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Der Kreis: Zeitschrift für künstlerische Kultur ; Organ der Hamburger Bühne — 8.1931

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Nr. 2 (Februar)
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https://doi.org/10.11588/diglit.43624#0088
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und höchstens einen Oswald Achenbach nicht herausgegangen
waren, eins der reizvollsten und geschlossensten modernen Museen
Deutschlands, Das ging durchaus nicht ohne Kampf vor sich. Die
üppigen Plüschvorhänge, mit denen eine große Kunstgemeinde
Bremens den Raum ausgestattet hatte, in dem sie ihre Kunstideale
aufbaute, verursachten einen heftigen Staub, als Pauli begann, sie
still, aber beharrlich einen nach dem anderen herabzureißen. Und
es waren durchaus nicht etwa allein Gegner aus überwundener
Epoche, die sich ihm entgegenstellten. Nein, neben den Vertretern
des „Idealismus“ traten die Vertreter des „Realismus“ (um die
Schlagworte der damaligen Epoche zu gebrauchen) nicht weniger
streitbar auf den Plan, Sie schwangen das wirkungsvolle Banner
der „Bodenständigkeit“, denn Pauli hatte sich bei seinem Feldzug
für Qualitätsgefühl natürlich nicht auf die zeitgenössischen Deut-
schen beschränken können. Er zeigte zum erstenmal die übernatio-
nalen Zusammenhänge, die unsere Besten mit den Meistern der
großartigen Epoche verbinden, die im Frankreich jener Tage blühte,
Pauli hat in diesen Kämpfen das Ziel, das er sich mit großer
innerer Klarheit setzte, unerschütterlich und ohne Kompromisse
verfolgt. Es kam die Zeit, die Bremen zugleich zur Heimat der vier
besten Bronzereiter der Epoche machte, was ohne Paulis Einfluß
wohl nie geschehen wäre.
Als er solche Ziele erreicht hatte, hat er nicht den bequemen
Weg gewählt, der an alter Stelle gesichert weiterführte, sondern
sobald die Umstände ihn riefen, zog er neuen Aufgaben entgegen:
er wurde der Nachfolger Lichtwarks,
Wer glaubt, daß das infolge des gut vorbereiteten Bodens eine
leichte Aufgabe gewesen wäre, kennt das Leben nicht.
Schon unter normalen Verhältnissen wäre diese Erbschaft eine
der schwierigsten Dinge gewesen, die im Bereich dieses Berufes zu
unternehmen waren. Nicht etwa nur um des Maßstabes willen, der
durch Lichtwarks Person gegeben war. Auch das war nicht leicht,
denn man konnte in Hamburg etwas Eigentümliches beobachten.
Wer an der Wende des zweiten Jahrzehnts unseres Jahrhunderts
nach Flamburg kam und, durch das Ansehen verführt, das Lichtwark
außerhalb Hamburgs in Deutschland genoß, glaubte, dieser Mann
könne die künstlerischen Fragen seiner Stadt mühelos lenken, er-
lebte die Überraschung, daß er in vielen Dingen, die ihm besonders
am Herzen lagen, vergeblich kämpfte. Nach seinem Tode aber be-
gann Lichtwarks Gestalt schnell zum Symbol alles dessen zu
werden, was kunst- und kulturfreundlich war. Man konnte mit
Freude sehen, wie alles Gute, was sich in Lichtwark vereinigte, für
den Hamburger zu einer Idealgestalt zusammenwuchs. Während
dieses Prozesses kam Pauli nach Hamburg,
Aber nicht darin lag das, was seine Aufgabe wirklich schwierig
machte. Weit wichtiger war, daß Lichtwark für den flüchtigen
Beobachter ein abgeschlossenes Werk hinterlassen hatte, für den

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