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Koepplin, Dieter; Falk, Tilman; Cranach, Lucas [Ill.]
Lukas Cranach: Gemälde, Zeichnungen, Druckgraphik ; Ausstellung im Kunstmuseum Basel 15. Juni bis 8. September 1974 (Band 1) — Basel, Stuttgart, 1974

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https://doi.org/10.11588/diglit.10453#0191
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i85

V. Humanistisch-höfische Repräsentation in Kursachsen seit 1505 (K)

Von 1505 bis 1547 und 1550 bis zu seinem Tod 1553 war Cranach Hofmaler der
sächsischen Kurfürsten. Bei der Berufung durch Kurfürst Friedrich von Sachsen
1504/05 spielte vermutlich eine Rolle, dass Cranach bereits um 1500 in Coburg,
das zum sächsischen Gebiet gehörte, tätig war und dass er in Wien bei einfluss-
reichen Humanisten Erfolg hatte. Celtis, der Freund des von Cranach porträtierten
Cuspinian (Abb. 5 5-56), könnte vermittelt haben; er war mit Dürer und anderen
bedeutenden Künstlern ebenso bekannt wie mit Kurfürst Friedrich (Nr. 2) und
mit König Maximilian (Nr. 52). Mit dem Wechsel der Tätigkeit von Wien nach
Kursachsen blieb ein christlicher Humanismus als geistesgeschichtliche Basis er-
halten. Anderes aber änderte sich so stark, dass der Wandel von Cranachs Stil ab
1505 offensichtlich damit zusammenhängt (von der Problematik des sich ändern-
den «Zeitstils» sehen wir hier ab). Cranach wurde in einer so intensiven Weise
«Hofmaler» und erfüllte seine Aufgaben so perfekt und während einer so langen
Zeit, wie dies früher nicht vorgekommen ist, weder in den Niederlanden seit
Jan van Eyck, der 1425 Hofmaler Philipps des Guten wurde, noch in Italien,
Deutschland oder Frankreich, wo die «Ecole de Fontainebleau » allmählich durch
eine sehr gezielte Berufungspolitik herangebildet wurde (1516 Leonardo von
König Franz I. nach Frankreich geholt, vgl. Zeittafel unter 1546). Die Künstler,
die in Deutschland für Maximilian I. gearbeitet hatten, waren alle bloss neben-
amtliche (und unregelmässig bezahlte) Hofmaler: Strigel (Nr. 41), Burgkmair
(Nr. 17) und viele andere. Jeder deutsche Fürst hielt seinen Hofmaler oder vergab
Aufträge ausserdem an Künstler, die nur locker mit dem Hof in Verbindung
standen. Sowohl ein enges als auch ein loseres Verhältnis zum König oder Kaiser
und zu Kurfürsten oder Herzögen führte oft dazu, dass dem Maler ein Wappen-
bild, mit dem er siegeln konnte, verbrieft wurde: Grünewald erhielt sein Wappen
wahrscheinlich auf Vorschlag des Mainzer Kurfürsten Uriel von Gemmingen (des
Vorgängers von Albrecht von Brandenburg) durch die kaiserliche Kanzlei aus-
gestellt; Burgkmair bekam sein Wappen, dessen Bild er gewiss selber erfand, von
König Maximilian spätestens 15161. 1524 widerfuhr Daniel Hopfer, der wie
Burgkmair in Augsburg arbeitete und wegen seiner Waffenätzungen und den
technisch davon abgeleiteten Bildnis-Radierungen dem Kaiser dienstbar erschien
(vgl. Nr. 38), die Ehre, dass ihm Erzherzog Ferdinand in Vertretung des Kaisers
Karl V. einen Wappenbrief und ein Kleinod verlieh, das er und seine Erben auf
ewig in allen «redlichen Sachen» und im «Gestechen» gebrauchen mögen2.
Trotzdem musste sich Hopfer viel eher als Bürger der reichen Stadt Augsburg
denn als Diener des Kaisers fühlen. Dasselbe galt für Hans Baidung, der in Strass-
burg ein hochangesehener Bürger der Stadt und zuletzt Mitglied des Rates,
daneben aber auch Hofmaler des Strassburger Bischofs war und den Markgrafen
Christoph I. von Baden mehrfach porträtierte. In Deutschland wäre Cranachs
Produktivität in Kursachsen am ehesten mit derjenigen des Hans Wertinger zu
vergleichen, der seit etwa 1515 massenweise Bildnisse und andere Dinge (z.B.
Hirsche auf Leinwand, 1523 sogar eine Kopie nach einem Madonnenbild Cra-
 
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