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Die Tafelbilder 263

Die Malweise der Putten auf dem Fries, besonders
die schwarze Konturierung der Figuren, entspricht
vollständig der Wiedergabe steinerner Dekorations-
elemente auf Arbeiten Holbeins seit dem Prager Altar
oder dem Katharinenaltar von 1512. Ganz anders ist
aber die Wiedergabe des Buntmarmors, der hier
gemalt, nicht wie sonst bei Holbein in einer Spritz-
technik ausgeführt ist. Dies und die um Oberflächen-
werte bemühte Malweise von Inkarnat und Pelz spre-
chen dafür, daß Holbeins älterer Sohn Ambrosius in
einem hohen Maß an der Ausführung des Porträts
beteiligt war. In den beiden Basler Kinderporträts soll-
te Ambrosius Holbein die Brüstung und die Rahmung
aus architektonischen Elementen beibehalten, die
Wiedergabe des Marmors ähnelt dort der des Basler
>Herrn< von i^l^.15

1515 oder 1517 erhielt Holbein den Auftrag für
das Porträt eines weiteren vornehmen Mannes
(Abb. 183).16 Hier ist das Verhältnis zur Rahmung
geklärt: Aus der Brüstung, die die Büste des Darge-
stellten überschneidet, ist ein Tisch mit einer roten,
bunt gemusterten Webdecke geworden, auf der der
Herr seinen rechten Arm ruhen läßt. Aus der Pfei-
lerarchitektur ist ein rundbogiges Portal geworden,
das in eine Mauer eingelassen ist und den Herrn
hinterfängt. Auch wenn das Verhältnis dieser Mauer,
vor allem ihr Abstand, zu Figur und Tisch unklar
bleibt, wird so der blaue Grund zu einem Ausblick ins
Freie umgedeutet. Auch wenn der Tisch nur Barriere
ist und die Pose dem darauf lagernden Arm ein allzu
großes Gewicht im Bildnis verschafft, wenn er noch
nicht dazu dient, Accessoires zu präsentieren, ist mit
diesem Bildnis ein entscheidender Schritt hin auf eine
neue Bildniskonzeption getan: Hans Holbein d.J. und
Christoph Amberger werden den Dargestellten in sei-
ner Umgebung zeigen und ihn dadurch charakterisie-
ren.17

Der Herr kann nicht benannt werden, denn die
Aufschrift auf der Porträtzeichnung ist nicht lesbar
(Abb. 184).18 Sie zeigt ihn in einer Dreiviertelansicht
nach links, auf der Tafel ist er nach rechts gewendet.
Holbein muß also wenigstens zwei »Ansichten« sei-
nes Kunden angefertigt haben. Das Verfahren belegt,
daß das Bildnis von Anfang an als Einzelstück geplant
war: Es war nicht wichtig, in welche Richtung der

18}. Hans Holbein: Bildnis eines Patriziers (Norfolk,
Chrysler Museum, 47 x 37 cm)

184. Hans Holbein: Bildnis eines Patriziers, Vorzeichnung
(Berlin, Staatliche Museen Preußischer Kulturbesitz,
Kupferstichkabinett, 13,9 x 9,1cm)

Herr blickt, wichtig war, daß seine bessere Seite, die
Seite ohne Warze am Auge, im Bild zu sehen war. Wie
beim Porträt der Frau Fischer hat Holbein von der
Zeichnung zum Bild hin einiges im Sinne einer geord-
neten Komposition und einer Reduktion auf die
wesentlichen Züge des Gesichts und der Kleidung
geklärt. Auf den Wunsch des Dargestellten ist wohl
zurückzuführen, daß der Pelzkragen am Hals weiter
geöffnet ist als auf der Zeichnung, so daß der goldge-
stickte Saum des Hemdes und die zweireihige dicke
Goldkette sichtbar werden. Mit dem am Ärmel aus-
giebig präsentierten Seidenstoff, mit Pelz, Goldhaube,
deren Machart Holbein auf der Rückseite der Zeich-
nung notierte, Kette und Ringen, dem Schwert, dessen
Knauf Holbein über die Tischkante ragen läßt, viel-
leicht auch mit den Helmen, die die Dekoration auf
den Pilastern bekrönen, sind auffällige Hinweise auf
den Status des Herrn gegeben: Er gehörte, sofern es
 
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