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Zentral-Dombauverein <Köln> [Editor]
Kölner Domblatt: amtliche Mittheilungen des Central-Dombau-Vereins — 1866 (Nr. 251-261)

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https://doi.org/10.11588/diglit.1825#0022
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274. Gaben-Vcrzeichniß.

Ein Bortrag

Jm Monat Juni c. find eingegangen:

1) Arrs der Collecte in den hiesigen Pjarrbezirken

St. Maria in der Schnurgasie ...

Thtr.

67

Sgr. Ps.

20 -

St. Maria-Lyskirchen.

5

- -

2) Ertraq der Fremdm-Collecte im Tom pro Mai

211

19 4

3) Jahresbeitrag von Herrn Director G. W. Drory
in Gmt.

100

- -

4) Von „Schiffer Domini" (6. Beitrag pro 1866)

5

20 —

5) Von Herrn Domoicar Hahn in Breslau.

1

- -

6) Von N. N. (Wette Köln-Minden) . . .

1

- -

7) Von N. N. (Von einer Anzeige erübrigt)

1


Summa 392 29 4

Hierzu die Einnahme pro Januar — Mai c.,
laut 273. Gaben - Verzeichniß (siehe vorstehend)

..77540 23 10

Einnahmr pro Januar his Juni 1866 . . 77933 23 2

Köln, den 30. Juni 1866.

Der Berwaltuugs-Ausschuß
des tsentral - Dombau - Bereius.

Die Dom-Sacriftci betreffend.

Jn den Kölnischen Blättern war jüngst (Nr. 162) folgendes zu lesen:
„Dem Vernehmen nach steht es jetzt fest, daß von dem Sacristei-Gebäude
des Domes derjenige Lheil, wclcher »or das Nordportal vorspringt, abge-
brochen und an die Ostscite des Restes ein cben so großer Theil angcbaut
wird, — eine Entscheidung, welche jeder Freund dcs Dombaues mit Frcuden
degrüßen wird."

Ob der erste Theil dieser Noti; thatsächlich richtig ist, vcrmag der Unter-
zeichnete nicht zu beurtheilen. Hoffentlich ist er nicht richtig; keinesfalls
aber würden „alle Dombaufreunde" eine solche Maßregel „mit Freuden
begrüßen". Nach meinem, freilich durchaus unmaßgeblichen Dafürhalten
wäre ein solches Zerreißen und Wiedcranflicken eine Verunstaltung, um nicht
zu sagen eine Mißhandlung des ehrwürdigen Bauwerkes. Dasselbe stammt
aus der besten Periode der gothischen Baukunst; daß es vor das Nordportal
vorspringt, ist keinc neue Entdeckung, ja, es dars wohl angenommen werden,
daß der Baumeister, welcher den Plan dazu gemacht hat, sich jener That-
sache vollkommen bewußt war, wie denn auch während des Mittclalters an
allen Kathedralen solche und ähnliche Anlagen (Kreuzgänge, Capitelhäuser
u. s. w.) vorsprangcn und ebenwohl in unseren Tagen noch die ausge-
zeichnetsten Gothiker, Viollet-le-Duc und Lassus, die von ihnen an die
Notre-Dame-Kathedrale zu Paris angebaute L-acristei haben vorspringen
lasien. Nur die unbedingten Verehrer der Geradlinigkeit um jeden
Preis, wic sie das neue Berlin, Karlsruhe, Neuwied und Mannheim bei-
spielsweise darbieten, dürften daher voraussichtlich eine Entscheidung, wie die
hier in Frage stehende „mit Freuden begrüßen". Und was wird denn auch
das durch den fraglichen Vorsprung nicht mchr behinderle Auge Alles er-
blicken?! Jeder, welcher sich für die Frage interessirt, ist gebeten, sich die-
selbe an Ort und Stclle zu beantworten. Schreiber dieses konnte gar nichts
irgcnd Bcmerkenswerthes wahrnehmen, was zur Zeit durch den fraglichen
Vorsprung verdeckt wird. Ohnehin ist, im Widerspruche mit dem ursprüng-
lichen Plane des Domes, schon viel zu viel Geradlinigkeit an demselben
zuwege gebracht, indem z. B. dic über den unteren Compartimenten des
Chores pyramidalisch auffteigenden Dächer sich leider dem Schiffe entlang
nicht fortgesetzt finden und so cin sehr störender und stylwidriger Paralle-
lismus, eine nichts weniger als wohlthuende Leere zwischen den Strebc-
pfeilern entsteht, welche über die, nunmehr flach abgedeckte Terrasse sich
erheben. Ueberhaupt sind alle solche Neuerungen wohl nirgendwo anders
bedenklicher, als an unserem herrlichen Dome. Mögen die Architekten der
Gegenwart durch Neuschöpfungen aus Einem Stücke darthun, daß
fie höher stehen, als die Schöpfer solcher mittelalterlichen Werke; für letztere
aber sollten sie die Verantwortung den alten Meistern überlasien! Das
Verhältniß zwischen der Länge und Breite unserer Sacristei, so wie die
ganze Stellung dcrselben zum Dome ist, wie mir wenigstens scheinen will,
fehr richtig bemesicn; das Gegentheil dieser Proportionalität aber crgäbe sich,
wenn man den Bau um etwa ein Drittel schmäler und um ein Drittel
länger machen wollte, ganz abgcsehen davon, daß zufolge solcher Operation
auch noch ein weiteres Chorfenster verdrckt würde.

Tas in Frage stehende vorspringende Compartiment ist im Jnneren
später umgebaut worden, daß aber die Gesammtanlagc, insbesondere die Um-
fasiungsmauem nach einem Plane gteichzeitig errichtet wurden, ergibt der
Augenschein bis zur Evidenz. Keinesfalls sollte nach dem ursprünglichen
Plane die Sakristci sich weiter nach Osten hin erstrecken. Hoffen wir also, daß
der so lange vernachlässigtc Bau nur in seiner ursprünglichen einfachen
Schönheit kunstgerecht wiedcr hergcstellt werde. Auch das wenigcr ästhetisch
gebildete Auge oder Urtheil wird alsdann erkennen, daß der alte Meistcr
sehr wohl gewußt hat, was er that und was zum Dome paßt.

11r. A. Rcichensperger.

des ^berbaurathes F. Schmidt, gehalten im Museum
zu Wien.*)

I. Wer die Wcrke der Knnst des Mittelalters nur oberflüchlich betrachtet, be-
merkt der Redner eingangsweise, wird das innere Leben derselben nicht verstehen
können. Jn einer Zeit, wo die Uebung dieser Kunst ganz abhanden gekommen
war, sind die wunderlichsten Anschauungen über dieselbe aufgetaucht. Einige
hielten die Formen der mittelalteriichen Architektur für cinen Ausfluß kabbalisti-
scher Geheimlehren, Andere sahen darin Nachbildungen von Elenienten der Natur,
und wieder Audere haben jedem Thürmchen, jeder Fiale u. dql. eine symbolische
Bedeutung gegeben und aus jedem Stück des Maßwerkes einen bestimmten reli-
giösen sinu herauslesen wollen. Das Studium der Archäologie und der alten
Technik hat in neuerer Zeit zu Resultaten geführt, welche mit diesen Anschauun-
gen keineswegs überall im Einklange stehen.

Die Kunst des Mittelalters beruht in derThat aus einem gänzlich geänder-
ten Constructi»ns-Sr>steni; ste hat mit den Traditionm der Antike beinahe gänz-
lich gebrochen und srei uud selbstsrändig wiedcr hineingegriffen in das Reich der
lliatur, um aus deren Urstosien und unter dem Einfiusse einer vollstSndig um-
gewandelten menschlichen Gesellschast neue, den Bedingungen des Lebens ent-
sprechende Formen zu schaffen.

Tie antike Arcbitektur und Kunst ist nach der Anstcht des Redners anf ein
bestimmtes Material, auf bestimmle klimatische Verhältnisie bastrt; in ihr hat
die Entwicklung der abstracten Form wohl ihren höchsten Triumph gefeiert.

Jndem aber die Antike diesen Triumph gefeiert, indem sie sich zu bestimm-
ten concrcten Fornien entwickelt hat, schlost sie auch damit ab u»d entzog fich
jedem serneren Einfiusic des Materials aus ihre Form-Entwicklung.

Hierin liegt denn auch noch heutzutage der elementare Unterschied der fich
gegeuüber stehcnden Hauptkunstrichtuiigen, da ini Gegensatze zu dem Ebengesagten
das Mittelalter bestrebt war, jedes Baumaterial in der ihm eigenthümlichm
Weise zur künstlerischen Verwerthung und Geltung zu bringen.

Die nächsten Erbm griechischer Kunst, die Römer, haben deren Formen
zwar copirt, aber nur als oberflächliche Dccoraiion ihrer weiter gehenden Con-
structionsweisen benutzt. Die wahre Harmonie zwischen äußerer Form und
innerer Construction war damit schon gebrocheu. Nachdem in den Zeiten der
Völkerwanderung tnduln msu gemacht worden war mit den alten Kunstan-
schauungen, hal stch allmählich eine neue Auffassung der Baugegeustünde ent-
wickelt. Der Wandel der Construction im Großen und Ganzen hat fich zu
allcn Zeiten ani meistm an den Tempelu und Kirchcn manifeftirt. Währmd die
römische Kunstwcise in majsiver plastischer Weise ihre Kunstwerke bildete, hat die
romanische bereits eine tief einschneidmde Gliederung ihrer Bauwerke durchge-
führt. Das Bestreben, die Bauwerke in der Breite und Höhe auszudehnen,
mußte aus der Flächenbildung zur PfeilerbilLung führen. Damit war der Weg
zum sogenanntm gothischen Slyle angebahnt.

Gewiije Formen der Architektur haben sich durch alle Zeiten hindurch in
dev Hauptiache erhalten. Die Hauptelemente der Capitäl- und Basen-Bildung,
der Gestmse sind im Wesentlichen gleich gebliebm. Die gothische Kunst hat das
Material, das ste vorsand, sür ihrc Zwecke augeivmdet und einen ncuen Ein-
klang zwischen Material und Form herbeigeführt.

Ein eigenthüniliches Moment der Gothik ist die Einfllhrung der verschiede-
nen Materialien in diesen Baustyl. Jn der gothischen Kunst findm nebst Stein
auch Hol; und Eisen in umsassender Weise Ausnahme, wührend srüher nur Stein
und für Tecorationsgegsnstände Bronze in Anwmdung geweseu war.

Der wichtigste Constructionstheil, der seit den ältesten Ze lm bei allen Ge-
bäudm angewendet wurde, ist die Säule. Die klasstsche Kunst hat aus die
Läule ihren Architrav gesetzt, die römische Kunst den Rundbogen, die golhische
Kunst den L-pitzbogm; der aus die Säule gelegte Theil wirkt in jedem Falle auf
die Form der Läule jelbst bestiinmend zurück. — Neben den Säulen ist in der
gothischen Architektur von besonderer Bedeutung das Maßwerk der Fenster.
Die romanische Kunst kennt nur das vom Rundbogen geschlosiene Fenster; in
dem Maße, als die Dimenfionen der Bauten sich vergrößerten, mußte auch den
Fenstern eine veränderte Form gegeben werden. Äan setzte ganze Fenster-
gruppen zusanimen; die Fenster wurden einander immer näher gerückt, das da-
zwiichen liegende Dtauerwerk wurde immer mehr gegliedert und in ein System
gcbracht. So ist nach und nach das sogenannte Maßwerk der gothischm Kunst
entstanden, dessen Aussührung im Versalle der Gothik zu wunderlichm Combi-
natioum geführt hat. — Ein weiteres wichtiges Element der gothischen Architektur
find die Windberge und Giebel, deren Aufgabe es ist, das Gebäude vor
dem Winds zu bergen, und die Fialen, Thürme im Kleinm, als Abjchluß der
Pfeilcr. An der Entwicklung der Blätter, wie sie sich iu den Fialen gezeigt,
läßt sich erkmnen, wie die Gothik bei ihrm Bildungen vollkominen naturalisfisch
zu Werke ging. Man hat Blätter der verschiedenstm Pflanzm genommen und
sie in payender, d. h. stylisirter Weise verwendet. Der Gedanke der ersten
Kreuzrose z. B. war der von Blüthmknospen.

Die meisten dieser Formm der Gothik find gedacht in einem bestimmtm
Materiale, in bildjamem Werkstein. Aber auch sehr harter Stein, Terracotta,
Holz und Eisen wurden in eigenthümlicher Weise verwcndet und jene Formen
diesen Materialien entsprechend umgebildet.

Charakteristisch für die Gothik ist ihr coneentrirtes Constructions-System.
Sie abstrahirt von der Niaucr, auf deren Festigkeit das romaniiche Gewölbe
bcruht und legt ihr Hauptgewicht auf die Pseiler; die gothische Mauer besteht
fast nur aus Fenstern.

Von den eingangserwühnlen Anschauungen über di- Entstehung der Gothik
verdient die lehtere, welche ihre Formen lediglich als eine symbolische Verherr-
lichung des christlichen Cultus betrachtet, schon ihrer Verbreitung wegen die
größte Beachtung. Rcligiöse Begeisterung einzig und allein vermag noch keine
Kunstwerke zu schaffm; bis zu einem gewisien Grade ist die Knnst stets unab-
hängig von religiöscu Anschauungen und ist in diesem Bereiche vielmehr bedingt
durch nationale und locale Verhältnisie. Bcweis desien ist der Umstand, daß

*) Gegenwärtiger Bericht ist den „Mitthellungen des k. k. Ssterrcichsichen
Muscums sür Kunst und Jndustrie" (1866, Nr. 7) entlehnt.
 
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