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Zentral-Dombauverein <Köln> [Editor]
Kölner Domblatt: amtliche Mittheilungen des Central-Dombau-Vereins — 1865 (Nr. 239-250)

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https://doi.org/10.11588/diglit.1815#0038
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TLlr.Sgr.Pf.

Tran«port . . . 12476 2 5

Hierz» die Linnahme vom 1. Jsnuar bi« v!t. Eept. c.,
l«ut 26b. Saden.Berzeichalß (cF. Rr. 247 d. Bl.) mit . 246VS 24 2

Eivnabme vom I. Iaanar biS I. October 1865 . . 37171 26 7

* Lom akadcmischen Domdau-Vere,n zu Bonn werden

ferner zur Linnahme noiirt. 204 17 4

Kölo, den 31. Oclober 1865.

Der BerwaltungS-AnSschoß

de« Tentral-Dombau-Berei»«.

Zwei Gänge durch das mittelalterlicheRürnberg
und das noch ältere Regensburg.

Bon Prisoc.

n.

Obgleich die ehemalige, durch so vicle ReichStage beröhmte ReichSstsdt
Regensburg in ihrer gcgcnwärtigeu Phpstognvmie den alterthümlichen Sha-
rakter ao den meisten semer Häoser im Äanzeu und Großen nicht an fich
trägt, wie Nürnbcrg, und zwar wvhl vorzüglich deßhalb, weil harte und
schwere lkriege die Stadl wtederholt und so bitter heimgesucht, so hat ste
doch unstrcitig, auch wa« ihre architektooische Bedeuiung anbetrifft, schou
darum keine geringere Wichtigkeit, weil hier der eigentliche E>tz der Bau-
schule war. Dec dortige Dom hat stets namhafte Baumeister beschäfiigt, die
ihren Eiofiuß arch auf daS sonkige Deutschland geübt und in ihren Bau-
hütteo mtt den berühmtesten Städten in Deutschland, namenilich mit Iköln
und Straßburg gewetteifert. Die Bauhulte von RegenSburg wird sogar
al» solche genannt, welche in dem Jahre 1459 zu der großen Bersammlung
der Steinmetzen Beranlaffung gab, worau« nach den Angaben eiozelner
Schriflstcller der sogenannte Freimaurer-Orden hervorgegangen, waS aber
wohl eine offenbare Fadel ist. Auch hat Regen«burg, deffen Gründung man
dereitS in die Tage der romischen Weltherrschast setzen muß, »or Nürnberg
die Würde deS Alterthums vorauS und militärisch wie handelspolitisch stet«
rtne besondere Wichtigkeit in Deutschland gehabt. ES ist der Schlüffel zur
unteren Donau und so enge complicirte Straßen, wie man noch gegenwar-
tig in RegeoSburg steht, verrathen eine orientalische Aulage und deuten auf
de» ehemaligen Berkehr mit dem Morgenlaude, der jedoch mit der Ent-
deckung der neuen Welt und deS neuen HandelSwege« eioen bedeutenden
Stoß erliit und zuletzt fast ganz aufhorte. Dennoch hat die Stadt auch
gegenwärtig noch eine große Bedeutung. Sie ist daS eigentliche Herz von
Deutschland «nd ihr Bcsttz in der Hand irgend eineS Fremden der TodeS-
stoß unsere« großen Laterlande«. Rvmer und Barbaren haben stch dereinst
hier niedergelaffen «nd Franzosen und Oesterreicher um ihre Mauern ge-
kämpft. Sie ist die Grabstätie der letzten Karolinger und de« h. römischen
ReichkS deutscher Nation. Der Freund de« Vaterlande« kann daher nur
mit Wehmuth in jenen Mauern weileo, wo DeutschiandS größte Erniedri-
guug zum Gesetz erhoben ward, ungeachtet daS Unglück damit auch für dte
Stadt nicht aufhörte. Wie viele ihrer schönsten Monumente gingen in jeoer
traurigen Zeit zu Grunde, die für immer für unS verloren stnd und an
deren Untergang wir um so weniger denken dürfen, als ihn leider die eigene
Thorheit verschuldet. Aber so groß auch jene Berluste immer sein mögen,
«S ist auch für RegenSburg, wie fur so viele andere Städte ihre« Gleichen,
doch noch immer etwa« geblieben, waS au ihre Bedeutsamkeit erinnert und
wie ein Wahrzeichen weit hinein in daS schöne deutsche Land leuchiet. Wir
müffen dahin vor allen Diogen seine kirchlicheo Denkmale und seine kirch-
lichen Traditisnen rechnen, dte schon früh, fast an die ersten Zeiten deS
Christenthum« ankuüpfen und ihre Eriuncrungeu durch die ganze deutsche
Geschichte tragen. Man darf anoehmea, daß daS Christenthum in Regens-
burg in dcm römischen Heere schon in den zwei ersten Zahrhunderten
wenigstenS bekannt war. Äber leider ging die« in der großen Völkerwan-
derurig und in der allgemeinen Zerstöruog fast spurlos verloren und die
Stadt selbst mußte, alS daS Laud in die Gewalt der wilden Bojoarier ge-
kommen, fast von Grund auS wieder aufgebaut werden. Al« seine Apostel
nennt man die d. Rupert, Emmeran (6S2) und endlich auch den h. Boni-
saciu«, der im Jahre 739 RegenSburg zu einem BiSthum erhob- Dadurch
war die Stadt gerettet. Ehristenihum und Cultur gehen aber immer wesent-
lich zusammen und nächst dem BiSthum knöpfte fich die chrtstlicheCivtlisation
sür RegenSburg und das Land umher an daS Kloster S. Emmeran. Epäter
kameo uoch Mcnche auS England, Jrlaud und Schottland hiuzu, die man
mit dem allgemetuen Namen der Schotten benennt und welche den bereits
schal gewordenen Teig von oeoem mit frischer Kraft durchsäuertea. Wir
werden daher, wen» wir vou RegenSburg und seinen Denkmalen redeu
wollen, vor allem von jene» Jnstituten reden müssen.

Das ehemalige Klostergebäude St. Emmeran in RegsnSburg ist gegen-
«Lrttg Fürstlich Thurn- und TariS'scher Palast. ES ist keinesweg« ein bedeu-
teudc« architektooische« Bauwerk, vielmehr so gehalten, wie der moderoe
Casernenstyl es nur schaffen kann. Zwischen diesem Gebäsde und der ehe-
maligeu Klosterkirche bestndet fich «i« schöner mittelalterlicher Kreuzgang mit
der gegenwärtigenFürstlich Thurn- undTariS'scheu Familiengruft, eine Capelle,
die mit ihrem berühmten EhristuSbilde vsn Dannecker mehr wie ein moderner
Theatercoup auSfieht.

ES gehört wohl kein besondere« kunstgeübte« Auge dazu, um die Ver-
änderungen wahrzunehnien, welche die ehemalige Klosterkirche seit den
ältesten Tagen ihre« Bestehen« bis in die neuesten Zeiten erlitten und er-
duldet hat. Welche Erinnerungcn knüpfen fich aber an diese h. Räumr, die

iheilweise in einem Zustaode der Lerlaffenhcit und deS JammerS find, daß
wir fie nur mit dem tiefsten Echmerze detrachteu könnenl Hier befinden fich
die Gräber König Arnuls'S, uvd Ludwig'S deS KindeS, der letzen deutschea
Karolinger; hier steht man die Gräber so virler anderer mächbge» Herren,
bie nach eiuem bewezien Leben enblich ihren Ruheplatz gefunden. Hier hat
König Heinrich II. mit dem Beinamen dcs Heiligen, der das Reich so glor-
reich regierte und deffen Lerdienste in weltlichen Drnge» nur leide: gar zn
häufig vergeffeu werden, weil er eben ein Heiliger war, in der noch stehen-
den Capelle usd vor einem Crucistre. daS man voch bewahrt, gebetet und
etne Weiffagung erhalten, deren Berständniß ihm erst burch seine Beförde-
rung zum destschen Könsge klar geworden. Hier wurde in einer andereu
Lapelle cine Reliquie niedergelegt, um die uns Frankreich seit Jahrhunderten
bencidet und die ein kecker deutschcr Ritter auf abenieuerlichem Wege au-
St DeniS bei Baris entführte. Welch ein UnternehmungSgeist stak in diefem
Manne und wa« mußten damalü die Franzosen von unS gehalten haben,
wo wir derartige Leute auszuweisen batten und die gerode bamals so selten
unter uns nicht waren, weil der große Naiionalverein, die Kirche noch daS
ganze Vclk umfaßte. Aber ungeachtet setner ehemalige» Größe, der viele»
Denkmale deutsten Rubmes, ksnnte auch St. Emmeran dem Geschick der
Zeit nicht entgehen. E« hat setne Opfer der Renaiffance, eS hat fle der
Gleichgültigkeit und Berwahrlosung und eS hat fie endlich der Revolutioa
und Zerstörung bringen müffea.

ES war zu bedaaern,'daß der moderneGeschmack fich anch an dieKirche
vo» Et. Emmeran machte. Sber dennoch bin ich überzevgt, daß die Kirche
zur Zett ihreS klösterlichen Glanzes noch imwer eine» wohlthuenden und für
die christliche Andacht erhebenden Aoblick gewährt. Maa kann die Decken-
gemälde an St. Emmeran tadeln, man ksnn gegen den Geschmack der De-
coration vieleS einwenden, aber dennoch war der Anfang deS L1X. Jahr-
bundertS i» eben diesen Dingen viel unglucklicher, wo der RadicaliSmuS
fich der Gemüther bemächtigte ond tn AlleS hineiucorrtgirte, «o man aber
zu bauen verstand, uur keiue Kirchen und wo man diese, wie auch dea
ganzen Dienst und die ganze Wirksamkeit derselben auf die vier nackten
Wände beschränkte uno alleS mbglichst veräußerte.

Man kann gegen die Malereie» deS XVII. uud XVIII. JahrhundertS
in den Kirchen in dem lieben Baierlande, gegen ihre Zwiebelthürme und
Loretodächer mancheS einwenden. Aber fie haben noch immerhin besondere
Reize für daS Volk und ßechen im Eanzen vortbetlhaft ab gegen so manche
Scheunen und griechische Tempel, welche daS XIX. Jahrhundert Kirchen zu
nennen beliebt.

Kunstgeschichtlich ist gegenwärtig daS alte Atrium mit seinen Sculpture»
und Bildwerken daS Bedeuiendste an St. Emmera».

EineS der Lltesten und noch wohlerhaltenstcn Bauwerke in RegenS-
turg ist die Kirche deS ehemaligen Schottenklosters St. Jacob. Sie hat uoch
ganz deu strengen Styl der früheren Dauperiode des Mittelalters, eine
plalte Decke im Mittelschiffe, zwei einfache Thüren, aber eiu sehr schöneS
mit wystertösen Bildwerken geschmückteS Portal und alles noch in ziemltch
gutem Standc. Der Zahn der Zeit hat wenig an dem soliden Materiale
verberben können. Man hat fich vielfach den Kopf zerbrochen über dieseS
seltsame Bildwerk an dem Portale von St. Jacob, das aber tm Mittelalter
so »ereinzelt ntcht dasteht, wiewohl es halb heidnisch und halb christlich a«S-
sieht, weßhalb denn auch der h. Bernhard so stark gegen derartige Dinge
eifert, besonderS wenn ste flch an h. Stelle befanden. ES gibt Kunsthisto-
riker, die an dem Dildwcrk von St. J-cob eine symbolische Darstellung de»
SiegcS deS Christenthsms über daS Heidenthum erblicken, eS gibt ader auch
solche, welche daSselbe wie ein reines Spiel derPhantafie betrachten, worin
der deutsche Geist cben so ßark ist, wie jener irgend eineS BolkeS aus Erden.
Künstlerisch bctrachtet, ist dieseS Portal und dte ganze Seitenfläche von
St. Jacob »on dem höchsten Jnteresse und im Ganzen auch »on einer so
hohen Vollendung, weoigstenS wie man eS in dec damaligen Zeit erwarten
konnte. UebrigenS verräth da« Portal ganz die Schule, auS welcher auch
der bamberger Dom hervorging, mit dem es ziemlich gleichzeitig sein mag.
Die Schoiten kamen im Jahre 1109 auf Beranlaffong deS Burggrafen Otto
nach Regensburg. Umstände machen es wahrscheiulich, daß auch dieseS Jahr
mit dem Bau der gcgenwärtigen Kirche eniweder innig zusammenhängt, oder,
wie schon die Betrachiung deS Gebäudes selbst zeigt, nicht gar weit voa
diesem Datum entfernt Uegt. Man ncnnt sogar daS Jahr 1111, waS ouch
so ungefähr mit dem Bau deS bamberger DomeS zusammenfällt, der aller
Wahrfcheinlichkeit nach auch auf die Kirchs St. Jacob in RegenSburg nicht
ohne Einfluß gewesen. Genug, wir haben in ihm eineS der prachiigsten
und wohierhaltevsten Baudenkmale jener Zeit, wenn es auch seinem Umfange
nach riicht zu den Steruen erster Größe gehört. Da« in aller Beziehung
hedeutendste Baudenkmal in RegenSburg ist jedoch sein Dom.

Der regenSburger Dom zeugt, wie so viele andere in Deutschland, von
der Macht der Kirche über die Gemuther und von den Thateu ihrerBischöfe,
als Träger christlicher Cultur und Civilisation, der Erbin alleS deffen, wa-
die Völker aller Zoneu und aller Zeiten WahreS und Großes geschaffen und
derMenschheit einen bleibenden Werlh gibt. Es ist möglich, doß der gegeu-
wärtige Dom in RegenSburg viclleicht das dritte oder vierte Bauwerk ist,
«oran fich der Halt deS ChristenthumS in jener Stadt knöxft. Wir kennen
»on dcr Geschichte der ältesten Dome in RegenSburg nur weuig. Wir
wiffen nur, daß dte Stadt im Jahre 1273 von einer grcßen FeuerSbrunst
heimgesucht ward, die durch den Blitz entstand und daß in jener Zeit auch
der dortige Dom wenigstens theilweise mit zerstört wurde. Zwei Jahre
später legte der Bischof Le» Dündorfer, ein PatricierSsshn auS RegenSburg,
am Lorabende vor S. Georgitag den ersteu Stei» zu eioem neucn, deu wtr
gegenwärtig vor un« blicken. Jch habe mir uun immer auf Grund einer
alten Tradition, welche dem Slbertus Magnus, ehemaligem Bischof von
RegenSburg, vielleicht nicht so ganz mit Recht, einen großen Aniheil au dem
Plane deS kölner DomeS znschreibt, zwischen diesem und dem RegenSburger
eine Art von gekstiger Lerwandtschast gedacht. Dies kaun jedoch nur im
eutferntesten Grade der Fall sein. AlS man den Dom von RegenStorg be-
gsnn, hatte man an dem Äölner schon ein Viertel von einem Zahrhunbert
gebaut und welch ein Unterschied ist zwischen Beiden in ihrer ganzen Anlage
uad Constructro»! ES ist ei'ne ganz andere geißigere Conception, wodurch
der Dom in RcgenSburg, selbst bei einer größereu AuSführung seiner De-
tailS, doch im Ganzen gedrungener und kerniger erscheint, als der Dom zn
KLl», der sich mehr der frauzvfischen Echule anschließt und schlanker un!>
 
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