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Koepplin, Dieter; Falk, Tilman; Cranach, Lucas [Ill.]
Lukas Cranach: Gemälde, Zeichnungen, Druckgraphik ; Ausstellung im Kunstmuseum Basel 15. Juni bis 8. September 1974 (Band 1) — Basel, Stuttgart, 1974

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https://doi.org/10.11588/diglit.10453#0083
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UND EINIGE AUFTRAGGEBER

77

24 L. Cranach d. Ä., 1509 (Anm. 90)

Gesichts66». Freilich besteht die Schwierigkeit sich vorzustellen, von welchem
Typus und von welchen Ausmassen die Komposition gewesen ist, aus der das
Selbstbildnis ausgeschnitten wurde. Man könnte an ein querformatiges Halb-
figuren-Gruppenbild venezianischer Art denken, z.B. an eine Komposition
«Christus und die Ehebrecherin», wie sie Cranach öfter formuliert hat67.

Werner Schade: «Die Zeichnung Dürers [Abb. 26] und auch das Gemälde des
jüngeren Cranach [1550, Uffizien] heben die tätige Seite des Künstlers hervor,
seine Energie, die Geradlinigkeit des Wesens. Die Selbstbildnisse [wie dasjenige
auf Schloss Stolzenfels] zeigen dagegen einen stillen Cranach, weich gestimmt,
von düsterer Ahnung umgeben: betonen die melancholischen Züge, die nach
humanistischer Auffassung Bestandteil der Künstlerpersönlichkeit sind68.» Das
von Schade erwähnte, von Dürer mit dem Silberstift gezeichnete, 15 24 datierte
Porträt Cranachs (Abb. 26) zeigt uns vertraute Gesichtszüge, aber eine geistig ganz
anders fundierte Gestalt.

Dürer kannte Cranach sicher seit langem, mindestens wohl seit 1505 oder
150869. Aber jetzt, 1524, musste ihm Cranach vor allem als Freund Luthers und
Friedrichs des Weisen erscheinen. Kurfürst Friedrich als Haupt der deutschen
Fürsten verhandelte damals am Nürnberger Reichstag mit dem päpstlichen Legaten
Campegio erfolglos, bis Kaiser Karl V. den Reichstag nach Esslingen verlegte.
Alle Beteiligten und nicht zuletzt Friedrich der Weise glaubten bei der Einberufung
des Reichstages nach Nürnberg 1522 und in der folgenden Zeit noch an eine
Beilegung des durch Luther in Wittenberg entfachten Glaubensstreites. 1524 ver-
schärften sich die Gegensätze und bildeten die Parteien härtere Fronten70. Dürer hat
1524 auch den Kurfürsten Friedrich von Sachsen mit dem Silberstift gezeichnet71
und diese Studie dem 1524 datierten Porträtstich zugrunde gelegt (Nr. 26). Unter
 
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