Leben: man will niederreißen und aufbauen. Diesmal das deutsche
Theater,
Bestes Sprengpulver ist die Politik, sind die politischen Parteien.
Ausgerechnet prägte Lessing das Wort vom National-Theater der
Deutschen, Der Bühnenvolksbund organisiert ein National-
Theater der Parteien, Das Theater wird zum Reichstag, Es geht
bisweilen höchst dramatisch zu. Nur kommt diese Dramatik nicht
vom Dichter, sondern vom Generaldirektor, Akteure sind die In-
teressengruppen, von denen die einen hot, die anderen hüh wollen.
Der katholische Pfarrer sieht die Bühne anders als der protestan-
tische Pastor, dem Zentrum sind die Völkischen zu wenig repu-
blikanisch, den Völkischen ist das Zentrum zu ultramontan.
Da ist die Organisation der Freien Volksbühnen, Die soeben ge-
trennt marschieren, schlagen vereint. Es geht um die Eroberung
des Theaters, Im Handumdrehen entstehen Besucherorganisationen,
überall, wo noch ein Fleckchen von Deutschlands Erde sichtbar ist,
,.Bäuerlein, auch du mußt mit,“ Spielpläne werden organisiert je
nach Bedürfnissen und Wünschen der Bühnengemeinden, je nach
den Konzessionen, die in Berlin anders lauten, als in Gelsenkirchen,
Freilichtbühnen, Deutschland „mit dem ultram — — arinen
Himmel?“ („und der Regen regnet jeglichen Tag“), das Land der
Freilichtbühnen! Herr Gerst betreut sie alle, hundert und mehr,
seine Sonne scheint in Ahlde, Bentheim, Bolkenhain, Calcar,
Dinkelsbühl, Jünkerath usw, usw. Er entwurzelt sie gleichsam und
stellt sie in den lockeren Humus des Bühnenvolksbundes, Wir in
Hamburg möchten gern ein Quentchen von seiner Sonne mithaben.
Vielleicht kommen wir dann dem Problem der Freilichtbühne, das
auch Herr Gerst noch nicht gelöst hat, etwas näher,
Herr Gerst ist oberster Spielwart aller Jugendspielscharen
zwischen Maas und Memel, Führer der Landesbühnen in Ritze- und
Poppenbüttel, Sein Expansionsdrang streift von Berlin aus die
Grenzen des Vaterlandes, sprengt darüber hinaus, ins Sudetenland,
nach Rumänien, Kärnten, Tirol usw, usw. Niemals war das Wort
von den Brettern, die die Welt bedeuten, so wahr!
Dazu: Plan eines Landhochschulheims für deutsche Bühnen-
künstler, Ein außerordentlich rühriger Verlag, der in wenigen
Jahren eine schöngeistige Bücherkiste von gewaltigen Ausmaßen
hervorzauberte, aber nicht eines der Bücher hat den Büchermarkt
erobert. Becker, Brües, Dietzenschmidt, Frankenberg, Weinrich,
Weismantel und alle die anderen, die ihre Zuflucht beim Bühnen-
volksbund nahmen, sind zwar Menschen mit dichterischem Empfin-
den, aber keine Dichter. Und so lange der Bühnenvolksbund keine
wirklichen Dichter zu gewinnen versteht, ist auch die Bühnenver-
triebsstelle fehl am Ort.
Schließlich die Lotterie des Bühnenvolksbundes und alles, was
man sonst noch zu organisieren verstand. Wurde nicht bei all
diesen Dingen Kultur und Kunst geschlabbert? Was im Teller
301
Theater,
Bestes Sprengpulver ist die Politik, sind die politischen Parteien.
Ausgerechnet prägte Lessing das Wort vom National-Theater der
Deutschen, Der Bühnenvolksbund organisiert ein National-
Theater der Parteien, Das Theater wird zum Reichstag, Es geht
bisweilen höchst dramatisch zu. Nur kommt diese Dramatik nicht
vom Dichter, sondern vom Generaldirektor, Akteure sind die In-
teressengruppen, von denen die einen hot, die anderen hüh wollen.
Der katholische Pfarrer sieht die Bühne anders als der protestan-
tische Pastor, dem Zentrum sind die Völkischen zu wenig repu-
blikanisch, den Völkischen ist das Zentrum zu ultramontan.
Da ist die Organisation der Freien Volksbühnen, Die soeben ge-
trennt marschieren, schlagen vereint. Es geht um die Eroberung
des Theaters, Im Handumdrehen entstehen Besucherorganisationen,
überall, wo noch ein Fleckchen von Deutschlands Erde sichtbar ist,
,.Bäuerlein, auch du mußt mit,“ Spielpläne werden organisiert je
nach Bedürfnissen und Wünschen der Bühnengemeinden, je nach
den Konzessionen, die in Berlin anders lauten, als in Gelsenkirchen,
Freilichtbühnen, Deutschland „mit dem ultram — — arinen
Himmel?“ („und der Regen regnet jeglichen Tag“), das Land der
Freilichtbühnen! Herr Gerst betreut sie alle, hundert und mehr,
seine Sonne scheint in Ahlde, Bentheim, Bolkenhain, Calcar,
Dinkelsbühl, Jünkerath usw, usw. Er entwurzelt sie gleichsam und
stellt sie in den lockeren Humus des Bühnenvolksbundes, Wir in
Hamburg möchten gern ein Quentchen von seiner Sonne mithaben.
Vielleicht kommen wir dann dem Problem der Freilichtbühne, das
auch Herr Gerst noch nicht gelöst hat, etwas näher,
Herr Gerst ist oberster Spielwart aller Jugendspielscharen
zwischen Maas und Memel, Führer der Landesbühnen in Ritze- und
Poppenbüttel, Sein Expansionsdrang streift von Berlin aus die
Grenzen des Vaterlandes, sprengt darüber hinaus, ins Sudetenland,
nach Rumänien, Kärnten, Tirol usw, usw. Niemals war das Wort
von den Brettern, die die Welt bedeuten, so wahr!
Dazu: Plan eines Landhochschulheims für deutsche Bühnen-
künstler, Ein außerordentlich rühriger Verlag, der in wenigen
Jahren eine schöngeistige Bücherkiste von gewaltigen Ausmaßen
hervorzauberte, aber nicht eines der Bücher hat den Büchermarkt
erobert. Becker, Brües, Dietzenschmidt, Frankenberg, Weinrich,
Weismantel und alle die anderen, die ihre Zuflucht beim Bühnen-
volksbund nahmen, sind zwar Menschen mit dichterischem Empfin-
den, aber keine Dichter. Und so lange der Bühnenvolksbund keine
wirklichen Dichter zu gewinnen versteht, ist auch die Bühnenver-
triebsstelle fehl am Ort.
Schließlich die Lotterie des Bühnenvolksbundes und alles, was
man sonst noch zu organisieren verstand. Wurde nicht bei all
diesen Dingen Kultur und Kunst geschlabbert? Was im Teller
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