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n6 Holbein in Augsburg, Frankfurt und Kaisheim (1494-1508)

Stande gekommen sein. Adolf Daucher hatte eine
Tochter Michel Erharts, Afra, geheiratet und 1491,
von Ulm kommend, das Augsburger Bürgerrecht
erworben. Noch in diesem Jahr begannen die Arbei-
ten am Frühmeßaltar für St. Ulrich und Afra, der
1498 aufgestellt wurde. Daucher erhielt den hohen
Betrag von 350 Gulden; das weist darauf hin, daß er
die Verantwortung für die Lieferung des gesamten
Retabels, einschließlich der Figuren von Gregor
Erhart, übernahm. Der Maler der Flügelbilder ist
nicht bekannt." Ab 1493 arbeitete Daucher am
Schrein des Simpertusaltars in St. Ulrich und Afra.
Seinem hohen Honorar zufolge wird er auch hier die
Figuren geliefert haben; der Bildhauer ist in den Quel-
len nicht genannt. Die Flügel des 1497 aufgestellten
Retabels stammten von Gumpold Güdingen12 Ein
Auftrag des Konvents unterbrach also die Arbeiten,
die die Zechpflege bestellt hatte.

Erstmals belegt ist der Kontakt zwischen Daucher
und Holbein für das Jahr 1498: »Hoylbain pictor,
Adolfus pildschnitzer, Burckhardus lapicida, Georius
Seid und Georius Riederer aurifabri« wurden im Kar-
meliterkloster von St. Anna bewirtet, sicher weil eine
umfangreiche Gemeinschaftsarbeit, die verloren und
sonst nicht bezeugt ist, vollendet war.1' Es läßt sich
nur vermuten, daß diese Bewirtung den Abschluß von
Arbeiten in der 1487-1497 erweiterten Klosterkirche
markierte; die Nachricht übermittelt so nur die
gleichzeitige Arbeit der Künstler an einem Auftrag,
wie sie sich ab 1502 in St. Moritz in fast derselben
Zusammensetzung wiederholen sollte.

Adolf Daucher hatte als Verwalter des Kaisheimer
Hofs in Augsburg von allen Beteiligten den besten
Kontakt zu diesem Zisterzienserkloster, als es darum
ging, mit den ihm und untereinander verschwägerten
Erhart und Holbein den Hochaltar der Kirche in
Kaisheim (1502) zu erstellen. Die Namen der Künst-
ler und ihr Prestige überliefert der Eintrag des Johann
Knebel in der Kaisheimer Chronik: 1502 habe der
Abt »ain costlich chortafel [machen] lasen, daran die
besten III maister zu Augspurg haben gemacht, alß sy
zu der zeit weit und prait mochten sein, der schreiner-
mayster Adolf Kastner in Kaißhamerhof, pildhauer
maister Gregori, der maier Hanß Holpain.«'-* Wäh-
rend für Kaisheim wahrscheinlich einer der drei an
der Ausführung Beteiligten - am ehesten Daucher -
den Gesamtentwurf lieferte und alle wohl getrennt
mit dem Kloster abrechneten,'5 kam bei dem Auftrag

für die Pfarrkirche St. Moritz in Augsburg (1502-
1508) noch Jörg Seid hinzu. Die Erneuerung der
Kirchenausstattung mit Sakramentshaus und Hoch-
altar erfolgte nach Selds Visierung, Daucher, Erhart
und Holbein rechneten getrennt mit der Zechpflege
ab.16

Über die Form der Zusammenarbeit - besser
Arbeitsteilung - wissen wir über die knappen Mittei-
lungen der Chroniken und Rechnungsbücher hinaus
nichts. Die Doppelsignatur, die Holbein für Maler
und Schnitzer am >Weingartener Altar< 1493 ange-
bracht hatte und die in dieser (seltenen) Form viel-
leicht seine Unterordnung unter den älteren und frag-
los berühmteren Michel Erhart belegt, sollte sich
nicht mehr wiederholen.17 Holbein signierte und
datierte seine Flügelbilder ausführlich, die beiden aus-
wärtig stehenden Werke in Frankfurt und in Kaisheim
auch mit einer Herkunftsangabe, aber er nannte sich
selbst allein.'8 Nur die ganz großen Retabel, der
Frühmeßaltar in St. Ulrich und Afra, der Kaisheimer
Altar und der Frühmeßaltar in St. Moritz, scheinen in
straffer Organisation entstanden zu sein. Im übrigen
traf in Augsburg ein Maler nicht selten auf ein einige
Jahre älteres Corpus, das mit Gemälden versehen
werden mußte. Die Madonnentafel als Deckplatte für
den silbernen Domaltar Jörg Selds 1508/09 war der
letzte Auftrag dieser Art an Holbein und zugleich der
letzte (bekannte), der ihn mit einem der genannten
Augsburger Künstler verband (Abb. 73).">

Über die sicher große Befugnis der Auftraggeber bei
diesen immer wieder ähnlichen Konstellationen mit
ausgewählten unter den Augsburger Künstlern kön-
nen wir nur Vermutungen anstellen. Für die patrizi-
schen und die Kaufmannsfamilien sind im besten Fall
Listen ihrer Stiftungen überliefert.10 Sie nennen die
Namen der Künstler nicht, Werke sind selten erhalten
oder zuzuordnen. Untersuchungen zum »Mäzenaten-
tum« anderer Augsburger Familien als der Fugger
fehlen ohnehin ganz und können hier nicht geleistet
werden. Zudem kennen wir aus diesen Jahren nur
einen Auftrag an Holbein, der nicht von vornherein
als Stiftung an eine Kirche ging: die 1499 datierte und
signierte >Madonna< (Taf. V) für den kaiserlichen Rat
Georg Gossenbrot und dessen Gemahlin Radegundis
Eggenberger.2' Die weiteren Bestellungen aus den
Augsburger Geschlechtern und den Mehrern der
Geschlechter betrafen Stiftungen in das Dominikane-
rinnenkloster St. Katharina: Epitaphien für die
 
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