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Der Kreis: Zeitschrift für künstlerische Kultur ; Organ der Hamburger Bühne — 8.1931

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Nr. 2 (Februar)
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https://doi.org/10.11588/diglit.43624#0087
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DER KREIS
Zeitschrift für künstlerische Kultur
VIII. Jahrgang

Zweites Heft

Februar 1931

Gustav Pauli zum Geburtstag
Von Fritz Schumacher
Der 65. Geburtstag Gustav Paulis gibt willkommene Gelegenheit,
einmal zu versuchen, das Bild seines Wesens nicht aus beson-
derer Einzelperspektive heraus, sondern in seiner Ganzheit zu
zeichnen.
Wer Pauli nur ab und an einmal begegnet, läuft Gefahr, ein sehr
bestimmtes, aber durchaus nicht ein richtiges Bild von ihm zu er-
halten. Ein sehr bestimmtes, weil sein äußeres Auftreten in charak-
teristischer Weise im Bann altererbter und norddeutsch gefärbter
Verfeinerung steht, ein nicht richtiges, weil man leicht glaubt, daß
Verfeinerung und äußere Zurückhaltung dem Verhältnis zum viel-
gestaltigen und unbekümmerten Wesen der Kunst eine Grenze
zieht. Jeder aber, der Pauli genauer kennt, weiß, daß in dieser ge-
bundenen Hülle ein freier und unvoreingenommener Mensch steckt.
Der Weg, den er als Fachmann zurückgelegt hat, gibt Zeugnis da-
von. Er begann in Dresden im stillen Kupferstichkabinett der
Sekundogenitur, wo er, soweit die Stelle es gestattete, im gleichen
Sinne tätig war wie Max Lehrs, der fortschrittlichste unter den da-
maligen Pflegern der Graphik. Aber bald rief ihn das Schicksal aus
dieser mehr beschaulichen Sammlung aufs Kampffeld: er kam nach
Bremen.
Was er dort als ,,Kunsthalle“ und als Kunstpflege vorfand, weiß
der Schreiber dieser Zeilen aus eigener Erfahrung einzuschätzen.
Während seiner Primanerzeit hatte er seinen Durst nach zeitgenös-
sischer Kunst an diesen Quellen stillen müssen, und das Staunen
läßt sich schwer beschreiben, mit dem er dann als Münchener
Student erkannte, welch ungeheuerliche Fälschung das Bild war,
das er aus diesem Bremer Kunstbetrieb heraus in sich trug. Das
Schlimme an diesem Betrieb war, daß er an Rührigkeit nichts zu
wünschen überließ, Bremen rangierte als Kunstmarkt, wenn ich
nicht irre, unmittelbar hinter München, Es war mit Hilfe seiner
Kunsthalle der Sammelpunkt des Kunstschund-Exportes geworden.
Und nun erlebte ich bei gelegentlichen Besuchen an alter Stätte
die Metamorphose, In verhältnismäßig kurzer Zeit erwuchs in diesem
Bremen, dessen künstlerische Ideale bisher über einen Gabriel Max

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