnend ifi eS für das Fortschreiten der
guten Sache in den genannten LarideStheilen, daß die au« dem Mittelalter
vererbten jetzigen »rotestautischen Kirchen — wenn auch HSufig in nicht
wünschen-werther Weise — restaurirt wordsn fiud. Die für die freie ReichS-
stadt Fraakfurt a. M. zu projectirende ncue protestantische Kirche soll deutsch-
gothisch gebant werdeu, und auch hat sich dte Wahl für die gothrsche Bau-
weise zu der ueuen protestanttschen Kirche in Bonn endgültig entschiedeu.

*) Sollte ta diesem Aufsatze nicht im Grunde der chrtstltche Tlaube
äberhaupt gemetnt sein?


Zuur Besten des kölner Dombaues.

Borräthig tm Secretariate des Central-Dombau-BereinS (RathhanS-
platz Rr. 3);

D i e

neuen Glasgemälde

im Dome z« Köln,

ein Weihegeschenk Zr. MajeM des Königs Ludwig I.
von Sayer«,

beschrteben von

l»r. Ernst Weyden.

3. Auflage, vermehrt durch eine kurze Geschichte der Gtasmalerkunst, so «ie
durch Andeutungen über die alten Fenster deS kölner Domes im hohen Chore
und im nördlichen Nebenschiffe des Langhauses. Mit Abbildungen.
Preis 1V Sgr.

Die Legende

von den heilige« drei Königen.

Nach einer alten Handschrift herausgegeben
von

Karl Simrock.

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und das

Münster von Straßburg.

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I. v. Görres.

Regensburg, 1842. Preis 10 Sgr.

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CommisstonS-Lertag und Druck von M. DuMont-Schauberg iu Köin.
(Erpedition der Kölnischen Zeitung.)
 
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