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Der Kreis: Zeitschrift für künstlerische Kultur ; Organ der Hamburger Bühne — 8.1931

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Nr. 1 (Januar)
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https://doi.org/10.11588/diglit.43624#0020
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zukommen an den mystischen Grund, Sie kehrt wieder zurück zu
dem, was der Norden mit Goten und Lombarden in die Griechheit
hineinfließen ließ. Damit aber bahnen auf dem Boden Frankreichs
die Künstler eine neue Ära an, die nach dem alten Gesetz nordisch
ist, die Auffrischung aus dem Dunkel des Aufgangs, In ihnen ist der
Norden wieder am Werk, und die Weiterführung übernimmt dann
der wirkliche Norden,

Novalis faßt in einem bekannten W'ort den Sinn alles künstle-
rischen Strebens zusammen, und setzt für dieses Wesen des Künstle-
rischen den Begriff Romantisch: „Indem ich dem Gemeinen einen
hohen Sinn, dem Gewöhnlichen ein geheimnisvolles Ansehen, dem
Bekannten die Würde des Unbekannten, dem Endlichen einen un-
endlichen Schein gebe, so romantisiere ich es,“ Hier haben wir in
der Reflexion, in der großartigen Sentimentalität der Bewußtheit die
Rückkehr zu dem, was im Unbewußten von je der Grund alles
Bildens war. Die ganz bewußten Neuentdecker dieses Urgrundes
der Kunst aber waren jene Norddeutschen, die lange vergessen,
durch Lichtwark in Flamburg wieder erhoben wurden: Caspar Da-
vid Friedrich und Philipp Otto Runge, Bei Friedrich wird die Land-
schaft, ohne alles Erzählende, mythisierende Zutun, aus sich selbst
heraus Abbild und Ahnung des Unendlichen im Endlichen, Alles
Technische, Artistische muß absichtlich zurücktreten, da „die Heilig-
keit der Aufgabe“ kein Vordrängen persönlich brillierender Selbst-
sucht duldet. Bei Runge wird die Landschaft in ihren mystischen
Sinn verdichtet, er zeigt Symbole, Und diese Symbole mögen in
ihrem Formalen klassizistisch erscheinen, in ihrem Wesen aber
äußert sich derselbe Wille, der einst mit dem nordischen Bandorna-
ment sich bemühte, den Schein zum Sein auszuprägen. In beider
Werk also geht die Außenwelt eine Verwandlung zu einer mythisch
offenbarenden Welt im Gebilde ein. Dieser großartige Ansprung
Runges und Friedrichs fand zunächst wenig Nachfolge in der bil-
denden Kunst, In der Musik aber wurde er Vollendung mit Beetho-
vens Werk, Unbewußter, persönlich unbekümmert wirkte er in dem
Süddeutschen Schwind, Der moderne Hochmut, der die Naivität der
märchenhaften Erfindungen Schwinds gönnerhaft goutiert, übersieht,
wie groß die verwandelnde Kraft dieses Meisters ist. Er hat wie
wenige die göttliche Gabe, sein Bild ganz zu durchwirken, so daß es in
jedem Zug der Kosmos einer eigenen, verwandelten Welt wird, die
in ihrer Echtheit überzeugt und die Sicherheit einer in sich be-
schlossenen Wirklichkeit vermittelt. Mit größerem Anspruch, ernst
und heroisch, aber lange nicht so glücklich, lange nicht so selbst-
verständlich umschlossen, tragisch zwischen Bewußtheit und Ahnung
schwankend, zeigt sich uns Rethel im Wesen auf derselben Lime,
und Feuerbachs schöne Landschaft bei Toblino bannt, ohne Staf-
fage oder historische Ambition, den zum Denkmal des Gebirgs er-
starrten Kampf der Mächte, mit ihm den Kampf der Völker und die

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